Klavier spielen und ein bisschen Noten lesen, das kann Anna Nina, 6, ziemlich gut. Und ihrer Schwester Serafina, 2, Geschichten aus einem Bilderbüechli erzählen, das macht die Tochter von Moderatorin Annina Campell, 37, ebenfalls oft und gern. «Aber ich möchte endlich richtige Bücher vorlesen können!», sagt Anna Nina selbstbewusst.
Denn schliesslich ist mit der Geburt von Gioàn-Raphaël ein weiteres Familienmitglied dazugekommen, für das sie eine grosse und stolze Schwester sein will. Das Brüderchen hat Mama während einer «Traumgeburt» am 27. Juni zur Welt gebracht, und wie schon bei ihren Töchtern liess Annina Campell sich vom Geschlecht des Babys überraschen. «Wir sind alle unglaublich glücklich, nun einen gesunden Buben in unserer Familie zu haben.»
Der Familienzuwachs ist nicht der einzige Grund, warum Anna Ninas Herz vor Aufregung schneller schlägt. «Ich bin so neugierig, wie wohl die Schule sein wird. Und genauso fest freue ich mich auf die Sommerferien in Cinuos-chel.» Das Oberengadiner Dorf nahe S-chanf ist Anninas Campells Heimat. Die letzten Jahre hat die Familie darum ihren Wohnort zweigeteilt: Den Sommer verbringt sie in Zürich, den Winter in Cinuos-chel, von wo aus Anninas Ehemann Marc, 41, als Wealth-Manager nach Sankt Moritz zur Arbeit ging und wo Anna Nina einen rätoromanischen Kindergarten besuchte.
Mit ihrer Einschulung in die erste Klasse wird das vielleicht nicht mehr möglich sein, doch das Romanische wird nicht verloren gehen. Denn Annina spricht mit ihren Kindern regelmässig Puter, Oberengadinisch. Und da wäre ja auch noch «Nona» Christina, 68, die jede Woche von Cinuos-chel nach Zürich fährt, um während zwei Tagen die Kinder zu hüten.
Die dreistündige Reise kann Christina nichts anhaben. «Die nehme ich gern auf mich, ich finde es schön, dass ich die Kinder regelmässig sehen kann», sagt sie und wäscht die frischen Cherrytomaten, welche die Kinder später auf dem Balkon der geräumigen Maisonettewohnung in Zürich West zum Zvieri essen, während Mama Annina im Wohnzimmer das Neugeborene in den Schlaf wiegt. Christina selbst hat drei Kinder aufgezogen und daneben das Hotel Veduta in Cinuos-chel betrieben, das heute in der dritten Generation Anninas Bruder weiterführt.
«Ich wünsche mir, dass meine Kinder ebenfalls mit so offnen Augen und Herzen durch ihre Schulzeit gehen können, wie ich das durfte»
Annina Campell
Aufgewachsen weit weg vom Schuss, dafür in Kontakt mit der ganzen Welt: So fasst Annina Campell ihre Kindheit zusammen. «Bei uns war stets was los. Unser Wohnzimmer war der Stammtisch des Hotels, das Spielzimmer stand auch unseren Gästen zur Verfügung.» Als Ortsansässige besuchte sie das Lyceum Alpinum in Zuoz, schloss Freundschaften mit vielen ausländischen Internatsschülerinnen und -schülern. «Das hat mich geprägt, und ich wünsche mir, dass meine Kinder ebenfalls mit so offnen Augen und Herzen durch ihre Schulzeit gehen können, wie ich das durfte», sagt Annina.
Auch wenn nun mit dem Übertritt in die erste Klasse viel Neues auf Anna Nina zukommt, so bleibt wenigstens beim Schulweg alles beim Alten. Der Kindergarten befindet sich nämlich im Schulhaus, das unmittelbar auf der anderen Strassenseite der Wohnsiedlung liegt. «Bis vor Kurzem war hier noch eine Brache», sagt Annina, die bereits als Studentin hier im Zürcher Kreis 5 gelebt hat. Doch als Folge des Bevölkerungswachstums im ehemaligen Industriequartier ist die Brache einem neuen Schulhaus samt Park mit üppigem Gehölz und Staudenpflanzungen gewichen. Anna Nina steht auf dem Balkon, blickt hinüber zum Schulhaus. «Mama, wie lange geht es, bis ich fliessend lesen kann?» Annina schmunzelt. «Mein neugieriges Mädchen. Schneller, als du denkst. Freu dich auf die Welt und ihre Geschichten. Es gibt viel zum Vorlesen.»