Behütet. Dieses Wort beschreibt Birgit Steineggers (73) Kindheit nur bedingt. Zwar wächst die Kabarettistin als drittgeborene Tochter eines Schweizer Ökonomen und einer schwedischen Musikerin in Bern tatsächlich sehr geborgen auf, doch ihr multikulturelles Elternhaus prägt auch ihre Weltoffenheit, Neugier und Toleranz. Sie wächst viersprachig auf. Die Familie spricht Schweizerdeutsch, Schwedisch, Italienisch und Dänisch.
Im Haus wird eine offene Gastgeberkultur gepflegt. «Als ich ein Kind war, gab es bei uns regelmässig Hauskonzerte, oft hatten wir sehr viele Gäste», erzählt Birgit Steinegger in der NZZ. Zu solchen Anlässen habe ihr Vater auch ihren Humor geprägt, so die Ulknudel der Nation. Er habe es verstanden, die Leute glänzend zu unterhalten. «Er erzählte spannende Geschichten, machte den Clown und parodierte in den verschiedensten Sprachen diverse Persönlichkeiten.»
«Mir gefiel, wie er Leute zum Lachen bringen konnte. Und es färbte auf mich ab: Schon als kleines Kind ging ich mich während jener Anlässe auf dem Estrich verkleiden und unterhielt anschliessend die Gäste beim gemütlichen Teil weiter», erzählt Steinegger. Diese Leidenschaft macht sie später sogar zu ihrem Beruf. Sie legt nach einer Ausbildung zur Kindergärtnerin als Schauspielerin und Parodistin eine beispiellose Karriere hin, was ihr den renommierten Salzburger Stier einbringt und ihr um ein Haar zum Titel der Schweizerin des Jahres verhilft.
«Wenn er am Mittagstisch die Nachrichten hören wollte, hatte man während dieser Zeit gefälligst zu schweigen.»
Birgit Steinegger über ihren Vater
In ihrem neuesten Interview schwelgt die Bernerin jedoch nicht in beruflichen, sondern in privaten Erinnerungen. Auf die Frage, mit welchen drei Wörtern sie ihren verstorbenen Vater Hans Félix Steinegger beschreiben würde, kann sie sich auf diese geringe Zahl zur Verfügung stehender Ausdrücke nicht einschränken. «Er war wissensdurstig, empathisch und charmant. Und, wenn ich noch weitere Eigenschaften nennen darf: Er war auch äusserst kommunikativ, sensibel, fleissig, humorvoll und mit viel Noblesse ausgestattet. Und er war ein brillanter Schachspieler – in jeder Hinsicht.»
Ihr Vater sei jedoch auch streng gewesen, strenger als die Mutter. Nahezu unerbittlich. Und ein Rappenspalter, wenn auch zwischendurch ein grosszügiger. Ausserdem sei ihr Papa ein News-Junkie gewesen. «Wenn er am Mittagstisch die Nachrichten hören wollte, hatte man während dieser Zeit gefälligst zu schweigen. Das nervte mich. Viel lieber hätte ich ihm von meinen Erlebnissen erzählt, aber niemals hätte ich mich getraut, deswegen zu intervenieren. Nun, heute könnte man mich auch als News-Junkie bezeichnen.»
Ein Teddybär, den die Schauspielerin seit Kindertagen besitzt, erinnert sie an ihren 2009 verstorbenen Vater. Das Plüschtier hatte die Kabarettistin als Sechsjährige dabei, als sie während der Ferien in Dänemark an Kinderlähmung erkrankte. Plötzlich war sie halbseitig gelähmt und musste lange abgeschottet in einem Einzelzimmer im Spital ausharren. Der «Bäremani» sei ihr einziger Begleiter gewesen während dieser Zeit. Als sie zurück in die Schweiz reisen sollte, wollten die Ärzte erst nicht erlauben, dass sie ihren Teddy mitnimmt. Doch Papa Steinegger liess nicht locker, bis man sich aus medizinischer und elterlicher Sorge darauf einigen konnte, den Bäri auszukochen, damit er steril mitreisen durfte.
Ein Schicksalsschlag, der Birgit Steineggers Eltern ganz besonders geprägt hat. «Für meine Eltern war es schwer, weil sie zuvor schon den älteren Sohn verloren hatten – er starb an einer unerklärlichen Krankheit», sagte sie einst im Blick.
«Ich eiferte ihm stets nach, er hatte meine masslose Bewunderung.»
Birgit Steinegger über ihren Vater
Auch die Mutter war prägend für die Schauspielerin. Als Musikerin setzte sie bei ihrer Tochter auf eine solide musikalische Grundbildung. Steinegger lernte früh, Violine und Klavier zu spielen. Aber der Vater, so ist dem neuesten Interview zu entnehmen, dem konnte niemand das Wasser reichen. «Ich eiferte ihm stets nach, er hatte meine masslose Bewunderung.»