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Eine passionierte Grossmutter erzählt

Darum ist es viel besser, Oma statt Mami zu sein

Die Mutter unserer Redaktorin macht kein Geheimnis draus, dass sie viel lieber Grossmami statt Mami ist. Warum das so ist und was das Beste an ihrer Rolle ist, offenbart die Rentnerin hier.

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Grossmutter mit Enkelin

Grosseltern und Enkel, das ist meist sehr grosse Liebe.

Getty Images/Westend61

Natürlich liebe ich meine Töchter. Wie könnte ich auch nicht!? Die Grosse ist schon Mitte 40, eine ehrgeizige, zielstrebige und sehr gewissenhafte und loyale Frau ist meine Erstgeborene heute. Die «Kleine», auch schon 42, ist lauter, verspielter, chaotischer, unvernünftiger und sehr viel emotionaler als ihre Schwester. Unbestritten: Es ist wahnsinnig bereichernd, dass mein Mann und ich zwei so unterschiedliche Töchter bekommen haben, die heute ein Herz und eine Seele sind.

Wenn ich an die Zeit zurückdenke, als die Mädchen klein waren, sehe ich vor allem viel Stress. Mein Mann und ich waren sehr jung, als die beiden zur Welt kamen. Ausserdem waren wir als Ex-Jugoslawen sehr neu in der Schweiz. Wir verstanden weder die Sprache, noch die Mentalität hier. Vor allem aber haben wir als Gastarbeiter wahnsinnig viel gearbeitet. Die Kinder liefen damals einfach mit. Wirklich viel Zeit, um sich mit ihnen auseinanderzusetzen, hatten wir damals nicht.

Eine Tatsache, wegen der ich heute noch ein schlechtes Gewissen habe. Wie gerne wäre ich daheim gewesen, hätte die Mädchen aufwachsen sehen, wäre für sie da gewesen. Mein Mann und ich aber arbeiteten in Schichten. Dann waren da noch der Haushalt und das Haus, das wir zeitgleich in Serbien bauten. 

Ich kann nicht abstreiten, dass ich oft zu wenig Geduld und Zeit für meine Kinder hatte. Und ich kann mich nicht oft genug dafür entschuldigen.

Jetzt dürfen wir einfach nur «Good Cops» sein

Den schönsten Moment meiner Mutterschaft erlebe ich vor sieben Jahren. An meinem Geburtstag offenbarte mir die Grosse, dass sie schwanger ist. Obwohl ich noch keine Ahnung hatte, wie das Menschlein sein wird, das da auf dem Weg ist, habe ich es schon bedingungslos geliebt. Als die Kleine dann geboren wurde, war das für mich fast noch emotionaler als meine Geburten. Ich kann das rational nicht erklären, weiss aber von anderen Omas, das sie das auch so erlebt haben.

Mit unserer Enkelin verbindet meinen Mann und mich schon von Anfang an ein besonderes Band. Die Kleine durfte schon im Alter von drei Monaten bei uns übernachten. Ich schätze es so sehr, dass meine Tochter von Geburt an viel Wert darauf legte, dass die Enkelin und wir viel Zeit miteinander verbringen und dass ihr Grosspapi und ich zu ganz wichtigen Bezugspersonen werden.

Vor 2,5 Jahren wurde mein Grossmutter-Glück noch perfekter. Auch die Kleine liess verlauten, dass ein Baby unterwegs ist. Ein Bub! Wie schön! Vor allem bei uns in der Familie, wo es viel mehr Mädchen gibt. Während der Kleine per Kaiserschnitt zur Welt kam, weinte ich, meine erste Enkelin auf dem Schoss haltend, Rotz und Wasser. Vor Rührung, Angst, Erleichterung und vor allem vor Vorfreude.

Grandmother making cupcakes with young boy at table in kitchen, learning, togetherness, domestic life

Kein Stress im Job, keine Verpflichtungen, nichts: Als Grosseltern hat man Zeit und Geduld ohne Ende für die Enkel, findet die Mutter unserer Redaktorin (Symbolbild).

Getty Images

Der Kleine ist derweil 16 Monate alt, die Grosse geht schon zur Schule. Mein Mann und ich sind bei beiden stark eingebunden. Beide Kinder dürfen einmal pro Woche bei uns übernachten. Für uns sind das die schönsten Tage. Wenn die Enkel bei uns sind, dann machen wir weder Haushalt noch andere Sachen. Wir nehmen uns bewusst Zeit. Wir planen Ausflüge, backen, kochen, spielen, basteln, entdecken die Natur, den Zoo, Tiere und spielen auch mit anderen Kindern aus unserer Siedlung.

Wir geniessen es maximal, dass wir nur verwöhnen dürfen und nicht erziehen müssen. Es ist das Schönste, einfach nur die «good Cops» sein zu dürfen. Und noch schöner ist es, dass wir die Welt noch einmal durch die Augen der Enkel selber komplett neu erleben. 

Ich muss jeweils lachen, wenn meine Töchter sagen, dass die Kinder so anstrengend sind. ich weiss natürlich, was sie meinen. Aber im Gegensatz zu ihnen haben mein Mann und ich keinen Job mehr, haben keine andere Verpflichtungen und müssen nicht unbedingt auch noch den Haushalt schmeissen, wenn die Kinder da sind. Unser Leben ist extrem entspannt und die Enkel bringen eine zusätzliche Entschleunigung in unseren Rentner-Alltag.

Und wenn sie dann abends in ihren Betten liegen, uns einen Kuss aufdrücken und sagen, wie sehr sie uns lieben, bereuen der Grosspapi und ich maximal eine Sache: Dass wir nicht noch mehr Kinder gezeugt haben, die uns noch mehr EnkelInnen schenken könnten.

Maja Zivadinovic
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Von Maja Zivadinovic am 13. Oktober 2021 - 07:09 Uhr