Das finnische Bildungssystem legt grossen Wert auf Inklusion. Es gehört zu den Grundprinzipien, dass Schulen in der Lage sein müssen, Schülerinnen und Schülern unabhängig ihrer Herkunft und ihres Geschlechts eine hervorragende Ausbildung zu gewähren. Es sollen die Stärken und Schwächen von jedem Kind individuell berücksichtigt werden. Zudem gilt gemäss focus.de das Prinzip der «positiven Diskriminierung»: Je mehr Schüler aus armen Elternhäusern oder solchen, in denen nicht Finnisch gesprochen wird, eine Schule hat, desto mehr Geld bekommt sie.
In Finnland gibt es mehr Menschen, die den Lehrberuf ausüben möchten, als Ausbildungsplätze. Daher werden an die Bewerberinnen und Bewerber hohe Anforderungen gestellt und sie müssen ein strenges Auswahlverfahren durchlaufen. Es können also nur die Besten der Besten vor die Schulklassen treten. Im Laufe ihrer Karriere werden sie zudem motiviert, regelmässig an Weiterbildungen teilzunehmen. Die wirken sich dann auch auf den Lohn aus.
Weil solch hohe Anforderungen an die Lehrpersonen gestellt werden, geniessen sie auch viel Vertrauen und ein hohes Ansehen. Die Schulen haben deshalb selten mit Eltern zu kämpfen, die meinen, sie wissen alles besser und können sich voll auf die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen fokussieren.
Schulen dürfen zu einem grossen Teil selbst entscheiden, was wie und mit welchen Materialien unterrichtet wird. Die Entscheidungskompetenz über den Schulstoff liegt weitgehend auf Gemeindeebene – weil man davon ausgeht, dass man vor Ort am besten weiss, was die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler sind. Komplett frei sind die Schulen aber nicht: Einen nationalen Lehrplan gibt es durchaus und es wird mit schriftlichen Tests kontrolliert, ob die Bildungsziele erreicht wurden.
Während viele andere Schulen von der Corona-Pandemie eiskalt erwischt wurden, war Finnland vorbereitet. Nun, natürlich konnten auch die Finnen nicht vorhersehen, dass Anfang 2020 ein Virus die Welt auf den Kopf stellen würde. Aber sie waren in Sachen Digitalisierung bereits vor der Pandemie gut aufgestellt. Online-Lernplattformen sind seit Jahren in den Unterricht integriert und praktisch alle Schülerinnen und Schüler haben zuhause ein digitales Gerät, auf dem sie ihre Aufgaben erledigen können.
In Finnland dürfen bis zur 4. Klasse keine Noten vergeben werden. Erst in der 9. Klasse, also zum Ende der Pflichtschulzeit, müssen die Lehrpersonen ihre Schülerinnen und Schüler benoten. Zuvor reicht ein Bericht über die Leistungen und die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. Dass sie so lange nicht benotet werden, soll dazu führen, dass sie beim Lernen keinen Druck verspüren und Freude daran entwickeln.
Was in den meisten Ländern unvorstellbar ist, ist in Finnland Normalität: Die Schülerinnen und Schüler nennen ihre Lehrpersonen beim Vornamen. Das diene einer offenen Kommunikation. So sagte eine finnische Schulleiterin etwa: «Bei uns ist es ganz normal, dass die Schüler zu uns kommen und sagen, wenn sie ein Problem haben – auch zu mir als Rektorin.» Was anderenorts viele befürchten, ist in Finnland nicht eingetreten: Durch das «Du» haben die Lehrerinnen und Lehrer ihren Status als Respektsperson nicht verloren.
Gemäss dem «World Happiness Report» leben in Finnland die glücklichsten Menschen. Wie die Autoren schreiben, gibt es im skandinavischen Land einen «sehr hohen Gemeinsinn und viel gegenseitiges Vertrauen». Und offensichtlich lernt es sich zufrieden und gut gelaunt besser.