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  4. Das halten die ersten Kinder-Influencer davon, dass sie von ihren Eltern vermarktet wurden
Angstzustände, Namensänderung und Erpressung

So erging es den ersten Mini-Influencern

In den USA sind Blogs und Social-Media-Accounts, auf denen Eltern ihr Familienleben präsentieren, schon länger populär. Entsprechend sind die ersten Kinder-Influencer der Staaten mittlerweile alt genug, um das Tun ihrer Eltern zu reflektieren. In einem Artikel erzählen einige von ihnen, was sie davon halten, dass sie von ihren Eltern vermarktet wurden und wie es ihnen in ihrer Jugend ergangen ist.

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Mädchen, Influencer

Viele Kinder-Influencer bereuen im Nachhinein ihre Präsenz im Internet.

Getty Images

Es sind meist völlig alltägliche Szenen, die per Bild- und Videoaufnahme gezeigt werden: Eine Familie am Frühstückstisch, auf einer gemeinsamen Velotour oder beim Feiern eines Kindergeburtstags. In der Regel wirkt alles idyllisch, aufgeräumt, Gross und Klein sind zufrieden und glücklich. Während die Eltern mit dem herzigen Content gutes Geld verdienen, haben die Kinder jedoch keine Ahnung, was mit ihnen – und ihren Bildern – geschieht. Einige der erste Mini-Influencer der USA sind mittlerweile alt genug, um zu erzählen, was das Geschäft ihrer Eltern mit ihnen gemacht hat.

Enormer Druck von den Eltern

Im Gespräch mit der «Teen Vogue» berichtet Claire, deren Namen zum Schutz ihrer Persönlichkeit geändert wurde, dass sie sich an keinen Moment ihrer Kindheit erinnern kann, in dem keine Kamera auf sie gerichtet war. Bereits als sie ein Kleinkind war, sind Videos von ihr im Internet gelandet. Der Youtube-Kanal der Eltern lief rasch so gut, dass diese ihre Jobs kündigen konnten und fortan Vollzeit als Familienblogger tätig waren. Sie konnten sich unter anderem ein neues Auto und ein Häuschen leisten. Ginge es nach Claire, würde trotzdem kein einziges Video von ihr existieren.

Einst habe sie sogar versucht, dem Familien-Blog ein Ende zu setzen. Die Eltern hatten jedoch kein Gehör für sie. Vielmehr erpressten sie Claire emotional, in dem sie ihr klar machten, dass sie sich «all die schönen Dinge» nicht mehr leisten könnten, wenn sie nun ausstiege. Einst habe ihr Vater auch gesagt, er sei zwar ihr Vater, aber eben auch ihr Chef. Im Artikel wird deutlich, welch enormen Druck er auf seine Tochter ausüben musste. Bis heute konnte sich Claire diesem noch nicht ganz entziehen. Sie ist noch nicht volljährig. So bald es möglich ist, möchte sie jedoch von zuhause ausziehen und den Kontakt zu ihren Eltern abbrechen. Zudem will sie dann unter ihrem richtigen Namen berichten, inwiefern ihre Kindheit durch den Social-Media-Hype überschattet wurde. 

Nachrichten von Wildfremden

Cam ist heute 24 Jahre alt. Sie sagt: «Es ist leichter zu sagen, was meine Mutter nicht gepostet hat.» Sie erinnert sich unter anderem daran, wie ein wildfremder Mann ihrer Familie eine Nachricht schrieb, er habe sie beim Fahrradfahren gesehen. Diese Mitteilung löste in ihr Angstzustände aus. Sie fürchtete sich davor, das Haus zu verlassen und von all den unbekannten Followern ihrer Eltern beobachtet zu werden. In der High School schickten ihr Mitschüler peinliche Bilder vom Account ihrer Mutter. Lernte sie später neue Menschen kennen, fragte sie sich dauernd, ob diese bereits über ihr ganzes Leben Bescheid wissen. Mittlerweile haben sie und ihre Geschwister ihre Namen offiziell geändert, um ihre digitalen Fussabdrücke zu verwischen. 

Ein weiterer Mensch, der als Kind von seinen Eltern vermarktet wurde, meldete sich über einen TikTok-Account mit einem Brief. Darin heisst es: «An alle Eltern, die in Erwägung ziehen, einen Familien-Vlog zu starten oder das Leben ihrer Kinder im Internet zu Geld zu machen, hier mein Rat: Ihr solltet es nicht tun.» Jedes Geld, das sie dafür erhalten, würde von jahrelangem Leid überschattet werden. Und weiter: «Ihr Kind wird nie normal sein. Ich habe nie zugestimmt, online zu sein.»

Auch harmlose Bilder können zum Problem werden

Doch nicht nur Eltern, die ihre Kinder vermarkten möchten, sollten dies sorgfältig überdenken. Ganz allgemein gilt es, Vorsicht walten zu lassen, bevor man Kinderbilder und -Videos ins Netz stellt. Auch scheinbar harmlose Situationen können das Kind in eine unangenehme Lage bringen. Es könnte etwa sein, dass das Kind Jahre später von Mitschülerinnen und Mitschülern deshalb gemobbt wird. Die Stiftung Kinderschutz Schweiz rät Eltern, sich vor dem Teilen von Kinderfotos oder anderen Infos über das Kind fünf Fragen zu stellen. Hier erfahrt ihr, was ihr beachten solltet.

Ganz grundsätzlich sollten sich Eltern und Erziehungsberechtigte gemäss Xenia Schlegel, Ex-Geschäftsführerin der Stiftung Kinderschutz Schweiz, bevor sie ein Bild weitergeben oder veröffentlichen, immer fragen: Respektiere ich mit der Veröffentlichung dieses Bildes die Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre meines Kindes? Dies gelte unabhängig von den Sicherheits-Einstellungen. Schliesslich kann jede Person, die das Bild sieht, einen Screenshot machen und diesen verbreiten. 

Von fei am 27. Juni 2023 - 06:18 Uhr