«Adoptiert doch einfach Kinder!?». Ein Satz, den wohl viele Paare hören, die ungewollt kinderlos sind. Was viele nicht wissen: Eine Adoption geht nicht einfach mal so schnell über die Bühne. Damit es in der Schweiz überhaupt zu einer Adoption kommt, braucht es unter anderem viel Geduld, genügend finanzielle Mittel und gute körperliche Verfassungen.
Im Jahr 2024 wurden im Kanton Zürich im Bereich der gemeinschaftlichen Adoption und Einzeladoption gerade mal für 15 Paare bzw. Einzelpersonen eine Eignungsbescheinigung ausgestellt. Gleichzeitig wurden 14 Bewilligungen zur Aufnahme eines oder mehrerer Kinder erteilt. 14 Kinder sind im Jahr 2023 zu Adoptions(pflege)eltern gezogen. Davon stammte eines aus der Schweiz. Ein Adoptionsverbot aus dem Ausland, um «Unregelmässigkeiten» auszuschliessen, wie es der Bundesrat per Ende 2026 ausarbeiten lässt, hätte also weitreichende Konsequenzen.
Nicht zu unterschätzen ist der Fakt, dass Adoptivkinder einen Rucksack an Erfahrungen tragen. Sie haben bereits einen Beziehungsabbruch erlebt, kommen häufig aus einem anderen Kulturkreis, und sprechen eine andere Sprache. Diesen Kindern ein stabiles Aufwachsen zu ermöglichen, ist eine grosse Herausforderung und stellt die Adoptiveltern immer wieder vor neue Schwierigkeiten.
Laut Amt für Jugend und Berufsberatung gibt es für Paare oder Einzelpersonen, die den Weg dennoch gehen wollen, einiges zu beachten, wie SI Online im Gespräch erfährt.
Welche Bedingungen muss ein Paar erfüllen, das in der Schweiz ein Kind adoptieren will?
Als Erstes muss die Eignung geprüft werden. Dafür müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein: Verheiratete Personen können ein Kind, das noch kein Eltern-Kind-Verhältnis zu ihnen hat, nur gemeinschaftlich adoptieren. Die gemeinschaftliche Adoption ist unverheirateten Paaren und Personen, die in registrierter Partnerschaft leben, nicht gestattet.
Wenn eine alleinstehende Person ein Kind adoptieren möchte, spricht man von einer Einzeladoption. Diese ist insbesondere dann möglich, wenn bereits eine Beziehung zum Kind besteht. Einzeladoptierende müssen dieselben Kriterien erfüllen wie adoptierende Paare. Dies bedeutet, dass sie unter anderem allein die finanziellen Verpflichtungen tragen und die nötige Präsenz beim Kind gewährleisten müssen.
Antragstellende Personen müssen
- mindestens 28 Jahre alt sein und
- mindestens drei Jahre in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben (bei gemeinschaftlicher Adoption).
Ausserdem gilt eine gesetzlich vorgegebene Altersdifferenzgrenze von maximal 45 Jahren zwischen Kind und künftigen Adoptiveltern.
Dürfen nur verheiratete Paare adoptieren?
Nein, auch Einzelpersonen, die nicht verheiratet sind oder in einer eingetragenen Partnerschaft leben, dürfen adoptieren. Entscheidend ist die Dauerhaftigkeit der Beziehung für das adoptierte Kind, damit es in einem sicheren Umfeld aufwachsen kann und nicht mit weiteren Beziehungsabbrüchen konfrontiert wird.
Wie sieht es mit einer Adoption aus, wenn das Paar zwar verheiratet ist, aber nicht zusammen wohnt?
Das Zusammenleben des Ehepaars ist eine Voraussetzung für die gemeinschaftliche Adoption. Beim Antrag auf Bescheinigung der Adoptionseignung werden Wohnsitzbestätigungen verlangt, die das Zusammenleben seit mindestens drei Jahren belegen.
Wie sieht es aus, wenn jemand zum Beispiel im Rollstuhl sitzt?
Bei der Prüfung der Eignung von Antragsstellern werden ärztliche Zeugnisse verlangt. Lässt der Gesundheitszustand einer antragstellenden Person den Schluss zu, dass sie nicht in der Lage ist, für ein Kind mindestens bis zu dessen Volljährigkeit gut zu sorgen, ist die Eignung zur Adoption nicht gegeben. Eine Gehbehinderung allein ist kein Ausschlussgrund. Entscheidend ist vielmehr, welche Einschränkungen eine Person grundsätzlich im Alltag hat und wie sich diese auf das Grossziehen eines Kindes auswirken. Eine Person im Rollstuhl muss wie jede andere antragstellende Person in der Lage sein, die finanziellen Verpflichtungen zu tragen und das Kind zu erziehen, zu betreuen und zu begleiten.
Zukünftige Adoptiveltern müssen finanziell in der Lage sein, gut für ein Kind bis zum Abschluss der Erstausbildung zu sorgen.
Getty ImagesWas ist der erste Schritt, den ein Paar machen muss, wenn es adoptieren will?
Die Zentralbehörde Adoption des Amts für Jugend und Berufsberatung bietet Infoabende für Interessierte mit Wohnsitz im Kanton Zürich an. Während der Informationsveranstaltung werden alle wichtigen Punkte des Adoptionsprozesses besprochen und es besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
Darf man aussuchen, ob man sich ein Baby, ein Kleinkind oder ein grösseres Kind wünscht?
Die Eignung wird gestützt auf den Antrag und dessen Beilagen sowie mittels Gesprächen einer Fachperson mit den künftigen Adoptiveltern, einschliesslich eines Hausbesuchs, überprüft und in einem Sozialbericht mit Empfehlung festgehalten.
Dabei wird mit den Wunscheltern das Herkunftsland und das Alter des Kindes thematisiert und besprochen, welche gesundheitlichen Einschränkungen bewältigbar sind. An die Eignung der künftigen Adoptiveltern sind erhöhte Anforderungen zu stellen, wenn ein über 48 Monate altes oder ein gesundheitlich beeinträchtigtes Kind aufgenommen werden soll oder wenn gleichzeitig mehrere Kinder aufgenommen werden sollen, bzw. wenn bereits mehrere Kinder in der Familie leben.
Zudem dürfen die potenziellen Adoptiveltern höchstens 45 Jahre älter sein als das zu adoptierende Kind (eine Ausnahme ist nur möglich, wenn bereits eine Beziehung zum Kind besteht, z.B. durch Verwandtschaft).
Darf man sich das Geschlecht des Kindes aussuchen?
Grundsätzlich dürfen die Eltern nicht wählen, was für ein Kind sie adoptieren möchten. Die Eignung bezieht sich alleine darauf, welches Alter und welchen Gesundheitszustand ein Kind hat. Die Eltern haben jedoch die Möglichkeit, wenn ihnen ein Kind von einer Vermittlungsstelle vorgeschlagen wird, dieses abzulehnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie danach erneut einen Kindervorschlag erhalten ist jedoch stark eingeschränkt.
Haben adoptierte Kinder in der Schweiz das Recht, als Volljährige die Identität ihrer leiblichen Eltern zu erfahren?
In der Schweiz hat nach Art. 268d Abs. 1-3 ZGB jede adoptierte Person das Recht, ihre Adoptionsakten einzusehen und damit mehr über ihre Abstammung zu erfahren. Auch Eltern, die ein Kind zur Adoption freigegeben haben, oder (Halb-)Geschwister können identifizierende Informationen beantragen. Die adoptierte Person muss jedoch der Freigabe zustimmen, damit diese weitergegeben werden.
Der Zugang zu vollständigen Informationen über die eigene Abstammung im Ausland ist nicht immer möglich.
Wie genau sieht ein Adoptionsprozess aus und wie lange dauert er?
Es gibt keine Garantie, dass es jemals zu einer erfolgreichen Adoptionsplatzierung kommt. Ab dem Eingang des Antrags auf Eignungsbescheinigung, dauert es im Durchschnitt vier bis fünf Jahre, bis ein Kind bei seinen Adoptiveltern untergebracht werden kann.
Detaillierte Informationen zum Adoptionsprozess im Kanton Zürich findet man auf der Website.
Wie muss ein Paar finanziell aufgestellt sein, damit es adoptieren darf?
Zukünftige Adoptiveltern müssen finanziell in der Lage sein, gut für ein Kind bis zum Abschluss der Erstausbildung zu sorgen. Als Beilage zum Antrag auf Bescheinigung der Adoptionseignung werden Steuerunterlagen, Lohnausweise und Betreibungsregisterauszüge verlangt, anhand derer die finanzielle Situation der Antragstellenden beurteilt werden kann.
Es ist auch zu bedenken, dass der Adoptionsprozess mit Kosten verbunden ist. Bei den Leistungen, welche die Zentralbehörde Adoption des Kantons Zürich erbringt, belaufen sich diese auf CHF 130 pro Stunde Aufwand für Abklärungen und Berichte im Adoptionsverfahren, in der Regel sind es zirka 25 bis 30 Stunden.
Die Eignungsbescheinigung und Bewilligung kosten im Kanton Zürich je CHF 500. Der Entscheid der KESB, welche letztlich über die Adoption (im Anschluss ans Adoptivpflegeverhältnis) entscheidet, ist ebenfalls kostenpflichtig. Hinzu kommen Kosten für Dokumente, Vermittlungsstellen, Übersetzungen, FedEx, Apostillen und Beglaubigungen, Reisekosten, Gebühren anderer Behörden, etc.
Kann man Geschwister adoptieren?
Ja. Es müssen jedoch erhöhte Anforderungen an die Eignung erfüllt sein.
Wie und von wem wird ein Paar während des Prozesses und nach der Adoption begleitet?
Für jedes Kind, das in der Schweiz zur Adoption freigegeben werden soll, wird ab Geburt - im Ausland geborene Kinder nach der Einreise - eine Beistandschaft oder Vormundschaft durch die zuständige KESB errichtet. Die Mandatsperson unterstützt und begleitet das Adoptivpflegekind und dessen Adoptivpflegeeltern bis die Adoption ausgesprochen wird.
Eine weitere Begleitung der künftigen Adoptiveltern bei Auslandadoptionen erfolgt durch die vom Bundesamt für Justiz geprüften und akkreditierten Vermittlungsstellen. Diese sind auf die verschiedenen Herkunftsländer der Kinder spezialisiert, kennen die dortigen Behörden und örtlichen Verhältnisse und unterstützen die Gesuchstellenden in vielen Belangen. Sie müssen von den Antragstellenden beauftragt werden.