«Babyjahre», «Kinderjahre» oder sein neustes Werk «Zusammen leben» – die zahlreichen Erziehungsratgeber von Remo Largo stehen in den Bücherregalen von Eltern rund um den Globus. Sie wurden millionenfach verkauft und in viele Sprachen übersetzt, sogar ins Chinesische. Largos Ansatz, im Umgang mit Kindern stets achtsam, geduldig und liebevoll zu sein, findet seit den 90-ern viele Anhänger.
Nun ist der gebürtige Winterthurer gestern Mittwoch im Alter von 76 Jahren gestorben, wie laut «tagesanzeiger.ch» aus einer Mitteilung seiner Familie hervorgeht.
«Als ich ein Bub war, hat niemand geschaut, was ich mache, bis ich abends um 18 Uhr wieder heimkam.»
Remo H. Largo
Frühförderung, wie sie heutzutage für viele Kinder selbstverständlich zum Alltag gehört, hat Remo Largo stets verurteilt. Kinder bräuchten selbstbestimmte Freizeit mit ihren Freunden statt Fussball, Ballett und Judo. «Als ich ein Bub war, hat niemand geschaut, was ich mache, bis ich abends um 18 Uhr wieder heimkam», sagte er im Februar 2020 in einem Interview mit dem Radio SRF. Kritik übte Largo auch am Notensystem in den Schulen. Sie seien pädagogisch unbrauchbar und gehörten abgeschafft.
In seiner letzten Publikation nahm der berühmteste Kinderarzt der Schweiz unter anderem die Kleinfamilie unter die Lupe. Dabei kam er zum Schluss, dass diese ausgedient hat. Vater, Mutter und maximal ein Geschwisterchen würden Kindern nicht ausreichen. Stattdessen bräuchten sie die Gemeinschaft für ihre Entwicklung, bräuchten Inspiration von anderen Kindern und weiteren Erwachsenen, an denen sie sich orientieren und die ihnen als Vorbilder dienen könnten. Und nicht nur die Kinder, auch die Erwachsenen würden von grösseren Lebensgemeinschaften profitieren, schrieb er.
Remo Largo kam 1943 in Winterthur zur Welt. In den ersten sechs Schuljahren hat er laut eigenen Angaben kaum etwas gelernt und bezeichnete sich und seine damaligen Mitschüler in einem Interview mit dem «Spiegel» als Opfer eines gewalttätigen und überforderten Pädagogen. Später absolvierte er sein Studium der Medizin und Entwicklungspädiatrie in Zürich und in Los Angeles.
Ab 1978 arbeitete er als Leiter der Abteilung «Wachstum und Entwicklung» am Zürcher Kinderspital. Besonders durch seine mehrere Jahrzehnte dauernden Langzeitstudien (Zürcher Longitudinalstudien) über die Entwicklung von über 900 Kindern von der Geburt bis ins Erwachsenenalter, erlangte er internationale Beachtung.
Der zuletzt in Uetliberg SG wohnhafte Remo Largo hinterlässt nebst seiner Ehefrau auch drei Töchter und neun Enkelkinder.