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  4. Das Meme von «Side Eyeing Chloe» ging vor 12 Jahren viral – Nun spricht die Mutter über Schuldgefühle
Meme ihrer Tochter ging viral

Deshalb hat die Mutter von «Side Eyeing Chloe» Schuldgefühle

Vor zwölf Jahren ging «Side Eyeing Chloe» viral. Noch heute existieren diverse Memes mit dem Bild der damals Zweijährigen. Nun erzählt die Mutter, was der Internet-Hype mit ihrer Familie gemacht hat und weshalb sie heute kein Video eines Kleinkindes mehr ins Netz stellen würde.

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Vor 12 Jahren ging Side Eyeing Chloe mit diversen Memes viral.

2017 entdeckten Chloe und ihre Familie ein Plakat von «Side Eyeing Chloe» in Brasilien.

Instagram / Chloe Clem

Chloe Clem war erst zwei Jahre alt, als sie fast über Nacht weltberühmt wurde: 2013 hat ihre Mutter Katie ein Familienvideo auf Youtube hochgeladen. Dieses zeigte die unterschiedlichen Reaktionen ihrer Töchter Chloe und Lily auf die Überraschung, dass sie nicht zur Schule, sondern ins Disneyland fahren. Während die damals siebenjährige Lily vor Freude in Tränen ausbrach, zeigte sich Chloe unbeeindruckt und starrte emotionslos in die Kamera. 

Damit, was dann passierte, hätte die Familie Clem niemals gerechnet. Mit dem Hochladen des Familienvideos startete Mutter Katie einen kaum vergleichbaren Internet-Hype. Das Video wurde in den vergangenen Jahren nicht nur rund 24 Millionen Mal angeklickt, sondern das Internet wurde überflutet mit Memes von Chloe. «Side Eyeing Chloe» war geboren. Heute – zwölf Jahre später – ist Chloe ein Klassiker unter den Memes. Menschen verwenden ihr Bild etwa, um Skepsis auszudrücken. 

Im Interview mit people.com erinnert sich Katie daran, wie sie das Video kurz vor der Reise ins Disneyland auf Youtube stellte und Chloe bereits einen Tag nach der Ankunft von fremden Menschen erkannt wurde. Schliesslich sei sie aufgrund von Reaktionen ihrer Freunde auf die Website Tumblr gegangen. «Plötzlich sah ich überall Chloes kleines Gesicht». Da sei ihr klar geworden, dass jemand einen Screenshot vom Video erstellt haben muss.

Die Begegnungen mit den fremden Menschen im Disneyland waren bloss der Anfang eines immer grösser werdenden Hypes um Chloe. «Die Menschen flippten aus, wenn sie Chloe sahen und machten Fotos mit ihr», erzählt Katie. Bald schlossen sie und ihr Mann David verschiedene Sponsorenverträge für Chloe ab, unter anderem einen mit Google Pixel. Das Leben der vorher eher armen Familie änderte sich drastisch. So wurden die Clems etwa zweimal von Google nach Brasilien eingeladen, wo Chloe besonders viele Fans hatte. Katie sagt: «Es war der Wahnsinn. Sie hatte Plakatwände in ganz Sao Paulo.»

Ausserdem konnten Katie und David dank des Ruhms ihrer Tochter plötzlich ihre Rechnungen bezahlen, die Wohnung ausbauen und ein Auto kaufen. Einen Teil des Geldes haben sie zudem angelegt, um Chloe die Ausbildung und eine Hochzeit zu finanzieren. Die Einnahmen der Clems stammten aber nicht nur aus der Verwertung des einen Screenshots. Katie stellte weiterhin fleissig Videos ihrer Töchter Chloe und Lily ins Internet.

Kaum Gedanken über Auswirkung auf Kinder

Die Reaktionen, die sie auf ihre Online-Aktivitäten erhielt, bezeichnet Katie rückblickend als «Love Bombing». Jeder habe ein Teil ihrer Familie sein wollen und natürlich hätten sich «das Geld, die Aufmerksamkeit und der Ruhm» gut angefühlt. Heute betrachtet sie das damalige Geschehen aber durchaus auch kritisch. Sie sagt: «Die Mutter, die ich damals war, bin ich heute nicht mehr.» Zwar hätten sie und ihr Mann alle Entscheidungen in gutem Glauben und mit guten Absichten getroffen. Aber sie hätten sich kaum Gedanken darüber gemacht, welche Auswirkungen die Aufmerksamkeit auf lange Sicht auf ihre Töchter hat. 

Laut Katie habe es auf dem Höhepunkt von Chloes Berühmtheit nie Warnsignale gegeben. Aber sie räumt ein, dass Chloe im Grunde nie ihr Einverständnis dazu gegeben habe, dass Bilder und Videos von ihr ins Internet gestellt werden: «Wir haben es einfach gemacht, weil man sich in all diese Dinge hineinsteigert.» Sie sei auf den Zug aufgesprungen und habe zu allem «Ja» gesagt.

Seit 2020 hat die Familie Clem aber nur noch zwei Videos veröffentlicht. Katie hat bemerkt, dass die Begeisterung ihrer Kinder dafür nachlasse. Irgendwann sei es ihnen zu viel geworden. Als Lily sogar ein Angebot für eine Fernsehsendung erhielt, sagte Katie sofort ab. «Ich wusste, dass das nicht die Richtung ist, die ich für meine Kinder wollte», sagt sie. Heute sei sie extrem dankbar, dass sie diesen Weg nicht eingeschlagen hat. Sie frage sich aber oft, ob sie früher alles falsch gemacht habe und welche längerfristigen Auswirkungen die Berühmtheit auf ihrer Töchter habe. Katie gibt zu: «Ich habe eine Menge Schuldgefühle.»

Chloe selbst blickt jedoch mit Stolz auf die Vergangenheit zurück. Sie betrachtet die alten Videos als Archiv ihrer Kindheit, an dem sich die ganze Welt erfreuen kann. Sie kann sich gut vorstellen, künftig wieder mehr Inhalte auf Social Media zu posten. Aktuell führt sie ihren Instagram-Account weiter, allerdings überprüfen Katie und David, was sie postet.

Eltern müssen Privatsphäre der Kinder schützen

Ob man Bilder und Videos der eigenen Kinder ins Internet stellen soll, darüber machen sich viele Eltern Gedanken. Einerseits ist man stolz aufs herzige Kind, andererseits wissen mittlerweile die meisten, dass man rasch die Kontrolle verliert, wenn ein Inhalt im Netz ist. Fachpersonen sagen deshalb, dass selbst das Teilen von vermeintlich harmlosen Fotos problematisch sein kann. Und das nicht nur auf Youtube, Instagram oder Facebook, sondern auch in Nachrichtendiensten wie WhatsApp.

Xenia Schlegel, ehemalige Geschäftsführerin der Stiftung Kinderschutz Schweiz, sagte etwa in einem Interview mit schweizer-illustrierte.ch: «Sobald ich ein Bild weitergebe, sogar in der altmodischen Form eines entwickelten Fotos, gebe ich es aus der Hand und habe keine Kontrolle mehr darüber. In diesem Moment gefährde ich das Kindeswohl.» Wollen Eltern dennoch ein Bild ihres Kindes teilen, sollten sie sich überleben: «Respektiere ich mit der Veröffentlichung dieses Bildes die Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre meines Kindes? Oder finde nur ich das Bild lustig und geht es mir bei der Weitergabe eher darum, meine Gefühle wiederzugeben?»

Ausserdem haben Kinder, wie alle Menschen, das Recht am eigenen Bild. Und so lange sie nicht selber ihr Einverständnis zu einer Veröffentlichung geben können, ist es gemäss Xenia Schlegel die Aufgabe der Eltern, die Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre ihres Kindes zu schützen.

Von fei vor 3 Stunden