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Wo sich Tränen und Freude highfiven

Die erste Kindsgi-Woche aus Sicht einer Mutter

Der Sohn der SI-Family-Redaktorin Maja ist vergangene Woche in den Kindergarten gekommen. Nicht nur für das Kind begann damit ein ganz neues Leben. Wie Hie-und-da-Drama-Maja die ersten paar Tage erlebt hat, erzählt sie hier.

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Kindergarten

Wenn Kinder eingeschult werden, ist Freud und Leid oft nah.

Getty Images

Grüezi miteinander, ich bin jetzt die Mutter eines Kindergärtlers. Was habe ich mich darauf gefreut, diesen Satz sagen zu können. Ein Kindergärtler, das ist ja gefühlt schon ein grosses Kind, selbständig, easy, alles. 

Das ist so nicht ganz unwahr. Aber es ist auch nicht ganz wahr. Also zumindest bei meinem Kind. Meinem Baby, um es genauer zu sagen. Womit wir schon bei mir sind. Die Einschulung unseres Vierjährigen war für mich fast genauso emotional wie seine Geburt. Also gefühlt. Im Moment. 

Unser Bub ist im Juni geboren und gehört damit zu den Jüngsten im Kindsgi. Ein Fakt, der mich genau so sehr mit Stolz erfüllt, wie er mich auch killt. Bevor ich mich hier aber verheddere, lade ich euch ein, von Anfang an dabei zu sein und aufzusteigen auf die Achterbahn der Gefühle, die ich in der ersten Kindsgi-Woche erlebe.

Montag, Tag 1: Die Aufregung ist grösser als meine Sonnenbrille, die meine Tränen versteckt

Ich wache um 5.15 Uhr auf. Herzrasen. Schmetterlinge im Bauch. Schnappatmung. DER TAG IST DA. Heute kommt unser Sohn in den Kindergarten. Sein Vater und er schlafen seelenruhig. Wie können sie? Ich meine, heute beginnt ein neues Leben.

Ich bin schon geduscht und frisiert als die beiden aufwachen. Der Bub und ich packen zum ersten Mal seine neue Znünibox. Er findets aufregend. Und will jetzt möglichst schnell los. Dass der Kindsgi erst um 10 Uhr startet, findet er doof. Finde ich doof. 

Auf dem Schulweg trägt der Junge seinen Lüchzgi mit viel Stolz. Natürlich trödelt er trotzdem. Da eine Seifenblase, dort ein Blüemli und oh, schaut mal, ein Schmetterling!

Endlich 10 Uhr! Wir rücken ein. Die Kinder sitzen im Kreis, singen, spielen, werden herzlich begrüsst. Ich sitze in der Nähe etwas im Hintergrund. Meine Tränen sind ganz vorne. Volle Konzentration auf NICHT WEINEN!

Nach 45 Minuten gehen der Papa und ich. Endlich kann ich meinen Tränen hinter der XXXL-Brille freien Lauf lassen.

Um 11.55 Uhr holen wir unseren Sohn ab. Seine Laune ist blendend, unsere auch. Um 18.59 Uhr ist Game over, das Kind schläft tief und fest. Das gabs seit Jahren nicht mehr. Danke, Kindergarten.

Dienstag, Tag 2: Willkommen im Tal der Tränen

Heute ist nicht nur Kindsgi, nein, heute kommt mein Sohn zum ersten Mal in den Hort. Ich gebe ihn um 8.25 Uhr ab und hole ihn erst am Abend. Wir kennen die Hort-Mitarbeiter:innen noch nicht alle. Auch der Hort ist ganz neu. Und so SUPER wir unsere Kindergärtnerin finden, wir kennen sie einfach noch nicht so gut. 

Meine Gedanken rasen. Natürlich in der Nacht. Ich liege Stunden wach. Klappt der Transfer vom Kindergarten zum Hort? Wird mein Kind was essen? Trinken? WIRD ES WEINEN? Nach Hause wollen? Sich unwohl fühlen?

Mein Mama-Herz schreit. Die Tränen laufen mir über die Backen. 

Im Kindergarten angekommen gibts tatsächlich ein paar Abschiedstränen. Während sich das Kind innert paar Minuten beruhigt, siehts bei mir anders aus. Ich hocke daheim und heule Rotz und Wasser. 

Ich will arbeiten, an Konzentration ist aber nicht zu denken.

Ich halte es nicht bis 17.30 Uhr aus und hole meinen Sohn um 16 Uhr. Das Bild, das ich im Hort sehe, berührt mich so sehr, dass ich erneut in (heimliche) Tränen ausbreche: Er ist superfröhlich, entspannt und geniesst grad seinen Zvieri.

Ich bin 786 Tonnen leichter ums Herz.

Portrait of preschool child playing and learning. Healthy learning environment.

Im Kindergarten werden aus Babys in drei Tagen gefühlt ganz grosse Kinder.

Getty Images
Mittwoch, Tag 3: So ein schönes Leben

Ok. Den dritten Tag findet unser Sohn jetzt nicht mehr so spannend. Jetzt, da er den Kindergarten kennt, ist er der Meinung, dass er nicht mehr gehen muss/will. Er will lieber daheim bleiben. Bis ihm einfällt, dass die Kindergärtnerin aus Rüebli Flöten schnitzen kann. 

Auf dem Weg zum Kindergarten ist die Laune gut. Sowohl seine, als auch meine.

Vor Ort gibts wieder ein paar Tränen. Die versiegeln, kaum bin ich weg. Zum ersten Mal kann ich den freien Morgen geniessen. Ich gehe einen Kaffee trinken, ein Gipfeli essen und plaudere mit Nachbarinnen in aller Ruh. 

So schön!

Am Mittag hole ich ein sehr zufriedenes und stolzes Kind ab, das mit viel Euphorie Dinge gebastelt hat, von denen ich nicht weiss, was wir mit all dem machen sollen, wenn er täglich so viel nach Hause bringt. Aber das ist ein massives Luxusproblem.

Wir geniessen einen tollen Nachmittag auf dem Spielplatz. Wo wir bereits erste Gspänli aus dem Kindergarten treffen. 

Ich bin 10/10 glücklich und stolz. 

Donnerstag, Tag 4: Piss-Laune

«Hüt isch gar kein guete Tag», sagt das Kind kaum hat es die Augen am Morgen geöffnet. Es will nicht in den Kindergarten. WIRKLICH NICHT! Es war ja jetzt schon paar Mal und gut ist. Ich erkläre die Schulpflicht. Und stosse auf wenig Gehör.

Während mein Mama-Herz blutet, mache ich auf gute Laune und versichere, dass der Kindergarten supercool ist. Was er ja auch wirklich ist.

Im Kindergarten angekommen, mag das Kind weder die Schuhe ausziehen, geschweige denn da bleiben. Ich begleite, tröste und setze auf kurzen Abschied. Arme Kindergärtnerin. Ich wünsche ihr, dass die Tränen ganz schnell trocken. Was sie auch tun. 

GOTT SEI DANK. 

Am Mittag hole ich ein semi-gut-gelauntes Kind ab. Es ist müde. Sehr müde. Was ich verstehe. Aber selbst nach dem Mittagsschlaf dauerts lang, bis der Bub in die Gänge kommt. Er dreht erst so um 17 Uhr auf. Dann aber ist die Euphorie gross. Und lang. Während wir schon fix und fertig sind, plaudert der Sohnemann bis fast 21.30 Uhr über den Chindsgi, seine Lieblingsspielsachen, das Leben.

Freitag, Tag 5: Ein fettes High-5 an uns alle!

Auch an diesem Morgen ist die Euphorie über den Kindergarten, nun, sagen wir mal, übersichtlich. Viel mehr freut sich das Kind auf das Weekend, das er «grosse Pause» nennt. Es hat viele Ideen, was es machen will. Ganz viele kommen aus dem Chindsgi-Alltag.

Irgendwie habe ich das Gefühl, ist die Unlust heute kleiner als gestern und vorgestern. Auch gibts (noch) keine Tränen beim Anziehen und Znünibox packen. 

Ich bin sehr guter Dinge.

Im Kindergarten dann pure Aufregung. Es gibt Popcorn, weil ein Kind Geburtstag hat. So gut. Schaffen wir es heute ganz ohne Tränen Tschüss zu sagen?

Wir schaffen es nicht.

Das ist aber vollkommen okay. Das ist die erste Woche. Alles neu. Alles fremd. Da brauchen auch Erwachsene Zeit. Geschweige denn so kleine Knöpfli.

Heute wird unser Sohn von seinen Grosseltern abgeholt. Kurz nach 12 Uhr erreicht mich die Nachricht meiner Mutter: «Der Bub ist supereuphorisch in unsere Arme gesprungen, hat uns alles gezeigt, das er gebastelt hat und hat uns darüber informiert, dass er am Nachmittag mit einem Gspänli zum spielen abgemacht hat.»

Ich lache. Und dann weine ich erneut Tränen der Rührung. Mein Baby ist eben doch kein Baby mehr. Das Baby ist jetzt gross. Und auf der Zielgeraden, seinen Weg zu gehen.

So. Und jetzt erstmal ein Gläschen Prosecco! 

Auf Wiedersehen. Und Prost.

Von mzi am 26. August 2024 - 18:00 Uhr