Hochschwanger liegt Racha Fajjari in ihrem Bett und spürt erste zarte Wehen. Es ist Samstagnacht, elf Uhr, Mitte April. In der Zürcher Dachwohnung steht alles bereit für die geplante Hausgeburt.
Für die Gründerin von Mamalicious, der grössten Mami-Community der Schweiz, und ihren Freund Daniel, 36, ist es das erste gemeinsame Kind. Aus ihrer ersten Ehe hat die 35-jährige Schweizerin mit tunesischen und marrokanischen Wurzeln einen zehnjährigen Sohn.
Ursprünglich wollte Fajjari im Spital gebären. So wie beim ersten Kind. Die Coronakrise macht aber alles anders: «Die Vorstellung, dass mein Freund im Wochenbett nicht bei mir und dem Baby sein könnte, gefiel uns nicht», sagt sie. Weil das naheliegende Geburtshaus bereits voll war, entschied sie sich für eine Hausgeburt.
Die bald zweifache Mutter döst weiter bis die Kontraktionen stärker werden. Um drei Uhr ruft sie ihre Doula, eine nichtmedizinische Geburtshelferin an. Die Wehen werden immer intensiver. Fajjari konzentriert sich auf ihren Atem und die Hypnosetechniken, die sie über Monate eingeübt hat.
«Wir bereiten uns auf jede Prüfung intensiv vor. Warum tun wir das nicht auch beim Gebären?», sagt sie. Bei ihrer ersten Geburt erhielt die Unternehmerin eine Periduralanästhesie, nun verzichtet sie auf Schmerzmittel.
Ärzte hatten damals das Zepter in der Hand, jetzt bestimmt sie selbst. «Eine Hausgeburt eignet sich für jede Frau, die eine problemlose Schwangerschaft hat.»
Racha Fajjari: ««Auch wenn ich mit meiner Doula und meinem Partner, die allerbeste Unterstützung hatte, am Ende bist du allein.»
Die Geburt ist in vollem Gang. Die Wehenwellen donnern heran, Racha Fajjari fliesst mit den Schmerzen, lässt los und erholt sich in den Pausen dazwischen. Einmal wird sie wütend, haut auf den Tisch und zieht sich ins Bad zurück.
«Auch wenn ich mit meiner Doula und meinem Partner, die allerbeste Unterstützung hatte, am Ende bist du allein», sagt sie. Um halb fünf steigt sie in den gemieteten Geburtspool. Berappen musste sie ihn zum grössten Teil selbst. Wie auch den Pikettdienst der Hebamme. Alles in allem kostet sie die Geburt rund 2000 Franken.
Im Wasser fühlt die Gebärende sich wohl, entspannt sich. Die Hebamme ist unterwegs, kommt um 4:52 ein. «Da hat jemand extra auf mich gewartet», stellt die erfahrene Frau lächelnd fest. Es ist ihre 521. Geburt.
Sieben Minuten später ist die kleine Aira da. «Was? Nur zwei Stunden? So schnell? So mühelos?», denkt Fajjari staunend und blickt ihre Tochter verzaubert an. Auch ihr Freund ist überwältigt. Vorsichtig nähert sich Hund Jamie, dem neuen Familienmitglied. Es ist ein Sonntagskind.
Mamalicious zählt mittlerweile 50'000 Mitglieder. Täglich tauschen sich Mütter in diversen Interessengruppen auf Facebook zu Themen rund ums Muttersein aus. Alle Gruppen sind geschlossen und jede Anfrage wird von den Administratoren persönlich geprüft. Gegründet wurde das Netzwerk 2010 von Racha Fajjari.