Sein Leben lang hielt Kaiser Wilhelm I. Unterhosen für überflüssig. Doch 1866 befand der Monarch: «Ich sehe wohl, dass das jetzt anders ist. Ich habe nichts mehr gegen die Einführung beim Militär.» 17 Jahre vor dieser kaiserlichen Feststellung war im Zuge der Deutschen Revolution von 1848/1849 der Sachse Johann Joseph Sallmann in die Schweiz geflüchtet. In Amriswil TG fertigte er erst Trikotstoffe, später Damenoberbekleidung und schliesslich Wäsche.
Das Jahr 1849 gilt als Geburtsstunde der heutigen ISA bodywear. 2024 feierte das Thurgauer Familienunternehmen sein 175-Jahr-Jubiläum. Die Initialen «I» und «S» stehen für den Firmengründer Johann Joseph Sallmann, das «A» für Amriswil, «wobei das I zuerst ein J war und ersetzt wurde, weil Westschweizer Kunden ‹Jesa› oder ‹Chesa› radebrechten, statt von ‹Isa› zu sprechen», erinnert sich Co-CEO Christian Sallmann (38). «Unser Vater tauschte deshalb das J gegen ein I.»
Unterschiedliche Backgrounds
Christian und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Thomas übernahmen das Familienunternehmen 2022 von Vater Andreas. Ehe sich die Geschwister entschieden, als siebte Generation an der Unterhosendynastie weiterzustricken, verdiente sich Christian nach der Lehre als Polymechaniker und dem Textilmanagement-Studium die Sporen bei VW ab, während Thomas im Liechtensteiner Baugerätekonzern Hilti Managementluft schnupperte. «Den letzten Schliff für die Textilbranche», wie er sagt, holte sich Christian dann beim Ostschweizer Luxusbettwäschehersteller Christian Fischbacher.
Zupackend: Christian Sallmann und Mitarbeiterin Ute Mertsching legen Stoffbahnen für den Zuschnitt von Wäschestücken zurecht.
Geri BornDass sie mit unterschiedlichen Backgrounds ins Familienunternehmen eingestiegen sind, sehen Thomas und Christian als «eine unserer besonderen Stärken». Produktion, Verkauf, Marketing und IT seien verschiedene Welten. Ab und zu klöpfe es auch, das gehöre dazu. «Wichtig ist, wir haben beide langfristig das gleiche Ziel: die uns anvertraute Firma weiterzuentwickeln.»
Gut 200 Tonnen Baumwollgarn aus der Türkei, Ägypten, den USA und Indien werden jährlich in Amriswil verstrickt. Wenn möglich, arbeitet man mit Familienbetrieben zusammen. «Da sind DNA und Geschäftssinn gleich. Das hilft, wenns drunter und drüber geht – wie in der Pandemie.» Zugeschnitten werden Unterhosen, Pyjamas und Leibchen fast vollautomatisch – und im eigenen Werk in Portugal zusammengenäht.
Zuhörend: Thomas Sallmann geht mit Angelina Bergamin Designentwürfe für eine der nächsten Schwingerkollektionen durch.
Geri BornFeiner Strick fürs Königshaus
Rund 20 Millionen Franken Umsatz erwirtschaftet das Unternehmen, gut 85 Prozent davon in der Schweiz. Ein Slip für 16.90 Franken ist der günstigste Artikel, zu den teuersten zählt ein Pyjama für 579 Franken. Ziel der beiden Brüder ist es, die Marke ISA bodywear auch international zu etablieren sowie bei Damenwäsche zuzulegen.
Ausgerechnet die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte jedoch vor über zehn Jahren die Nachtwäsche aus Amriswil ab. Christian Sallmann erinnert sich schmunzelnd: «Unser Vater hörte, dass sie sich beim Langlaufen im Engadin das Becken gebrochen hatte. Als Trost schickte er ihr ein Pyjama. Das kam postwendend retour, dazu eine Notiz des Bundesnachrichtendienstes, die Kanzlerin dürfe unsere Wäsche ‹wegen Sicherheitsbedenken› nicht tragen.»
Verbrieft ist hingegen, dass so- wohl der heutige König Charles III. – allerdings noch zu seiner Zeit als Thronfolger Prinz Charles – als auch dessen Ältester, Prinz William, den Strick der Schweizer Unterhosendynastie bei ihren früheren Skiferien in Klosters GR schätzten.
Renommee: Nicht nur die Schweizer Armee, auch der Zoll tragen Produkte von ISA bodywear.
ZVGLange Unterhosen fürs Militär
Nach 20 Jahren Pause steckt auch die Schweizer Armee ihre Soldaten wieder in lange Unterhosen aus Amriswil. «Darauf sind wir stolz!» Christian und Thomas Sallmann haben beide einen starken Bezug zur Armee. Und: Lange stellte ISA bodywear das berühmte Gnägi her, wie der Rollkragenpullover des Militärs genannt wird.
220 Beschäftigte
In Amriswil TG gibt es 60 Arbeitsplätze, in der firmeneigenen Näherei in Portugal weitere 160 Angestellte.
20 Mio. Fr. Umsatz
85 Prozent der Wäsche wird in der Schweiz verkauft, der Rest exportiert nach Deutschland, Österreich und die Beneluxstaaten.
1,5 Mio. Wäscheteile
Diese Stückzahl wird pro Jahr produziert. Dafür werden rund 200 Tonnen Baumwolle verarbeitet.