Franco Marvulli, wie war der erste Monat zu viert?
Uns geht es wunderbar. Die Geburt verlief mega gut, und meine Frau konnte schon zwei Tage später mit unserem Sohn das Spital verlassen.
Wie unterstützen Sie Ihre Frau im Wochenbett?
Sie ist es, die alles managt. Und das sehr, sehr gut. Fast, als gäbe es kein Wochenbett. Natürlich umsorgt sie in erster Linie unseren neugeborenen Sohn. Meine Aufgabe ist es, viel Zeit mit Carlotta zu verbringen. Ich möchte meiner Tochter das Gefühl geben, dass sie ihren Platz nicht verliert in der Familie, sondern weiterhin ganz wichtig ist, auch wenn ihr kleiner Bruder natürlich viel Aufmerksamkeit benötigt im Moment.
Wie beugen Sie Geschwister-Eifersucht vor?
Ich gehe mit ihr Velo fahren, spazieren oder in den Zoo. Wenn sie in der Nacht bei uns schlafen will, so wie ihr kleiner Bruder, dann gehe ich mit ihr in ihr Zimmer und wir lesen Bücher, bis sie schläft. Das entlastet auch meine Frau, die dann etwas Ruhe hat mit dem Kleinen.
Wie fühlten Sie sich, als Sie Ihren Sohn zum ersten Mal in den Arm nahmen?
Ich war sehr glücklich und stolz. Aber ich bin auch erschrocken, wie winzig er ist und dachte: Hä? War meine Tochter auch mal so klein? Beim Wickeln hatte ich das Gefühl, ich muss aufpassen, dass ich ihn nicht aus Versehen verletze. Man vergisst schnell, wie klein Neugeborene sind.
War Carlotta grösser?
Sie war 100 Gramm schwerer, aber dafür zwei Zentimeter kürzer. Er hatte ein Gewicht von 3550 Gramm und 54 Zentimeter Körperlänge bei der Geburt.
Wie hat Carlotta auf Ihren Bruder reagiert?
Sie hat ihn schon voll in die Familie integriert, möchte alles mit ihm teilen, ihn schöppeln, halten und küssen. Das darf sie auch. Dabei muss man gut aufpassen, dass sie ihn mit ihrer Liebe nicht überfordert oder ihn zu sehr drückt bei einer Umarmung. Ihre Feinmotorik ist halt die einer Zweijährigen. Sie ist auch sehr stolz und stellt ihren Bruder den Nachbarn vor.
«Bei Carlotta durfte ich den Namen auswählen, jetzt war meine Frau dran.»
Franco Marvulli
Sie haben den Namen Roméo in einer ungewöhnlichen Schreibweise gewählt. Was steckt dahinter?
Die richtige Betonung. Wir betonten seinen Namen auf dem «é».
Wieso haben Sie sich für diesen Vornamen entschieden?
In erster Linie war uns wichtig, dass die Vornamen unserer Kinder zu unserem italienischen Nachnamen passen. Hans-Peter kam also schon mal nicht in Frage (lacht). Bei Carlotta durfte ich den Namen auswählen, jetzt war meine Frau dran.
Hätten Sie einen anderen Namen gewählt?
Den Namen, der mein Favorit war, trägt unser Sohn ebenfalls. Als Wertschätzung gegenüber meinem Vater und Belindas Grossvater trägt unser Sohn drei Vornamen: Er heißt Roméo Raffaele Emilio Marvulli. Bei Carlotta haben wir den zweiten Namen Larina gewählt, da wir beide auch Bündner Wurzeln haben.
Fühlen Sie sich angekommen in vierköpfiger Familienkonstellation?
Es ist ein krasser Wechsel, das können Millionen anderer Familien bestätigen. Dass schon ein Kind da ist, dessen Bedürfnissen man ebenfalls gerecht werden will, macht es zu einer Herausforderung. Alles geht länger, man hat weniger Pausen. Aber meine Frau hat als Kleinkinderzieherin natürlich ein grosses Know-how, das gibt auch mir Sicherheit. Sie ist ein wunderbares Mami.
«Mir ist auch egal, ob am Abend eingekauft, geputzt oder aufgeräumt ist. Hauptsache, meine Frau und meine Kinder hatten einen schönen Tag»
Franco Marvulli
Sie haben die klassische Rollenteilung gewählt. Welche Vorteile sehen Sie darin?
Wir haben den Luxus, und das haben wir uns beide gewünscht, dass wir wirklich für unsere Kinder da sein können. Wir haben beide als Kinder erlebt, dass ein Elternteil zu Hause war, und das fanden wir schön. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, dass ich alle finanziellen und bürokratischen Aufgaben übernehme, damit Belinda sich ganz um das Glück und die Geborgenheit der Kinder kümmern kann. Sie darf und soll ohne Ablenkung diesen Fokus haben dürfen. Ihr Beruf ist Mami. Mir ist auch egal, ob am Abend eingekauft, geputzt oder aufgeräumt ist. Hauptsache, meine Frau und meine Kinder hatten einen schönen Tag und sind glücklich. Das heisst nicht, dass ich mich als Papa in der Erziehung oder Betreuung meiner Kinder aus der Verantwortung ziehe. Im Gegenteil. Ich bringe mich gerne ein. Aber meine Frau hat in diesem Bereich den Lead.
Franco Marvulli sagt: «Der Job meiner Frau ist Mami.» Wie steht seine Ehefrau Belinda dazu? Wie funktioniert diese Rollenteilung im Alltag? Wir haben die Familie Marvulli in ihrem Zuhause besucht und mit ihnen über finanzielle, organisatorische und emotionale Aspekte ihres Familienmodells gesprochen. Den Bericht dazu in der Schweizer Illustrierten Nummer 15 vom 12. April 2024 – jetzt am Kiosk!
Welche Werte sind Ihnen in der Vaterschaft wichtig?
Ich sehe mich als Beschützer, als Partner, als Kumpel. Erzieherisch habe ich keine Erfahrung, da höre ich auf meine Frau. Wir hatten noch nie Lämpe deswegen. Wenn sie etwas entscheidet, unterstütze ich diese Entscheidung. Ich drücke mich aber nicht vor Verantwortung. Ich bin sehr gerne Papi. Diese Erfahrung erdet mich.
Sie sind selbstständig als Moderator und Redner – konnten Sie sich einen Vaterschaftsurlaub leisten?
Keinen richtigen Urlaub. Aber ich kann mir leisten, während ein paar Wochen weniger zu arbeiten. Ich bin ja bewusst spät Papi geworden, nach meiner Karriere im Radsport. Jetzt habe ich ganz andere Möglichkeiten, meine Prioritäten zu setzen. Und wenn ich für meinen Job reisen muss, darf meine Familie mich jederzeit begleiten. Ich habe sie gerne um mich. Und ich freue mich auf den Sommer, wenn wir zum ersten Mal zu viert in die Ferien fahren.
Wo wollen Sie hin?
Wir planen zwei Wochen Veloferien in Holland. Einfach der Küste entlang mit zwei Anhängern. Jemand hat die Kinder im Anhänger, der andere das Gepäck. Mit Carlotta haben wir das auch gemacht: Als sie ein Baby war, fuhren wir sechs Wochen mit den Bikes durch Südafrika. In Holland werden wir für sie schon das Laufrad mitnehmen.
Viele Familien setzten sich intensiv mit der Frage auseinander: Veloanhänger oder Lastenbike. Warum hat bei Ihnen der Anhänger das Rennen gemacht?
Punkto Sicherheit bin ich der Meinung, dass beide gleich abschneiden. Wir haben uns für den Veloanhänger entschieden, weil er besser zu unserem Lebensstil passt. Er ist flexibel einsetzbar, leicht, faltbar, man kann ihn mitnehmen oder auch nicht. Und bei uns ersetzt er auch den Kinderwagen. Ein Lastenbike dagegen ist oft grausam schwer und ausschliesslich fürs Velofahren und transportieren einsetzbar. Das macht für Familien Sinn, die in der Stadt leben und auf ein Auto verzichten.