Eveline Suter, wie geht es Ihnen?
Danke, mir geht es gut. Wie alle sind auch wir etwas müde von diesem Corona-Jahr. Aber wir sind sehr glücklich, wieder in der Schweiz zu sein, an einem ruhigen, sauberen und sicheren Ort. Und ich kann endlich meine Familie öfter sehen, was wunderbar ist.
Was war der Grund für die Rückkehr in Ihr Heimatland?
Es sind verschiedene Sachen zusammengekommen. Die Gegend, in der wir in New York lebten, ist normalerweise sehr sicher, ich habe mich in all den Jahren in dieser Stadt immer wohlgefühlt. Doch in letzter Zeit häuften sich kriminelle Vorfälle, auch in unserer Strasse. Leute aus meinem Umfeld erzählten mir von Angriffen, auch ich wurde während eines Spaziergangs mit meinem Sohn von Fremden bedroht. Zum Glück ist uns nichts passiert, aber das ungute Gefühl wurde ich nicht mehr los.
In einem früheren Interview beschrieben Sie New York in Zeiten von Corona als Geisterstadt. Hat das mit eine Rolle gespielt?
Ja, auf jeden Fall. Mein Mann Danny und ich lieben Kunst und Kultur. Wir gehen gerne ins Kino, ins Theater, Jazz-Clubs, sprich, wir waren oft unterwegs. Wegen Corona und den Protesten und Ausschreitungen im Zuge der Black Lives Matter-Proteste war das nicht mehr möglich. Die Stadt hat sich sehr verändert. Im Lockdown wurde es uns dann in unserer überteuerten Einzimmerwohnung ohne Balkon wirklich zu eng und wir wollten nicht mehr auf bessere Zeiten warten. Stattdessen ergriffen wir die Chance, in die wunderschöne Schweiz zu ziehen.
«Es war schon sehr emotional, New York zu verlassen.»
Fiel Ihrem Mann diese Entscheidung leicht?
In die Schweiz zu ziehen kam für Danny eigentlich nicht unbedingt infrage. Er hat zwei erwachsene Töchter, eine Mutter, Geschwister und Freunde in den USA. Mit dem Lockdown und der Krise hat sich seine Einstellung aber geändert. Wir haben uns gefragt, was für unser Kind das Beste ist. Da war die Antwort klar.
Wie war der Abschied?
Es war schon sehr emotional. Wir lieben New York wirklich sehr. Aus diesem Grund schliessen wir auch nicht aus, eines Tages zurückzukehren, sollten wir starkes Heimweh haben. Aber wenn wir vergleichen, dass unsere grosszügige Wohnung in Sursee gleich teuer ist, wie das eine Zimmer dort und unser neuer Vermieter zudem toll ist, sind wir hier wirklich sehr glücklich.
Warum Sursee?
Das war ein Zufall. Wir haben die Wohnung online gesehen und uns sofort in sie verliebt. Wir wohnen jetzt mitten in der Altstadt, etwas, was uns beiden sehr gefällt und wir uns schon lange gewünscht haben. Restaurants, Cafés, Einkaufläden – alles ist so nah. Zudem ist Sursee super zentral gelegen, wir sind schnell in Zug bei meiner Familie oder im Tessin in unserem Ferienhäuschen.
Wie sieht ihr neuer Alltag aus?
Mein Mann hat kürzlich ein neues Jobangebot bekommen und hat im Moment viel zu tun. Wegen der Zeitverschiebung arbeitet er aber meistens abends, was heisst, dass wir tagsüber viel Zeit mit Findley verbringen. Er ist immer dabei, auch wenn ich übe, singe, Sport mache oder kreativ bin. Einmal waren Danny und ich auch schon zu zweit unterwegs, weil meine Schwester auf Findley aufgepasst hat. Ich geniesse es sehr, meine Familie wieder so nah zu haben.
Wie ist Ihre berufliche Situation im Moment?
Ausser die Hörbücher die ich momentan einspreche, ist alles abgesagt worden. Ich bin dabei, mir in der Wohnung ein eigenes kleines Studio einzurichten, dann kann ich noch mehr Aufnahmen von hier aus machen. Und ich freue mich sehr, wenn der Bühnen-Betrieb irgendwann wieder aufgenommen wird.
Haben Sie eine ungefähre Vorstellung, wie lange Sie in der Schweiz bleiben wollen?
Dannys aktuelle Jobsituation führt uns Anfang 2021 ziemlich sicher für eine Zeit nach Boston. Wir wollen als Familie zusammenbleiben, deshalb gehen Findley und ich auf jeden Fall mit, damit der Kleine beide Eltern um sich hat. Die Wohnung in Sursee behalten wir aber. Wir werden die Situation immer wieder neu beurteilen und schauen, ob es für uns drei stimmt. In Bosten werden viele Filme und Serien gedreht, wer weiss, vielleicht ergibt sich da auch der ein oder andere Job für mich.
Wie geht es Ihrem Sohn und was stellt er so an?
Es geht ihm sehr gut. Er ist jetzt 13 Monate alt, läuft und rennt und klettert. Er ist ein sehr glückliches Baby, er lacht viel und wir lachen mit ihm. Es ist wirklich ein Segen, ihn zu haben. Ich bin noch immer völlig verzaubert und extrem dankbar.
Erziehen Sie ihn zweisprachig?
Ja, Danny spricht Englisch mit ihm und ich auch, wenn wir zu Dritt sind. Bin ich aber mit Findley allein, spreche ich konsequent Schweizerdeutsch.
Wie stimmen Sie sich auf die Festtage ein?
Ich geniesse es sehr, dass wir die Zeit richtig zelebrieren können. Ich gebe Vollgas mit Kerzen, Lämpchen und Deko überall. Ich habe für meinen Mann sogar einen Adventskalender gemacht (lacht). Und besonders schön ist, dass wir von unserem Wohnzimmer aus auf den Dorfplatz in Sursee und damit direkt auf den grossen Weihnachtsbaum sehen.
Und wo verbringen Sie Weihnachten?
Wahrscheinlich machen wir einfach einen Spaziergang mit Danny, Findley und meiner Familie. Mein Grosi kommt wahrscheinlich auch eine Runde mit uns raus, so können wir zusammen aber trotzdem geschützt sein. Weihnachten birgt oft auch emotionale Momente für mich und meine Geschwister, weil unsere Eltern nicht mehr leben. Aber auch für Danny, weil seine Familie nicht da ist. Deshalb entscheiden wir lieber spontan, wonach uns ist.
Was wünschen Sie sich für 2021?
Für unsere Familie wünsche ich mir Boden unter den Füssen und eine Basis hier in Sursee. Dass wir zusammen und gesund sein können, dass wir uns weiterhin wohlfühlen und dass trotz der ständigen Unruhe um uns herum etwas Ruhe reinkommt. Beruflich gesehen wünsche ich mir, dass das Bühnenleben mit Konzerten, Theater und Musicals weitergeht und dass ich wieder kreativ sein kann. Ich möchte meinem Sohn eine Mutter sein, die Selbstbewusstsein und Kreativität vorlebt und die zeigt, dass sie etwas zu bieten hat.