Im Herbst wird Marie Nasemann, 32, zum zweiten Mal Mutter. Klar, macht sich die ehemalige «Germany's next Topmodel»-Kandidatin Gedanken zur bevorstehenden Geburt. Ihr Sohn, dessen Namen die Berlinerin nicht verrät, kam im April 2020 im Krankenhaus zur Welt. Diesmal aber wollen sie und Ehemann Sebastian Tigges alles anders machen – zumindest überlegen sie in ihrem gemeinsamen Podcast «Drei ist 'ne Party» laut über eine Hausgeburt. Beim Gespräch mit dabei ist zudem Expertin und Beleghebamme Sissi Rasche, welche das Model auch privat während ihren beiden Schwangerschaften begleitet und viel Erfahrung mit Geburten im Krankenhaus und zu Hause hat.
Laut Sebastian Tigges, mit dem Nasemann seit Ende Mai verheiratet ist, verlief die erste Geburt «superschön». Doch der Faktor Corona verunmöglichte es dem frisch gebackenen Vater damals, seine kleine Familie nach der Geburt im Spital zu besuchen. Er musste, zwei Stunden nachdem alles geschafft war, das Feld räumen und nach Hause gehen. Dies wäre bei einer Hausgeburt natürlich anders gewesen. Seine Frau sieht noch weitere Vorteile. «Zuhause kann man sich nur auf den Prozess konzentrieren», sagt sie und spielt damit auf den Weg ins Spital und all die Dinge an, die einen ablenken, während man gerade mitten in den Wehen steckt.
Es ist aber nicht so, dass die beiden Eltern schon immer pro Hausgeburt waren. Besonders der werdende Vater hatte mit dem Thema so seine Mühe. Beim ersten Baby hätte er sich niemals darauf eingelassen. Er erinnert sich an den Moment, als die Hebamme damals bei ihnen zu Hause ankam, um die beiden ins Spital und durch die Geburt zu begleiten: «Wenn du mir in dem Moment vorgeschlagen hättest ‹Sebastian, sollen wir nicht doch hier bleiben?›, dann wäre ich vom Balkon gesprungen», sagt er und lacht. Erst später, als er für eine andere Podcastfolge mit einem Vater über dessen Erfahrung mit einer Geburt zu Hause sprach, habe er seine Meinung geändert.
Die baldige Zweifachmama ist sich bewusst, dass bei einer Hausgeburt keine Ärzte vor Ort sind und diese nur dann infrage kommt, wenn die Schwangerschaft unkompliziert verläuft, das Baby richtig liegt und alle gesund sind. Und da dies beim ersten Kind der Fall war – der Kleine brauchte nur fünfeinhalb Stunden – habe sie ein gutes Gefühl bei der Sache. Es bestehe auch die Chance, dass die zweite Geburt noch schneller ablaufe als die erste und sie es vielleicht gar nicht rechtzeitig ins Spital schaffen. «Da ist es doch eigentlich cool, wenn man schon darauf eingestellt ist, dass man vielleicht alles zu Hause macht», sagt sie. Zusätzlich beruhigt sie auch, dass sie ihre Meinung auch spontan ändern könnte: «Diese Aussicht auf wir haben den Platz im Krankenhaus, sodass ich mich noch bis kurz vorher umentscheiden könnte», helfe ihr, so Nasemann, die kürzlich das Buch «Fairknallt – Mein grüner Kompromiss» herausgebracht hat.
Umentscheiden ist das eine. Sorgen macht Marie Nasemann aber die Situation, dass sie zwar daheim den Geburtstprozess startet, am Ende aber doch im Spital landet. Expertin Sissi Rasche steht dem Elternteam auch da Rede und Antwort und hilft so, die brennenden Fragen aus der Welt zu räumen. Diese wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten. Die häufigsten Verlegungsgründe sind laut der Hebamme folgende:
- Es kommt zu einem Geburtsstillstand oder die Wehen sind nicht effektiv genug, es geht nicht vorwärts.
- Das Kind liegt nicht optimal im Becken, was Mutter und Kind stressen und Schmerzen verursachen kann.
- Der vorzeitige Blasensprung ohne darauf folgende Wehen. Dies berge ein Infektionsrisiko für das Kind.
- Wenn sich die Plazenta nach der Geburt nicht löst und es zu Komplikationen kommt.
- Die Mutter entwickelt unter der Geburt Fieber oder fühlt sich sonst schlecht.
- Die Tatsache, dass eine Hausgeburt ohne starke Schmerzmittel abläuft und der Bedarf nach solchen plötzlich doch da ist.
- Wenn die Mutter zu viel Blut verliert während der Geburt. Gewisse Medikamente haben aber auch Hebammen in ihrem Köfferchen, um in solchen Situationen zu helfen.
«Was gibt es Schöneres, als das Wochenbett zu Hause zu starten?»
Sissi Rasche, Hebamme von Marie Nasemann
Im Gespräch zwischen den dreien geht es aber nicht nur um die Risiken. Es werden auch viele positive Dinge aufgezählt, die man dank einer Hausgeburt erleben kann. Marie Nasemann erinnert sich an die Stunden nach der ersten Geburt. Sie sei zwar nur von nachts um zwei bis mittags um halb zwölf im Krankenhaus gewesen. Doch gut war ihre Erfahrung nicht: «Ich habe da eigentlich gar nicht geschlafen, weil die Matratze so unbequem war. Ich habe die ganze Zeit gedacht, was würde ich nur dafür geben, jetzt zu Hause in meinem Bett zu liegen, anstatt hier. Ständig kam jemand rein und hat das Licht angemacht.» Für viele sei die Zeit im Spital wie eine Auszeit, für sie sei das so nicht gewesen.
Da stimmt ihr die Hebamme zu: «Was gibt es Schöneres, als das Wochenbett zu Hause zu starten?» Für sie ist eine Hausgeburt ein Luxus, nicht weil es mehr kostet als die Geburt in der Klinik, sondern weil nicht alle Frauen dafür überhaupt infrage kämen, eben wegen der medizinischen Vorgeschichte. Wenn man aber die Möglichkeit hätte, sei es eine tolle Alternative zur Klinikgeburt. Daheim habe man Freiheiten, die es anderswo nicht gebe, man könne auch ein Wasserbecken installieren, wie im Spital. Und auch die Väter würden davon profitieren. Sie könnten sich so auch mal zurückziehen, durchatmen, was kochen und «an den eigenen Kühlschrank gehen». Anders als bei ihrem Sohn, wo sie «zehntausend Power-Riegel und Bananen im Koffer» hatten, sagt die werdende Mutter und lacht. Und ihr Mann fügt an: «Ich schmiere den ganzen Abend nur Brote, das weiss ich jetzt schon!»
Auch die Angst davor, sich bei der Hausgeburt «die Wohnung einzusauen», kann die Hebamme der Berlinerin nehmen. Man verwende Matratzenauflagen und packe anschliessend alles in blickdichte schwarze Abfallsäcke – ganz diskret also.
Zum Schluss der Folge sind Marie Nasemann und Sebastian Tigges sich einig: Wenn die Schwangerschaft weiterhin so gut und unkompliziert läuft, das Baby gut liegt und die Mama bis zum Schluss das Gefühl hat, eine Hausgeburt sei die richtige Entscheidung, ist es für beide ein klares «Ja».
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