Sie ist nicht eine dieser Frauen, die sich hauptssächlich über ihre Mutterrolle identifizieren und nach dem Auszug der Kinder in ein grosses, dunkles Loch namens Empty-Nest-Syndrom fallen. Im Gegenteil. Eigentlich hatte Michelle Obama vor einem Jahr grosse Pläne, um all die freie Zeit zu füllen, die ihr zur Verfügung steht, sobald ihre Töchter Malia, 22, und Sasha, 19, ausziehen. Da wären zum Beispiel die Lesungen ihrer Autobiografie «Becoming». Oder die neue Netflix-Serie «Waffels & Mochi», in der die ehemalige First Lady der USA Kinder zu einer gesunden Ernährung animiert.
Für Michelle war die Aussicht, dass ihre Töchter bald flügge werden, also nichts, was ihr Sorgen bereitete. «Unsere Mädchen hätten eigentlich das Nest verlassen sollen», sagt sie in einem Interview mit dem People-Magazin. «Ich war dabei, zu feiern, wie sie ihr Leben aufbauen und mir emotionalen Raum gaben, um sie loszulassen.»
Doch es kam anders. Es kam die Corona-Pandemie. Und die Familie Obama verbrachte die vergangenen 12 Monate noch enger aufeinander als vorher. Eine neue Nähe, die sich Michelle Obama zwar nicht gewünscht hatte ... die sie aber dennoch genoss.
Die Michelle, Barack, Malia und Sasha Obama isolierte sich zu viert. Sie brachten, wie Millionen anderer amerikanischer Familien, Home office mit Home schooling unter einem Dach unter (respektive unter zwei: Die Familie wohnt abwechslungsweise in ihrem Haus in Wahington D. C. oder Martha's Vineyard in Massachusetts).
Malia, die im Senior-Jahr an der Harvard-Universität steckt und Sasha, die an der Michian-Universität studiert, haben die Kapazität des Familien-WLANs offenbar mit ihren Online-Klassen ausgreizt. Aber alles in allem sei der Familien-Lockdown viel besser gelaufen, als erwartet, sagt Michelle.
«Zuzuschauen, wie die eigenen Kinder Erwachsene werden, ist etwas ganz Spezielles»
Michelle Obama
«Die gemeinsame Zeit hat uns ein paar gestohlene Momente mit unseren Mädchen zurückgebracht», sagt Michelle. «Diese Momente bedeuten uns die Welt! Sie haben unsere Beziehung zu unseren Töchtern noch stärker gemacht.»
Es habe sie sehr gefreut, ihren Töchtern beim Erwachsenwerden zuschauen zu dürfen. Während Malia und Sasha diesen Schritt normalerweise weit weg vom Elternhaus auf irgendeinem Universitäts-Campus machen sollten, geschah es nun unter dem stolzen Blick ihrer Mutter. «Zuzuschauen, wie die eigenen Kinder zu erwachsenen Menschen werden, ist etwas ganz Spezielles», so Michelle. Sie habe angefangen, ihre Töchter nicht mehr erzieherisch zu behandeln, sondern sie als unabhängige junge Frauen wahrzunehmen und mit ihnen tolle Gespräche zu führen, die sich vom früheren Mutter-Tochter-Austausch unterscheiden.
Auf Instagram schwelgt Michelle Obama dennoch ab und zu in Erinnerungen an alte Zeiten:
Malia und Sasha haben während des Lockdowns offenbar das Kochen entdeckt. Mama Michelle erzählt, dass ihre Töchter es lieben, in der Küche Neues auszuprobieren.
Sie selbst habe sich vorgenommen, endlich stricken zu lernen, und nun sei sie total angefressen. «Stricken ist etwas Grenzenloses. Man kann es nicht vollständig beherrschen. Sobald man einen Schal geschafft hat, kommt die Decke. Und nach der Decke ein Hut oder Socken. Ich könnte ewig weiterstricken.»
«Ich habe den Vorteil, alt genug zu sein, um zu wissen, dass auch wieder bessere Zeiten kommen»
Michelle Obama
Was wunderbar und harmonisch tönt, war aber nicht nur einfach für Michelle Obama. Sie gibt im Gespräch zu, dass sie während des Lockdowns mit mentalen Gesundheitsproblemen zu kämpfen hatte. Es sei eine leichte depressive Verstimmung gewesen, sagt sie. Besonders die Ermordung von George Floyd durch die Polizei und die darauf folgenden Massenunruhen haben ihr zu schaffen gemacht. «Wenn man eine solche Menge zu verarbeiten hat und dabei mitten in einer Quarantäne steckt, ist es verständlich, dass es einem auf die Stimmung schlägt.»
Ihre Töchter kriegten hautnah mit, dass Michelle eine schwierige Zeit durchmachte. «Ich habe ihnen erklärt, dass man immer Höhen und Tiefen hat in der mentalen Gesundheit. Ich habe den Vorteil, alt genug zu sein, um zu wissen, dass auch wieder bessere Zeiten kommen.»
Obwohl sie noch einige Projekte am Laufen hat, strebt Michelle Obama mit 57 Jahren bereits die Pensionierung an. Dann wolle sie nur noch ausgewählte Projekte verwirklichen und in erster Linie dem Sommer hinterherjagen. «Barack und ich wollen nie wieder einen Winter erleben. Wir planen, unsere Stiftung irgendwann abzugeben, um einfach Zeit zu zweit zu haben. So dass Barack endlich so viel Golf spielen kann, wie er will, weil er nichts anderes mehr zu tun hat.»