Es sind aufgeklärte Zeiten. Die heutige Elterngeneration hat aus den eigenen Erfahrungen gelernt.
In unserer Kindheit waren die Fotos von Models in und auf Magazinen so stark bearbeitet, dass wir im Glauben aufwuchsen, da draussen gäbe es Menschen mit perfekt modellierten Körpern. Unter dem Druck, genau so aussehen zu müssen, liessen wir uns den Spass am Leben ein bisschen versauen.
Dann kam das Internet und klärte uns über Photoshop auf. Und nun versuchen wir, unseren Kindern ein gesünderes Körperbewusstsein mit auf den Weg zu geben.
Anstatt unrealistischen Idealen nachzueifern, soll die heranwachsende Generation Body Positivity entwickeln. Augenbrauen und Achselhaar dürfen wieder spriessen. Cellulite hindert uns nicht mehr an freier Kleiderwahl. Der No-Make-up-Trend lässt uns wieder schön finden, wie wir eigentlich aussehen. Nur dass aus Fat-Shaming mittlerweile Thin-Shaming geworden ist, daran müssen wir noch arbeiten. Aber es geht in die richtige Richtung.
Grundsätzlich freue ich mich als Mama sehr, dass Natürlichkeit als cool gilt. So eine tolle Entwicklung für die Welt, in der meine Kinder aufwachsen dürfen!
Und nun das: Prinzessin Leonor von Spanien gibts neu als Barbie. Makellos, seidig glatt, ultradünn und mit deutlich mehr Rundungen im Busenbereich, als die Dreizehnjährige in echt aufzuweisen hat. Eine übersexualisierte Grusel-Puppe. Exgüse, Leonor, aber in echt bist du viel herziger.
Wie finde ich das? Ich halte es für einen Fehlentscheid des spanischen Königshauses, der Produktion dieser Puppe zugestimmt zu haben. Auch wenn der Erlös der Verkäufe einem guten Zweck zukommt.
Denn es sind aufgeklärte Zeiten. Und in ebensolchen scheint mir die einzige Rechtfertigung für die Existenz von Royals deren Vorbildfunktion in einer Gesellschaft zu sein. So wie es die Briten vormachen. Prinz Harry spricht über mentale Gesundheit, Herzogin Catherine lässt ihre Tochter Charlotte wild und frech sein.
Wäre es nicht viel erfrischender, auch Prinzessin Leonor einmal mit zerzausten Haaren zu sehen, statt das Bild, welches sie mit piekfein gestriegelter Mähne an offiziellen Fotoshootings abgibt, mit einer Puppe noch zu zementieren? Hätten ihre Eltern, Königin Letizia, 46, (von der es übrigens auch eine Barbie gibt) und König Felipe, 51, ihre Vorbildfunktion nicht besser wahrgenommen, wenn sie sich mal einfach von einer natürlichen Seite zeigen würden?
Ich wünsche mir mehr zerzauste Königstöchter. Mehr Zungerausstrecken à la Prinzessin Charlotte. Mehr barfüssige Prinzen und Glacé-verschmierte Mini-Blaublüter. Mehr Ehrlichkeit, Natürlichkeit und damit auch Nachhaltigkeit von Royals in der Gestaltung ihrer Aussenwirkung. Für meine und alle anderen Kinder, die in unseren aufgeklärten Zeiten aufwachsen.
«Ich bin mit Barbie aufgewachsen und habe offensichtlich keinen Schaden genommen.»
Und während ich diesen Text schreibe, rege ich mich schon wieder ab. Was solls.
Ich bin eher das Modell Waschbrett als die langgezogene Sanduhr. Mein Bauch schrumpelt, wenn man die Haut zusammendrückt - schliesslich wurden da drin zwei Kinder gebaut. Mein Mamakörper beschert mir manchmal Schmerzen in der Hüfte, dafür hat er Superheldinnen-Features wie «fiebersenkende Umarmungen schenken können». Ich mag ihn. Und irgendwann (nach den heute nicht mehr nachvollziehbaren Neunzigern) habe ich auch begriffen, dass ich mit Schminke lächerlich aussehe.
Kurz und gut: Ich habe offenbar keinen Schaden genommen. Und das, obwohl ich mit Barbie aufgewachsen bin.