Vorsichtig arrangiert Sarah-Jane, 33, die frisch dekorierten Mokka-Muffins auf einem Teller. «Tut mir leid, die sind nicht für dich», sagt sie zu Hündchen Alfy, 10, der sie erwartungsvoll anschaut. Sein treuherziger Blick entlockt dem Schlagerstar ein Lachen. Sarah-Jane kann wieder lachen.
Sie und ihr Mann Dani Sparn, 32, haben eine schwere Zeit hinter sich. «Ich war schwanger», verrät die Schlagersängerin im Interview mit der Schweizer Illustrierten.
«Im Februar haben wir das Baby verloren. Das war unglaublich hart. Aber wir möchten darüber reden, weil eine Fehlgeburt immer noch ein grosses Tabu ist, obwohl es häufiger vorkommt, als man denkt.»
Vor elf Jahren lernten sich Sarah-Jane und Dani kennen. Sie ist seit ihrem zweiten Platz bei der internationalen Ausscheidung des «GP der Volksmusik» 2005 von keiner Schlager-Bühne mehr wegzudenken. Er managt Musiker, organisiert Events und spielt mit seinem «Dani Sparn Orchester» an renommierten Bällen.
Es entstand eine Freundschaft. Vier Jahre später kam es zu einem gemeinsamen Projekt. Da habe sie sich ziemlich schnell verliebt, erzählt Sarah. «Aber bei den Männern dauert das ja immer etwas länger!» Zumal Dani damals nicht Single war. Das änderte sich kurze Zeit später – und dann ging alles ziemlich schnell.
Das Paar zog zusammen. Vor fünf Jahren dann der Bau des eigenen Traumhauses neben Sarah-Janes Elternhaus in Rothenfluh BL. «Die Idee hatte mein Omi», sagt Sarah und schluckt leer. Ihre geliebte Grossmutter ist eine Woche nach der Fehlgeburt gestorben.
Auf das Traumhaus folgte am 18. Mai 2018 die Traumhochzeit – ganz im Stil von Sarah-Jane und Dani. Nach dem Ja-Wort verschwand das Paar nämlich. Nicht in eine Hochzeits-Suite, sondern zu einem Auftritt.
Dani stand im Smoking hinterm Mischpult, Sarah im roten Hochzeitskleid auf der Bühne. Rot? «Wie die Liebe. Weiss wie die Unschuld wäre geheuchelt gewesen», sagt die Sängerin in der ihr eigenen trockenen Art. «So bin ich halt.»
Dass ihr nach der Hochzeit alle auf den Bauch starrten und die Frage nach Nachwuchs mehr oder weniger täglich gestellt wurde, nahm Sarah-Jane anfangs mit Humor.
Und machte auch kein Geheimnis daraus, dass man das Nähzimmer im oberen Stock ihres Hauses dereinst sehr gern zum Kinderzimmer umfunktionieren würde. Aber allmählich wuchs der Druck und die Fragerei nervte. Umso grösser war die Freude, als das Ehepaar vergangenen Dezember einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielt.
Aber das Schicksal hatte andere Pläne. «Im Februar bekam ich plötzlich Bauchkrämpfe», erzählt Sarah-Jane. Ein Besuch beim Frauenarzt bestätigte: Das Herz des Babys schlug nicht mehr.
«Alles ist für etwas gut», sagte Sarahs Omi zu ihrer trauernden Enkelin. Eine Woche später musste sie ins Spital. Und kam nicht mehr nach Hause. «Sarah und ich haben viel geredet in der folgenden Zeit. Miteinander, aber auch mit unseren Liebsten und mit Freunden», sagt Dani.
Auch ein internationaler Superstar sprach diese Woche öffentlich über das Tabuthema Fehlgeburt: Die amerikanische Sängerin Pink erzählte im Interview mit USA Today, dass sie bereits im Alter von 17 Jahren zum ersten Mal ein Baby verloren und in späteren Jahren noch weitere Fehlgeburten erlitten habe. Sie verarbeitet diese schmerzlichen Erfahrungen im Song «Happy» auf ihrem neuen Album «Hurts 2B Human».
Überrascht habe er festgestellt, dass fast jeder in seinem Freundeskreis einen Abort erlebt hat. «Ich habe mich gefragt, warum wir das nicht voneinander wussten. Obwohl Fehlgeburten so häufig sind, spricht niemand darüber.
Dabei hilft nur schon das Wissen, dass das anderen auch passiert. Dass man nichts falsch gemacht hat.» Deshalb sprechen Sarah und Dani nun auch öffentlich darüber. Und verbinden das mit einer Bitte.
«Schaut Frauen nicht ständig auf den Bauch oder fragt nach einer Schwangerschaft, wenn ihr die Umstände nicht kennt. Das kann sehr schmerzvoll sein», sagt Sarah-Jane.
Am meisten stört sie die Frage, ob sie eine Familie möchte. «In meinen Augen sind wir eine Familie. Wir sind komplett. Ein Baby wäre das i-Tüpfelchen, aber wenn es nicht sein soll, können wir auch so glücklich sein.» Und: «Dani ist mein Mann, nicht mein Zuchtbulle!» Sagt die Tierarzt-Tochter. Dabei schliessen sie eine Adoption nicht aus.
«Ich weiss ja, dass man ein Kind nicht unbedingt selbst geboren haben muss, um es zu lieben», sagt Sarah-Jane, die mit sechs Monaten aus einem indischen Waisenhaus adoptiert wurde. Zuerst steht aber anderes an.
Dani macht mit seiner Schlager-Rock-Combo Alpenraudis gerade seiner Frau auf der Bühne Konkurrenz. Vor drei Jahren gründete er die Sechs-Mann-Band, weil er Lust hatte, eigene Songs aufzuführen. Und nun können sie sich vor Anfragen kaum retten.
Klar sind die Alpenraudis auch am Sarah-Jane Fest am 6. Juli mit dabei. Schliesslich steht Sarah mit ihrer langjährigen Bühnenerfahrung den Jungs mit Tipps und Tricks zu Seite, nennt sich selbst gern «Raudimutti».
Auch sie selbst hat ein neues Projekt am Start. Lange hat sie davon geträumt, ihre Liebe zu Gospel und Soul und dem Schlager zu kombinieren. Jetzt ist der Punkt gekommen, das Ungewöhnliche zu wagen. «Es ist Zeit, die Meitlischuhe auszuziehen», sagt Sarah-Jane, die seit ihrem 18. Lebensjahr im Rampenlicht steht, unter den Augen der Öffentlichkeit gross wurde. «Es ist Zeit, erwachsen zu werden.» Alles ist für etwas gut.