Ihre Geburt schenkte unzähligen Paaren Hoffnung und galt als medizinischer Durchbruch. Louise Joy Brown, 43, wurde nämlich nicht auf natürlichem Weg gezeugt, sondern ist das erste sogenannte «Retortenbaby» der Welt. Sie verdankt ihr Leben einer In-vitro-Fertilisation (IVF).
Seit 1978, Louises Geburtsjahr, hat sich einiges getan. Das Verfahren der In-vitro-Fertilisation wurde laufend verbessert und dadurch die Chance auf eine erfolgreiche Schwangerschaft und Geburt erhöht. Für Mediziner wurde die einstige Sensation zur Routine. Gemäss eines Berichts der Universität Zürich verlassen heute zwei Drittel aller Paare, die sich am Universitätsspital einer Behandlung unterziehen, das Spital mit einem gesunden Baby. Alleine in der Schweiz kommen jährlich rund 2000 Kinder dank künstlicher Befruchtung zur Welt.
Doch was heute für viele Menschen ein Segen ist, war 1978 höchst umstritten. Das bekamen auch Louise Joy Brown und ihre Familie zu spüren. So mussten sich die Eltern vom damaligen Erzbischof von Canterbury etwa anhören, bei Louises Geburt sei «der Teufel am Werk» gewesen. Ärzte wurden von religiösen Kreisen beschuldigt, sie wollten «Gott spielen» und in der Boulevardpresse fiel der Begriff «Frankenbaby» – in Anlehnung an Frankenstein, der im Roman von Mary Shelley aus Teilen toter Menschen versuchte, einen neuen Körper zu erschaffen.
Die Browns liessen sich von all dem nicht beirren – im Gegenteil. Sie besuchten mit ihrem Baby Radio- und Fernsehshows und erzählten ihre Geschichte mit dem Ziel, anderen Paaren mit Kinderwunsch die Angst zu nehmen und Vorurteile abzubauen.
Louise Joy Brown selbst kann die damalige Empörung nicht nachvollziehen. Gegenüber welt.de sagte sie in einem Interview: «Meine Eltern wollten einfach nur ein Baby haben. Und sie vertrauten ihren Ärzten.» Sie habe durch den ganzen Rummel zwar früh gemerkt, dass sie «irgendwie besonders» sei, fühle sich aber im Grunde nicht so. «Ich bin ja nur geboren worden.»
Nachdem Louises Eltern sie zunächst regelmässig in der Presse präsentierten, kam irgendwann der Sinneswandel. Fortan schotteten sie ihre Tochter von der Öffentlichkeit ab. Ihre Kindheit sei dann «so normal, wie es eben möglich war» verlaufen, sagte Louise Joy Brown der Süddeutschen Zeitung. Ihre Eltern setzten zudem ein zweites Mal auf künstliche Befruchtung. Louise bekam eine vier Jahre jüngere Schwester.
Heute ist die Britin verheiratet mit Wesley Mullinder und zweifache Mutter. Ihre Söhne Cameron, 15, und Aiden, 8, kamen auf natürlichem Weg zur Welt. Die Familie lebt in Bristol und Louise arbeitet im Büro eines Speditionsunternehmens. Obwohl es ihr im Rampenlicht nie wirklich geheuer war, tritt sie regelmässig weltweit an Podien und Kongressen zum Thema IVF auf und sprach auch schon vor dem Europäischen Parlament.
Louise Joy Brown hat eine klare Haltung zu künstlicher Befruchtung: «IVF sollte jedem Paar offenstehen, das sich ein Kind wünscht und es auf natürlichem Weg nicht bekommen kann. Es geht nicht nur um das Paar. Es geht um eine künftige Familie. Es geht um die Zukunft.»