15 Jahre stand Sonia Kälin (39) im Klassenzimmer. Im September hat sie ihren Job als Lehrerin an den Nagel gehängt. «Mit der Entscheidung, meinen Job aufzugeben, habe ich lange gerungen. Ich habe in all den Jahren viele schöne, bereichernde und tolle Momente erleben dürfen. Aber nach so langer Zeit brauche ich eine Veränderung», erklärt die vierfache Schwingerkönigin gegenüber der Schweizer Illustrierten.
Mit der Gründung ihrer eigenen Firma setzt die SRF-Jass-Schiedsrichterin künftig auf Moderations- und Werbeaufträge. Wir haben nachgefragt, wie sie und ihr Mann Stefan (35) den neuen Alltag mit ihren Töchtern Noemi (1) und Lena (3) bewältigen.
Sonia Kälin, wie laufen die ersten Tage als Selbständige?
Meine Chefin ist super – sie lässt mich jeden Morgen ausschlafen.
Wenn da nicht die kleinen Kinder wären!
Zum Glück schlafen die auch sehr gut.
Was genau tun Sie eigentlich mit Ihrer GmbH?
Im Moment befinde ich mich noch im Findungsprozess, wie mein Alltag aussehen soll. Ich habe noch keine festen Arbeitstage und arbeite eher stundenweise. Mal beantworte ich E-Mails oder erledige andere Aufgaben. Mein Ziel ist es aber, mir als Moderatorin und Werbebotschafterin ein verlässliches Standbein aufzubauen.
Firmengründer arbeiten normalerweise in der Anfangsphase 150 Prozent. Sie auch?
Die Firmengründung selbst war einfach, weil ich sie ausgelagert habe. Ich musste nur meine Unterschrift beglaubigen lassen und eine Checkliste abarbeiten. Aber jetzt, wo es wirklich losgeht, gibt es viel zu bedenken. Am Anfang ist viel Administratives zu erledigen: berufliche Vorsorge, Versicherungen regeln, Buchhaltungssoftware verstehen, Schulungen machen. Das gibt schon viel zu tun. Aber es ist wichtig, dieses Fundament zu legen – das lohnt sich langfristig.
Sonia Kälin hängt den Lehrerjob an den Nagel
Wie stellen Sie sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor – schwieriger oder leichter als mit einem festen Job?
Für mich macht es das einfacher. Ich kann meine Zeit freier einteilen. Wenn ich als Moderatorin gebucht bin, bedeutet das natürlich eine gewisse zeitliche Vorgabe. Aber grundsätzlich ist die Fremdbestimmung massiv weniger gross, als wenn man von einem Arbeitgeber festgelegte Zeiten einhalten muss.
Wie klappt die Rollenteilung mit Ihrem Mann?
Das klappt gut, weil mein Mann viel zu Hause ist und die Kinder betreut, wenn ich arbeite. Wir organisieren uns gut und machen einen Wochenplan, in dem wir festlegen, wer wann arbeitet, putzt oder kocht.
In Ihrer Agenda steht: Küche putzen?
Ja, wir teilen uns die Aufgaben wirklich detailliert auf. So haben wir Struktur. Jeweils am Wochenende planen wir die kommende Woche - inklusive Sport und Freizeit für jeden von uns.
Den Lehrerinnenberuf zu erklären war einfach. Wie sagen Sie Ihren Kindern, dass Sie jetzt Influencerin sind?
Manchmal sage ich einfach: «Mama muss jetzt arbeiten.» Aber wenn ich Social-Media-Inhalte filme, sind sie oft dabei.
Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Kinder sich nicht vermarktet fühlen?
Mein Ziel ist, dass ich ohne Kinder arbeite, aber wenn es um Themen geht, hinter denen ich als Mutter stehe, dürfen sie auch dabei sein. Sie bekommen für jedes Foto oder Video einen kleinen Betrag ins Sparschwein. Ich möchte sie nicht ausnutzen, aber sie immer nur von hinten zu zeigen, fände ich auch künstlich. Ich versuche einfach, ganz natürlich und authentisch damit umzugehen.
Welche Werte möchten Sie als berufstätige Mutter Ihren Töchtern vorleben?
Ich möchte, dass sie sehen, dass man seine Versprechen hält. Wenn ich einen Telefontermin habe, dann halte ich den ein. Gleichzeitig ist es mir wichtig zu zeigen, dass es auch Zeiten ohne Arbeit gibt, in denen das Handy zu Hause bleibt und wir gemeinsam Zeit verbringen.
Was bedeutet der Wechsel von einer Festanstellung hin zur Selbständigkeit finanziell für Ihre Familie?
Es bleibt ein Risiko, bis man sich etabliert hat. Aber ich bin pflichtbewusst und vorausschauend, erledige Dinge im Voraus. Mein Name und meine Medienpräsenz sind ein grosser Vorteil. Trotzdem: Werde ich gebucht, muss ich auch abliefern. Sonst funktioniert das langfristig nicht.
Gab es einen Schlüsselmoment für die Entscheidung, den Lehrberuf an den Nagel zu hängen?
Ja, als mein Mann mich eines Abends gefragt hat: «Wann kündest du?».
Warum hat er das gefragt?
Ich kam erschöpft von der Schule nach Hause. Nach Moderationen sehe ich anders aus. Ihm ist aufgefallen, wie ich bei Eventmoderationen aufblühe. Er spürte mein Feuer als Markenbotschafterin. Ohne ihn hätte ich diesen Schritt nie gewagt, denn vorher war ich die Hauptverdienerin der Familie.
Sind Sie das jetzt nicht mehr?
Doch, zu etwa 60 Prozent trage ich immer noch die Hauptverantwortung.
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren, sowohl familiär als auch beruflich?
Familienplanung ist abgeschlossen, aber ich freue mich darauf, meine Kinder als Teenager zu begleiten. Beruflich hoffe ich, weiterhin vielseitig selbständig arbeiten zu können, als Event-Moderatorin, Markenbotschafterin oder Referentin. Ich möchte meine Kreativität voll ausleben und bin gespannt, welche Projekte noch kommen.