Das Lachen hat Viola Tami, 38, unverkennbar von ihrer Mama geerbt. Und die beiden lachen viel, als sie an diesem frühlingshaften Tag zusammen durch Zürich spazieren.
«Muttertag? Den zelebrieren wir nicht jedes Jahr. Dafür sind wir zu grosse Individualisten. Wir wissen auch so, dass wir einander gern haben», sagt Teresa Ruffo Tami, 63, und legt ihrer Tochter locker die Hand in den Nacken. Den zieren zwei Tattoos, die für ihre Eltern stehen. «Respekt» für Vater Piero, 71, «Mut» für Teresa. «Sie ist eine sehr starke Person», sagt Viola. «Sie ist stets für ihre Überzeugungen eingestanden und hat sich nie versteckt.»
So heirateten die Eltern erst, als Viola bereits zehn Jahre alt war. Dies, weil das Eherecht, das damals galt, für das gleichberechtigte Paar nicht akzeptabel war. Auch Viola und ihr Mann Roman Kilchsperger, 49, gaben sich erst das Jawort, als die gemeinsamen Söhne Niccolo, 12, und Leandro, 10, schon auf der Welt waren. Und sie wählten Tami als Familienname. «Das ist aber kein Statement», betont Viola. «Uns gefällt der Name Tami, und er ist einfacher zu buchstabieren als Romans Nachname.» Dass sie sich die Kinderbetreuung teilen, stand immer ausser Frage. «Das ist für uns als Familie eine grosse Bereicherung.»
Ausserdem hat Viola dieses Modell von ihren Eltern so vorgelebt bekommen, was damals eher ungewöhnlich war. Teresa – gelernte Arzthelferin und jetzt Sozialarbeiterin – war stets berufstätig. SRF-Journalist Piero Tami schaute einen Tag pro Woche auf Viola und ihren Bruder Gianluca, heute 35. «Das war für mich genauso normal wie die Teilnahme am Frauenstreik als Kind», meint Viola lachend.
Auch heute müsse sie in ihrem Männerhaushalt das Frauenbild ab und zu mal geraderücken. «Wenn ich aus einem Kinderzimmer einen Rapper abwertend über seine ‹Bitches› singen höre, platziere ich schon, dass der betreffende Typ das betreffende Wort vermutlich nicht mal buchstabieren kann. Aber ich denke, meine Jungs wissen das», sagt Viola Tami. Und: «Sie werden bestimmt mal ganz tolle, fortschrittlich denkende junge Männer. Sie haben ja mit ihrem Vater auch ein wunderbares Vorbild.»
Sie mache heute vieles gleich wie ihre Mutter, sagt Viola. Manches bewusst, manches nicht. Und gewisse Dinge macht sie auch bewusst anders. «Ich bin konsequenter, als sie es war.» Das sei kein Vorwurf. «Ich genoss die vielen Freiheiten, die ich als Kind hatte. Ohne sie wäre es mir nie möglich gewesen, meinen Weg als Schauspielerin, Sängerin und Moderatorin zu gehen. Aber heute denke ich mir manchmal, ein bisschen mehr Durchhaltevermögen hätte nicht geschadet.»
Dranzubleiben bringt sie ihren Kindern bei. Wer Klavier spielen will, muss üben, darüber gibt es keine Diskussionen – na ja, fast keine. «Viola ist eine sehr präsente Mutter», sagt Teresa. «Aber ich glaube, das war ich auch, auf eine andere Art und Weise.» Kinder seien unterschiedlich, man könne nicht jedes gleich erziehen. «Du hast so oder so gemacht, was du für richtig hieltest. Egal, was ich gesagt habe», meint sie lachend zu ihrer Tochter.
So liess sie es zu, dass ihre Älteste mit 17 auszog. Unter der Bedingung, dass sie eine Ausbildung macht. Darauf, dass sie ihre Eltern nie um einen Rappen gefragt hat, ist Viola heute noch stolz. Mit 18 bekam sie eine Rolle in der SRF-Soap «Lüthi und Blanc». Heute gehört Viola Tami zu den erfolgreichsten Moderatorinnen des Landes – am 11. Mai etwa mit der Pop-Schlagershow «Hello Again». Übernommen hat sie diese von ihrem Mann. «Ich musste zuerst schon überlegen, ob ich das möchte.» Aber jetzt freut sie sich auf die Herausforderung.
«Uns Frauen fehlten damals die Vorbilder. Es gab ja nicht mal eine Bundesrätin»
Teresa Ruffo Tami
«Uns Frauen wird im Showbusiness gern eine gewisse Angst unterstellt. Dabei wäre es ja in meinem Fall echt ungünstig, mich vor der Moderation einer TV-Show zu fürchten. Das ist mein Beruf.» Spannend sei jeweils auch die «Hut-Frage». «Sie wird mir in fast jedem Interview gestellt: ‹Wie kriegst du Beruf und Familie unter einen Hut?› Mein Mann musste sie noch nie beantworten. Dabei ist er genauso eingespannt als Vater wie ich als Mutter.»
Trotzdem: Die Zeiten haben sich geändert. «Uns Frauen fehlten damals die Vorbilder. Es gab ja nicht mal eine Bundesrätin», sagt Teresa Ruffo Tami. «Auch wenn in der Gesellschaft noch lange keine Gleichberechtigung herrscht, ist es heute einfacher, den eigenen Weg zu gehen.» Vor allem, wenn man so ein starkes Vorbild hat wie Viola Tami.