Wann sollen wir mit Jungs über die Mens reden?
Kinder sind ja bei vielen schon ab dem Babyalter dabei auf der Toilette. Anfangs in der Trage, danach selbstständig. Das ist meiner Meinung nach ein guter Anlass, um die Kindern schon ganz früh die Natürlichkeit der Menstruation vorzuleben. Wenn die Kleinen mitbekommen, dass das Mami einmal im Monat blutet und dass das genau so normal ist wie aufs WC gehen, ist das wunderbar. Natürlich muss man Kleinkindern nicht schon die ganze Biologie dahinter erklären. Es reicht, wenn es Kinder einfach mitbekommen dürfen, dass ihre Mütter bluten und dass das völlig natürlich ist. Später, wenn Mädchen dann wirklich die erste Regel bekommen, finde ich es wichtig, dass das Thema in der Schule angeschaut und auch biologisch erklärt wird. Jungs sollen unbedingt verstehen dürfen, warum ein Mädchen vielleicht mal eine verblutete Hose hat oder warum sie beim Turnen nicht mitmachen mag.
Wie erklärt man Jungs die Mens kindergerecht?
Das kommt natürlich sehr auf ihr Alter drauf an. Grundsätzlich aber finde ich es wichtig, dass man keinen Unterschied zwischen Jungs und Mädchen macht. Früher dachte man vielleicht, dass die Periode eine reine Mädchensache ist. Das ist aber ein veralteter Hut. Heute weiss man sehr wohl, dass es wichtig ist, Jungs genau gleich aufzuklären. Das hilft ihnen nicht nur im Kinder- und Teeniealter. Später als Partner und Väter ist es ebenfalls von grossem Vorteil, wenn die Männer genau Bescheid wissen darüber, was die Mens mit ihren Frauen und Töchtern macht.
Wie sensibilisieren wir Jungs drauf, dass die Mädchen nicht hänseln, die vielleicht mal eine verblutete Hose oder so haben?
Präventiv mit Aufklärung. Wenn die Buben wissen, wie das mit der Mens läuft, wenn sie kommt und wie sich Mädchen dabei fühlen können, ist schon viel getan. Es ist wichtig, dass sie wissen, dass ein junges Mädchen die körperlichen Anzeichen der Periode vielleicht noch nicht verstehen und lesen kann und dass es dann deswegen auch mal zu einer verbluteten Hose kommen kann.
Zur Person
Dania Schiftan ist selbstständige Sexual- und Psychotherapeutin. Neben der Praxistätigkeit ist sie Autorin und Podcasterin und gibt regelmässig Kurse, Vorträge und Workshops. Sie ist Autorin des Buches «Coming soon - Orgasmus ist Übungssache», «Keep it coming - Guter Sex ist Übungssache» und der Graphic Novel «Let's talk about Sex», die im Piper-Verlag auf den Markt gekommen sind. Ganz neu erscheint nun Schiftans Buch «Das Comeback deiner Lust - So entfachst du das Feuer in dir», ebenfalls im Piper-Verlag.
Wie reagieren wir, wenn es Jungs unangenehm ist, wenn wir mit dem Thema ankommen?
Ein guter Schlüssel zum erfolgreichen Aufklären ist folgender: Je weniger unangenehm es der Person ist, die aufklärt, desto weniger unangenehme Gefühle gibt es beim Gegenüber. Es gilt also, je natürlich und wohler mir als Erwachsene ist, desto einfacher geht die Aufklärung. Wichtig ist aber auch daran zu denken, dass wir Aufklärung, sowohl als Eltern als auch als Lehrpersonen, einfach anbieten. Wir sollen dabei aber nicht erwarten oder gar fordern, dass Kinder aktiv mitmachen müssen. Es ist völlig okay, wenn sie einfach nur mal zuhören und vielleicht noch keine Rückfragen stellen wollen.
Was tun, wenn wir merken, dass sich Jungs ekeln?
Es gibt ganz viele Möglichkeiten, Kinder so abzuholen, wie sie sich am besten fühlen. Super finde ich Bücher wie zum Beispiel «Lina, die Entdeckerin» oder Bücher mit gezeichneten Bildern. Für ein anderes Kind kann aber auch ein Podcast passend sein oder ein Aufklärungsvideo. Bei kleinen Kindern bietet sich eine Auswahl an Bilderbüchern an, mit denen wir uns als Erwachsene aber auch wohl fühlen. Dann kann man die Bücher einfach mal anbieten und die Kinder selber entscheiden lassen, ob überhaupt sie schon und wenn ja, welches sie erklärt haben möchten. Auch hier will ich mich klar dafür aussprechen, keine Unterschiede zwischen Knaben und Mädchen zu machen.
Wie können Jungs ihre Mitschülerinnen unterstützen, die sich schämen, weil sie Bauchweh haben?
Auch hier würde ich absolut keinen Unterschied bei den Geschlechtern machen. Kinder sollen einfach wissen, dass die Menstruation völlig normal ist, dass menstruierende Mädchen Raum und Verständnis brauchen. Man soll aber auch nicht überdramatisieren, sondern einfach in Erinnerung rufen, dass die allgemeinen Verhaltensregeln gelten: Mädchen werden nicht geplagt und nicht provoziert. Sprüche wie «Du hast doch einfach keine Lust auf schwimmen» liegen natürlich nicht drin.