Sie haben sich beide gegen die Gefühle gewehrt und lange so getan, als sei da zwischen ihnen nichts. Schliesslich sprach alles gegen die Liebe. Rahel ist 12 Jahre jünger als Markus. Ausserdem war er ihr Chef. Ein verheirateter Mann mit drei Kindern. Das Älteste gerade mal zehn Jahre alt, das Mittelkind 7, das jüngste 3.
Schon von Anfang an ist da dieses Kribbeln, die Blicke, die immer etwas länger und verstohlener sind, als sie sollten. Ein Jahr lang bleiben Rahel und Markus professionell. Bis sie an der Weihnachtsfeier zu tief ins Glas schauen und im Bett landen. «Danach war es um uns geschehen», sagt Rahel. Sie denkt dennoch, dass es das gewesen sei, dass Markus unerreichbar ist, bei seiner Familie bleibt. Rahel irrt sich. Markus ist so verliebt, dass er nicht anders kann. Er verlässt die Familie.
Rahel derweil kündigt ihren Job. Die beiden wollen privat neu anfangen. Niemand freut sich. Rahels Familie nicht, ihre Freunde nicht. Bei Markus ist die Situation noch schlimmer. Alle sind sauer, dass er seine intakte Familie für eine so viel Jüngere hocken lässt.
In der Zwischenzeit sind drei Jahre vergangen. Rahel und Markus wohnen zusammen. Seine Kinder sind alle zwei Wochenenden da. Mit seiner Ex-Frau ist das Verhältnis okay. Es könnte also alles gut sein, wenn die Kinder nicht so traumatisiert wären. «Sie machen mir das Leben sehr schwer», sagt Rahel. Wenn sie an den Wochenenden bei Markus und ihr sind, nehmen sie die ganze Wohnung auseinander. Sie machen extra alles schmutzig, räumen nichts weg, drehen den Fernseher und die Musik extra laut, so kommt es Rahel vor.
Von gemeinsamen Unternehmungen wollen sie nichts wissen. Mit der Jüngsten habe sie hie und da einen guten Moment, sagt Rahel. «Dann darf ich mal ein Puzzle oder ein Spiel mit ihr machen.» Sobald aber die Geschwister auftauchen, ist fertig lustig. «Ich habe mich so sehr um die Gunst der Kinder bemüht, habe ihnen Zeit gelassen, war nicht aufdringlich, wollte nie ihre neue Mama sein, geklappt hat es nicht.»
Wenn es hart auf hart kommt, sagen ihr die Kinder auch, dass sie eine ganz schlimme Frau ist und dass sie schuld ist, dass ihr Papi nicht mehr mit ihnen und ihrem Mami wohnt. «Wir haben auch schon eine Familientherapeutin aufgesucht. Trotz aller Bemühungen schaffe ich es nicht, das Vertrauen der Kinder für mich zu gewinnen.»
Auch für die Beziehung von Rahel und Markus ist die Situation maximal anstrengend. «Wenn du mit einem Mann liiert bist, der Kinder hat, spielst du automatisch immer die zweite Geige. Wenn du dann auch noch die Kinder gegen dich hast, wirds doppelt und dreifach schwierig.» Markus habe den Kindern gegenüber so ein schlechtes Gewissen, dass er ihnen alles durchlässe, sagt sie.
Und auch Rahel traut sich nicht, etwas zu sagen. Auch dann nicht, wenn die Kinder die Wohnung verwüsten oder Rahel beschimpfen. «Ich schweige und schlucke. Ich weiss aber nicht, ob es mich eines Tages so richtig verchlöpft und dann raste ich aus.»
Die Wut auf die Kinder, gibt Rahel zu, ist omnipräsent. «Sie machen es mir wirklich sehr schwer, sie zu mögen.» Das Schlimmste aber sei, dass Rahel jetzt selber einen Kinderwunsch hegt. Und auch Markus ist nicht abgeneigt, noch einmal Papi zu werden. Unter den aktuellen Umständen aber will er nicht. Erst, wenn sich die Situation beruhigt hat und seine Kinder Frieden mit der Situation geschlossen haben, zieht es Markus in Betracht, ein Kind mit Rahel zu zeugen.
Ob sie so lange warten kann, weiss Rahel nicht. Wenn es hart auf hart kommt und sich Rahel zwischen Markus und eigenen Kindern entscheiden muss, wird sie sich wohl für eigene Kinder entscheiden. «Auch wenn es mir das Herz bricht und ich Markus sehr liebe.»
Zum Schutz der betroffenen Kinder sind die Namen von Rahel und Markus geändert.