In Sachen Medienzeit hat unser Sohn Glück mit meinem Freund und mir. Wir sind überzeugt davon, dass Medien wichtig sind. Und dass es nicht falsch sein kann, Kinder schon früh an die ganze Digitalisierung zu führen.
Soweit also alles tiptop. Mehr noch: Wenn unser Sohn herzige Sachen wie «Peppa Wutz» oder von uns aus «Feuerwehrmann Sam» schaut, sitzen wir gerne daneben und schauen mit.
Fakt ist aber leider, dass unser Sohn weder Peppa noch Sam schauen will. Seit er (leider) weiss, dass es Youtube Kids gibt, lechzt der Dreikäsehoch vor allem nach Clips, die ich, mit Verlaub, nur dumm finde.
So steht er auf Videos, in denen meist Erwachsene, manchmal auch Kinder, irgendwelche Spielsachen auspacken und ziemlich grenzdebil damit spielen. Die Erwachsenen tragen dabei gerne mal Verkleidung.
Warum?
Neulich frage ich meinen Sohn, was er denn so super daran findet. Ist ja schliesslich nicht so, dass er sich dann die Spielsachen wünscht, die er da sieht. Er fasst seine Faszination kurz und bündig zusammen: «Das isch viel cooler als Peppa und so, weisch!?“
Nun, nein, ich weiss nicht. Was ich aber weiss, ist, dass ich es schade finde. Dass ich vielleicht sogar die gute alte Zeit vermisse, in der nicht alles einen Mausklick entfernt war. Als wir den ganzen Tag aufs Gute-Nacht-Geschichtli und aufs Sandmännli warten mussten.
Da war Vorfreude, herziger Inhalt und null Diskussionen, ob man biiiiiiittttteeeeee nur noch eine Folge schauen darf.
Woher also zeugt die kindliche Faszination für solche Formate? Und wie sollen wir als Eltern damit umgehen? Diese und andere Frage haben wir Lulzana Musliu, Leiterin Politik & Medien von Pro Juventute gestellt.
Wie viel Bildschirmzeit ist im Alter von drei Jahren okay?
Das ist eine der meist gestellten Fragen, mit denen wir konfrontiert werden. Im Alter von zwei bis vier Jahren reichen die Angaben von 5 bis 10 Minuten am Tag bis zu einer maximalen Bildschirmzeit von einer Stunde. Letzteres sollte eher die Ausnahme sein und nicht täglich vorkommen. Generell ist die Welt digital und Kinder und Jugendliche wachsen in der digitalen Welt auf. Wichtig ist, sie altersgerecht an die digitalen Medien heranzuführen und einen gesunden Umgang zu erlernen. Sehr gerne verweise ich Sie für weitere und detailliertere Auskünfte auf diesen Artikel.
Was sollten Kinder im besten Fall schauen?
Man ist sich mehr einig, was Kinder auf keinen Fall und nicht unbegleitet schauen sollten: Gewaltdarstellungen, verstörende Inhalte, Inhalte, die erschrecken. Auch dazu kann ich Ihnen einen Artikel empfehlen, der erklärt, was mit dem kindlichen Gehirn passiert, wenn es digitale Medien nutzt.
Mein Sohn und alle anderen Kinder in meinem Umfeld lieben «Youtube Kids». Sie alle wollen Videos von Kindern oder Erwachsenen schauen, die Spielsachen auspacken und damit spielen. Können Sie den Reiz solcher Videos erklären?
Hier sind gleich zwei Dinge involviert, die Kinder grundsätzlich mögen: Spielzeug und andere Kinder. Kinder entwickeln mit dem Alter immer stärker den Wunsch nach Austausch mit Gleichaltrigen und mögen es daher, anderen Kindern zuzusehen. Spielzeug ist etwas, das sie sich wünschen (und nicht immer in der Fülle erhalten können), dies zu schauen ist daher häufig schlicht unterhaltend.
Würden Sie sagen, dass Videos dieser Art einen negativen Einfluss auf das Konsumverhalten der Kinder hat?
Natürlich – und das ist der Sinn hinter den Videos – geht es um Beeinflussung und auch darum, dass die Personen, welche die Videos drehen, damit Geld machen. Dies müssen Sie Ihrem Kind erklären und es beim Warten lernen unterstützen. Hier finden Sie einen umfassenden Beitrag zum Thema.
Wie erklären wir Kindern, dass wir nicht wollen, dass sie solche Videos schauen?
Generell ist es wichtig, dass der Medienkonsum in der Familie besprochen wird. Wichtig ist auch, das Kind zu fragen, warum es solche Videos mag, was es daran mag und auch selber Fragen zu stellen. Zum Beispiel: «Denkst du, es ist gut, dass ein Kind so viele Spielsachen hat und andere nicht?» und so weiter.