Vor dem Riesenjubel gabs bei Werner Nef, 50, und seinen Buben Kilian, 13, und Nino, 11, das grosse Jammern: Hätten nicht sowohl der Vater als auch sein Jüngster jeweils als Kleinkind so herzzerreissend «gejömmerlet», gäbe es die Familienkapelle Tüüfner Gruess wohl nicht. Dann hätte das Appenzeller Trio auch nicht im grossen SRF-Final von «Stadt Land Talent» mit seiner Musik die Herzen Hunderttausender Fernsehzuschauer berührt – sie kürten die Buben samt Familienoberhaupt zum Gewinner der Castingshow.
Die Liebe zur Musik, die Werner Nef seinen Buben Kilian, Nino und Töchterchen Svenja, 9, mitgegeben hat, erfuhr er selbst als Knirps nicht. Er sei der Einzige aus seiner Familie, der Musik mache. «Früher lachten sie mich deswegen aus», erinnert er sich. Als Kind habe er einmal im Radio einen Handorgelspieler gehört und seinen Eltern daraufhin so lange die Ohren «zugejömmerlet», bis sie das Betteln ihres Sohnes erhörten und ihm zu Weihnachten eine kleine Handorgel schenkten. «Ich übte mit Kassetten und brachte mir so das Akkordeonspielen bei.» Die Musikschule besucht er nur kurz, gründet als Zwölfjähriger seine erste Formation mit zwei Kollegen aus dem Dorf. Später sorgt er mit dem Ländlertrio Gartehöckler sowie der Kapelle Moos am Rogge auf Festen für gute Stimmung.
Seine Familie ernährt er als Bauer. Im Stall, rund 800 Meter vom Wohnhaus entfernt, stehen Mutterkühe und Kälber. «Da sind wir fleissig am Mithelfen», sagt Nino. So wie einst sein Vater «jömmerlet» auch er bereits als Dreijähriger, dass er Hackbrett spielen wolle. Als Dreikäsehoch hatte er im TV Hackbrett-Virtuose Nicolas Senn in der Sendung «Potzmusig» gesehen und wollte «musizieren wie er». Zwei Jahre muss er warten und weiterbetteln, bis er das gewünschte Instrument in Händen halten darf. «Nicolas Senn hatte leider schon zu viel zu tun», sagt Nino. So lernt er Hackbrett spielen bei seinem anderen Vorbild: Hans Sturzenegger. Genau wie sein Vater musiziert Nino einzig nach Gehör. Nur sein älterer Bruder Kilian entlockt seiner Bassgeige Töne auch nach Notenblättern.
Angesprochen auf den jüngsten Erfolg, freuen sich beide und grinsen zufrieden bis über beide Ohren. «Damit gerechnet hat keiner von uns dreien», sind sich Werner, Kilian und Nino einig. Sie selbst hätten beim Anblick der Akrobaten keine Chance für sich gesehen. Nino: «Wir sind ja nur eine kleine Musig.»
Ordentlich gefeiert wurde das Trio bei seiner Rückkehr nach Teufen. Noch am Sonntag stieg in der Dorfbeiz spontan ein Fest mit Nachbarn und Freunden. «Irgendwann morgens nach drei Uhr seien sie im Bett gewesen», erzählt Kilian. Trotz Ferien hätten sie aber nicht ausschlafen können, denn die Tiere im Stall wollen versorgt werden, Musik hin oder Triumph her.
Für den Fototermin mit der Schweizer Illustrierten hat Kilian sogar seinen Schnuppertag in der Dorfmetzgerei unterbrochen. «Morgen mache ich aber fertig.» Ihm scheints ernst mit seinem Berufswunsch als Metzger. Noch nicht entschieden hat sich Nino: «Bauer, Maurer oder Landmaschinenmech» nennt er als möglichen Beruf. In einem allerdings sind sich die Brüder einig: «Musik bleibt unsere grosse Leidenschaft – lebenslang.»
Vielleicht bekommt ihre Kapelle Tüüfner Gruess ja demnächst Zuwachs – familienintern. Nesthäkchen Svenja übt seit einem Dreivierteljahr eifrig jeden Tag mindestens eine halbe Stunde am Klavier. Sie hat sich, so wie ihre grossen Brüder auch, selbst für das Instrument entschieden. «Am Anfang war es schon sehr schwer», gibt sie zu. «Aber wenn man zwei, drei Stücke beherrscht, macht es richtig Spass.» Dass sie bei «den Männern» mitmachen will, steht für sie ausser Frage. Zuversichtlich ist auch ihr Papa. «Je nachdem, wie du übst und dranbleibst, bist du vielleicht in einem Jahr mit dabei.» Svenjas Augen leuchten, und auch Mama Emilia, 39, ist der Stolz anzusehen.
So genügsam die Nefs auftreten, so bescheiden geben sie sich auch bei der Frage, was sie mit den 100 000 Franken Gewinn anstellen. «Einen neuen Fernseher kaufen», sagt Kilian. Der alte ist seit bald einem Jahr kaputt, flimmert nur noch. Nino: «Und vielleicht gibts für uns ja ein Töffli.» – «Ein paar kleine Wünsche werden wir erfüllen», beruhigt Vater Werner. Ansonsten werden er und seine Frau das Geld für ihre Kinder auf die Seite legen – für später. «Wir sind nicht die, die weit weg wollen. Als Familie sind wir gern hier bei uns.»