Michel Birri, an welche Schlagzeile aus Ihrer Kindheit können Sie sich als Erstes erinnern?
Ich weiss noch, wie ich an einem Sonntagmorgen aus meinem Zimmer kam und mein Mami auf dem Sofa lag und sagte: «Ich habe die ganze Nacht ferngesehen, Prinzessin Diana ist gestorben.» Ich war ein Royal-Fan und hielt in der Schule Vorträge über die Queen Mom und das schwedische Königshaus. Prinzessin Dianas Tod machte mich sehr betroffen, die Bilder sind mir in bester Erinnerung. Es war der 31. August 1997.
Da waren Sie zehn Jahre alt.
Und ich wollte schon damals Nachrichtensprecher werden, «10 vor 10» war mein Traum. Ich war auch Fan des Privatsenders Tele24 und dessen «SwissNews». Ich mag mich noch an eine Schlagzeile zum Swissair-Grounding erinnern: «Silberstreif am Swissair-Horizont, jetzt will e Wirtschafts-Taskforce Milliarde uftriebe, au de Bund signalisiert Hilf.» Ich nahm die News stets auf Video auf, schrieb die Moderationen mit der Schreibmaschine nieder und übte am «Glättibrett» meiner Mutter.
Woher kam die Faszination für Nachrichten?
Keine Ahnung. Ich hatte als Kind mein eigenes Reporterbüro inklusive Visitenkärtchen, auf denen «Rasender Reporter» stand. Mit 13 Jahren durfte ich bei Tele24 schnuppern – am dümmsten Tag, um einen Schnupperstift bei sich zu haben: Es war der 12. September 2001, am Tag nach den Terroranschlägen in New York. Mit der Reporterin ging ich in die Fraumünsterkirche in Zürich und berichtete darüber, wie Leute für die Opfer Kerzen anzünden. Bei der Aufzeichnung der News war ich live dabei. Für mich wars der schönste Tag.
«Es gab effektiv noch keine News für Kinder in dieser Art in der Schweiz»
Michel Birri
Ihr Traum ist ein Stück weit wahr geworden. Sie sind einer der drei Moderatoren der neuen Sendung «SRF Kinder News». Was macht Nachrichten für Kinder verständlich?
Bilder und Animationen. Ich selber liebte die ZDF-Kindersendung «Logo!». An ganz einfachen Beispielen erklären sie Zusammenhänge in einer Animation – so «bubiliecht», dass es jeder versteht. Dass wir solche Animationen auch bei unserer Sendung haben, finde ich toll.
Was ist das Spezielle an «SRF Kinder News»?
Es gab effektiv noch keine News für Kinder in dieser Art in der Schweiz. Bei uns ist der erste Beitrag stets eine sogenannte Hard News wie zum Beispiel Corona, dann kommt ein animiertes Erklärstück wie über die Tracing-App und zum Schluss etwas Leichtes wie Nachwuchs im Zoo. Ein Rausschmeisser, der einem das Gefühl gibt, dass die Welt doch ganz in Ordnung ist.
Was interessiert Kinder am meisten?
Dinge, die sie selber im Alltag betreffen, die direkt vor der Haustür passieren. Wann darf ich wieder in die Badi? Mit wie vielen Gspänli darf ich gemeinsam auf die Rutsche? Sie kommen auch selber in jeder Folge zu einem bestimmten Thema zu Wort.
Was ist das A und O beim Einfacherklären?
Dass immer bei null angefangen wird, um das Thema verständlicher zu machen. Auch bei den Erwachsenen-Nachrichten setzen die Journalisten oft zu sehr voraus, dass sich die Leute mit dem Thema befassen. Aber nicht alle Menschen sehen jeden Abend die «Tagesschau».
Was ist wichtig bei der Sprache?
Auf keinen Fall sollten die Nachrichten wie ein Märli erzählt sein. In den zehn Jahren als Moderator im Kinderprogramm habe ich gemerkt, dass wir mit den Kindern nicht extra lieb sein oder gar die Stimme verändern müssen. Wenn wir sie normal wie jeden Menschen behandeln, finden sie es am coolsten und schauen auch zu.
Gibt es Tabuthemen?
Nein, wir wollen den Zustand der Welt zeigen, und das einfach erklärt. Ob Corona oder Rassismus – Kinder werden durch Social Media und das Fernsehen ohnehin mit all diesen Themen konfrontiert. Für uns ist es wichtig, dass wir die Zusammenhänge aufzeigen.
Nach zehn Jahren bei «Zambo» gehen Sie zu den «SRF Kinder News». Wechseln Sie von der Unterhaltung ins seriöse Fach?
O nein. Obwohl ich «10 vor 10»-Moderator werden wollte, kann ich mir nicht mehr vorstellen, hinter dem Sprecherpult zu stehen. Dafür bin ich zu lange in der Unterhaltung. Die «Kinder News» sind eine coole Mischung von beidem.
Zehn Jahre sind für Kinder eine lange Zeit.
Wo sind all die Jahre hin! Kürzlich rief ein junger Mann: «O Zambo, ich bin mit dir aufgewachsen.» Und tatsächlich: Die Kinder, die damals zehn Jahre alt waren, sind heute zwanzig, können Auto fahren und dürfen heiraten. Im Ausgang rief es schon hinter mir: «Sie! Ich kenne Sie von Zambo. So lässig, dass Sie noch in den Ausgang gehen.» Ich dachte: Wow, danke. Ich hole meinen Rollator gleich bei der Garderobe ab.
Immerhin geben Kinder ehrliches Feedback.
Das ist wahr. Ihre Feedbacks sind sehr herzig und immer dankbar. Dank Instagram kann ich mit vielen «Zambo»-Kindern in Kontakt bleiben und sehe auch, wenn jemand eine Ausbildung beginnt. Das ist schon toll.