Mein vierjähriger Sohn fürchtet sich vor Gespenstern und will nicht mehr alleine ins Bett. Hast du eine Idee, was wir dagegen tun können? – Mimi, 32
Liebe Mimi
Erst sind es fremde Stimmen, andere Gesichter oder einfach nur das Wummern des Staubsaugers, das unseren Kindern Angst macht. Später fürchten sie sich vor Räubern, Monstern, Spinnen, Hexen oder eben auch vor Gespenstern.
Unsere Tochter fürchtet sich zurzeit grad vor dem Fuchs. Sie hat Angst, dass sich das Tier nachts durch das Zimmerfenster schleicht, um sich die Mami zu holen. Letzthin erwachte sie schreiend, weil auch ein Löwe die Mami mitnehmen wollte. Ihre Freundinnen haben Angst vor Spinnen und Räubern und dein Sohn fürchtet sich vor Gespenstern.
Was auch immer die Angst auslöst, für das Kind fühlt sie sich sehr real und bedrohlich an. Daher ist Verständnis angebracht. Und das sichere Gefühl, dass du dich kümmerst.
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Denn Kinderängste sind völlig normal und gehören zur natürlichen Entwicklung. «So widersprüchlich es zunächst klingen mag: Die Angst ist etwas Nützliches», schreibt der Schulpsychologische Dienst des Kantons St. Gallen in einem Merkblatt zum Thema Kinderängste. «Weil die Angst eine lebenswichtige Funktion ist, gehört sie auch zur gesunden, normalen Entwicklung eines Kindes.»
Mit der Angst umgehen zu lernen und Methoden zu deren Bewältigung zu entwicklen, ist eine der bedeutendsten Entwicklungsaufgaben in den ersten zehn Lebensjahren. Diese Fähigkeiten sind der Schlüssel zu einem gesunden Selbstvertrauen. Um dieses entwicklen zu können, brauchen die Kinder allerdings die Unterstützung der Eltern, deren Wohlwollen und Verständnis. Sonst droht die Angst, sie in Beschlag zu nehmen und die normale Entwicklung zu stören.
Lest zum Thema Kinderängste auch unseren Papablog von Fritz+Fränzi-Chefredaktor Nik Nietkammer: So verschwinden die Monster aus dem Kinderzimmer.
«Weil die Angst eine lebenswichtige Funktion ist, gehört sie auch zur gesunden, normalen Entwicklung eines Kindes.»
Schulpsychologischer Dienst Kanton St. Gallen
Vor allem Kinder zwischen vier und sieben Jahren haben oft eine blühende Fantasie. In dieser Zeit beeinflusst die sogenannte magische Phase das kindliche Denken und Handeln. Leblose Gegenstände mutieren plötzlich zu wirklichen und überaus bedrohlichen Erscheinungen. Decken verwandeln sich in Gespenster, Schläuche in Drachen und Monster. Die Kinder hören abends ein Rascheln im Schrank oder ein Geräusch unter dem Bett. Die Fantasie ist fast grenzenlos und für uns Erwachsene manchmal gar nicht nachvollziehbar.
Liebe Mimi, ich glaube, wichtig ist, dass du die Gefühle deines Sohnes ernst nimmst und ihn für seine Fantasien nicht auslachst. Das gibt ihm Sicherheit. Er braucht das verlässliche Gefühl, dass du ihn, so wie er ist, das heisst auch mit seinen Ängsten, ernst nimmst.
Vermeintlich beruhigende Sätze wie «Gespenster gibt es nur in Märchen», oder auch die lieb gemeinten Worte wie «Du musst keine Angst haben», bringen meistens nicht viel. Hilfreicher ist es, wenn du deinen Sohn in die Arme nimmst und sagt: «Ja, ich weiss, das macht dir nun Angst.» So fühlt er sich angenommen und verstanden.
Hilfreich ist auch, wenn du mit deinem Sohn über seine Ängste sprichst. Warum erzählst du ihm nicht, wovor du dich als Kind gefürchtet hast? Durch deine Offenheit merkt er, dass er mit seinen Ängsten nicht alleine ist und auch dazu stehen darf.
Es hilft bestimmt auch, wenn du wachsam beobachtest: Woher kommt seine Angst? Gab es einen Auslöser? Einen Film oder ein Märchen?
Uns begegnete der böse Fuchs, der die Mami holt, doch tatsächlich einige Tage später im Buch «Flurina und das Wildvöglein». Ein Fuchs, der die Mami aus dem Nest holte. Mein Gott, da musste ich innert Sekunden etwas Neues zusammenreimen!
Liebe Mimi, an deiner Stelle würde ich ein bisschen fantasieren. Warum pappst du deinem kleinen Mann nicht einen grossen Beschützer-Dino an die Wand? Ein Dino, der so mächtig ist, dass sich kein Geist oder Gespenst mehr ins Zimmer wagt?
Spannend ist, dass Kinder oft auch ihre eigenen Strategien haben, um mit der Angst fertig zu werden. Manchmal sind es Kleinigkeiten, wie unser Beispiel zeigt. Unsere Tochter will nun immer mit geschlossenem Fenster schlafen. So kommt der Fuchs nicht rein.
- Vor dem zu Bett gehen das Zimmer absuchen.
- Ein Becher voller Zaubertrank wirkt Wunder. Der macht stark und ungeniessbar und vertreibt Monster.
- Eine Schale Monster-Food vor die Türe stellen, damit es satt wird und sich verziehen kann.
- Monsterspray versprühen.
- Lass dein Bub das Monster malen und danach verbannen. Das Papier in Stücke schneiden oder im Wald verbrennen.
Unsere Expertin für Familienfragen
Nie waren Eltern so gut informiert wie heute. Und nie war es schwieriger, im Dschungel aus Ratgebern und Internetforen den besten Weg für den eigenen Nachwuchs zu finden. Unsere Familien-Expertin Romina Brunner hilft, Ordnung zu schaffen. Regelmässig berät die zweifache Mutter und Journalistin die SI-Family-Community zu Themen und Fragen aus dem Familienalltag.