Meine Frau möchte den Samichlaus kommen lassen und bindet unserer Tochter deswegen einen riesigen Bären auf. Ich finde das unnötig. Ist der Brauch noch zeitgemäss? Und ist es ok, wenn wir unsere Kinder mit solchen Märchen anlügen? - Marcello
Lieber Marcello
Ja, unbedingt sollten wir unseren Kindern vom Samichlaus erzählen. Von dem geheimnisvollen Mann im roten Mantel, mit seinem langen, schneeweissen Bart. Von dem Mann, der im Wald wohnt und sich nur im Advent unter die Menschen wagt und vor dem sich alle Kinder ein bisschen fürchten, manchmal sogar die Erwachsen.
Von dieser Gestalt in Rot, die alles über uns weiss, uns lobt und tadelt und genau darum so real ist. Dieser Figur, der wir auch dann glauben, wenn sie uns zum wiederholten Male erklärt, dass sich das Eseli schon wieder am Bein verletzt hat und darum erneut nicht mitkommen konnte.
Habt ihr auch ein Thema, das euch beschäftigt? Dann schreibt ein Mail an romina@schweizer-illustrierte.ch
Fabelhaft schön, diese Geschichten. Magisch! Eine märchenhafte Tradition. Lass bitte, bitte deiner Tochter ihren kindlichen Glauben. Keine Sorge, es schadet deiner Kleinen nicht, wenn sie an den Samichlaus glaubt! Im Gegenteil. Die Illusion regt die Fantasie an und unterstützt laut Psychologen die kognitive Entwicklung. Denn Kinder im Samichlausen-Alter, also Vier- bis Sechs-Jährige, durchlaufen die sogenannte «magische Phase». Mit vielen Geistern, Feen und Gespenstern, sprechenden Puppen und Fahrzeugen. Da passen Samichlaus und Christichindli wunderbar dazu!
Die Illusion hält teilweise erstaunlich lange. Ganz viele Kinder meiner Freunde glauben noch an den Samichlaus, obwohl sie längst in der Schule sind. Das finde ich wunderbar!
Glaub mir, auch wenn der Zauber irgendwann bröckelt, ist kein Kind seinen Eltern böse, dass es angelogen wurde. Sobald sie ins «Geheimnis der Erwachsenen» eingeweiht sind, und wissen, dass der Chlaus «nur» verkleidet ist, packt sie meist ein grosser Stolz. Schliesslich gehören sie nun zu den Grossen und wissen Bescheid. Gerade ältere Geschwister sind denn auch wunderbare Geheimnishüter und lassen den Jüngeren deren Fantasie. Sie reichern sie sogar genüsslich an und schauen verschmitzt zu den Eltern, weil sie ja nun wissen was Sache ist. Schliesslich ist der Samichlaus «für kleine Kinder», «ein Märchen», etwas für «Babys».
Lieber Marcello, ich wünsche dir, dass du dich, zusammen mit deiner Tochter auf den Samichlaus einlassen kannst. Sie wird es dir danken und für dich ist es bereichernd.
Ich mag mich noch gut an unseren letztjährigen Samichlaus-Besuch erinnern. Wir waren mit unseren Mädchen im Samichlause-Hüsli. Aus irgendeinem Grund standen da plötzlich zwei Schmutzlis. Ein Schicht-Wechsel, der eigentlich unbemerkt hätte geschehen sollen. Der eine stand im Häuschen drinnen, der andere kurz draussen. Unsere damals knapp Dreijährige registrierte jedenfalls einen Chlaus und zwei Schmutzlis und fragte: «Mami, da sind zwei Schmutzli’s – sind das Schwestern?» Eine schöne und auch lustige Erinnerung für die ganze Familie ist entstanden.
Lieber Marcello, ich hoffe sehr, dass ich dich überzeugen konnte und wünsche dir eine tolle Adventzeit!
Herzlich, Romina
Unsere Expertin für Familienfragen
Nie waren Eltern so gut informiert wie heute. Und nie war es schwieriger, im Dschungel aus Ratgebern und Internetforen den besten Weg für den eigenen Nachwuchs zu finden. Unsere Familien-Expertin Romina Brunner hilft, Ordnung zu schaffen. Regelmässig berät die zweifache Mutter und Journalistin die SI-Family-Community zu Themen und Fragen aus dem Familienalltag.