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Romina weiss Rat

Geschwister-Streit hat auch positive Seiten

Geschwisterstreit ist eigentlich völlig normal. Wenn die Kinder allerdings aus purer Langeweile zanken, kennt Familienexpertin Romina Brunner einen Trick.

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jungs die streiten
plainpicture/Jakob Börner
Romina Brunner, SI Online Familien Bloggerin, bei sich zu Hause in Birchwil ZH, am 09.11.2018, Foto Lucian Hunziker
Romina Brunner

Streit ist bei meinen beiden Jungs an der Tagesordnung. Sehr oft zoffen sie sich um die Spielkonsole oder streiten darüber, wer zuerst welches Game spielen darf. Ist es normal, dass Kinder so viel zanken? Und wann soll ich einschreiten? — Myrte

Liebe Myrte

Hast du gewusst, dass sich Geschwister im Schnitt alle 17 Minuten in die Haare kriegen? Kleinkinder im Alter von zwei bis vier Jahren geraten sogar alle zehn Minuten aneinander. So viel zu den Fakten. Die Auswertungen stammen nicht etwa von genervten Eltern, sondern von Forschern aus den USA. 

Diese haben zum Glück auch herausgefunden, dass die Konflikte zwischen Geschwisterkindern mit zunehmendem Alter abnehmen. Und dass die Frequenz der Streitigkeiten nichts darüber aussagt, wie nahe sich die Geschwister im Erwachsenenaltern einmal stehen werden.

Fragt Romina!

Habt ihr auch ein Thema, das euch beschäftigt? Dann schreibt ein Mail an romina@schweizer-illustrierte.ch

Spielkonsolen sind der häufigste Streitverursacher in Familien

Es erstaunt mich aber nicht, dass sich die Streitigkeiten bei deinen Kindern mehrheitlich um die neuen Medien drehen. Laut der Berner Familien-Psychotherapeutin Joëlle Gut sorgt nämlich kein anderes Thema in den heutigen Familien so oft für Zank wie der Gebrauch von Spielkonsolen und Tablets. Fragen wie: «Wer darf das Ipad zuerst haben?», «Wer darf wie lange gamen» und «welches Kind darf das Spiel auswählen» sind in den heutigen Familien fast schon Standard.

Der Trennungs-Trick hilft gegen Streit

Ein neues Phänomen sei jedoch, dass sich Kinder zunehmend aus Langeweile zanken. «Viele Kinder wissen schlicht nicht, was sie mit sich anfangen sollen», so Gut. «Sie gehen dann in den sogenannten Game-freien Zeiten auf ihre Geschwister los. Vorwiegend weil sie gelangweilt sind und nicht wissen wie sie die Zeit totschlagen sollen.»

In solchen Fällen bewähre es sich, den Nachwuchs konsequent zu trennen. Gut empfiehlt, die Streithähne zum Beispiel eine Woche lang nach der Schule gleich in ihre Zimmer zu schicken. «Die gemeinsame Zeit müssen sie sich erst wieder verdienen. Das sind zu Beginn vielleicht 20 Minuten, danach eine Stunde und so weiter. Meist merken die Kinder so ganz rasch wieder, was sie aneinander haben.»

Streit ist eine wertvolle Quelle für soziale Kompetenzen

Liebe Martina, wir Erwachsene machen es uns gerne zum Ziel, Kinderstreit möglichst zu verhindern. Doch Auseinandersetzungen gehören zum Zusammenleben und sie sind in einem gesunden Mass auch normal, solange keine Gewalt im Spiel ist.

«Nur wer übt, sich mit anderen auseinanderzusetzen, kann sich in sie hineinversetzen. Den richtigen Umgang mit Auseinandersetzungen lernen Kinder erst durch Kompromisse, die sie selbst gefunden haben», sagt die deutsche Erziehungswissenschaftlerin Margerite Blank-Mathieu.

Auch der verstorbene dänische Familientherapeut Jesper Juul war überzeugt, dass «Streit eine sehr wertvolle Quelle für das Selbstwertgefühl und die sozialen Kompetenzen des Kindes ist.» Trotzdem finde ich es wichtig, dass du hinschaust! Geht es deinen Kindern tatsächlich um die Spielkonsole oder steckt etwas anderes dahinter? Fühlt sich ein Bub benachteiligt? Braucht ein Kind mehr Aufmerksamkeit? 

Wie reagierst du? Ergreifst du instinktiv Partei für den Jüngeren? Das kann für das ältere Kind verletzend sein und allenfalls zu weiteren Provokationen führen. 

Romina Brunner hat selbst oft mit ihrem Bruder gestritten

Manchmal hat Geschwisterstreit einen ganz anderen Auslöser, als von uns Erwachsenen vermutet. Gerade auch darum ist es entscheidend, dass ihr euch austauscht und gemeinsam nach Lösungen sucht.

Du kannst hierfür eine Art Vermittlerrolle übernehmen. Im Gespräch geht es nicht darum, einen Schuldigen zu suchen, sondern neue Sichtweisen aufzuzeigen. Nur so, da bin ich überzeugt, ergibt sich am Ende eine konstruktive Lösung. Nur so kann auch das gegenseitige Verständnis wachsen. Und vor allem: Durch das gegenseitige Zuhören bekommen Eltern mit, was die Kinder tatsächlich beschäftigt.

Ich habe mich mit meinem Bruder auch viel gestritten. Im Kleinkindalter ging er oft auf mich los. Später wendete sich das Blatt und ich griff ihn auch mal verbal an. Vorwiegend nach der Schule am Mittagstisch, was meine Mutter und unsere jüngere Schwester nicht so spassig fanden.

Meine Attacken folgten aber nicht aus Streitsucht, im Gegenteil, geärgert und verletzt hat mich, dass ich mich auf dem Pausenplatz ständig für ihn stark machen musste, weil er wieder einen älteren Knaben provoziert hatte und dieser sich bei mir beklagte. Gegen aussen verteidigte ich ihn bis aufs Blut, dafür aber musste er daheim büssen.

Herzlich, Romina

Unsere Expertin für Familienfragen

Nie waren Eltern so gut informiert wie heute. Und nie war es schwieriger, im Dschungel aus Ratgebern und Internetforen den besten Weg für den eigenen Nachwuchs zu finden. Unsere Familien-Expertin Romina Brunner hilft, Ordnung zu schaffen. Regelmässig berät die zweifache Mutter und Journalistin die SI-Family-Community zu Themen und Fragen aus dem Familienalltag.

Von Romina Brunner am 28. August 2019 - 11:07 Uhr