Kaum auf dem Bolderhof in Hemishofen bei Stein am Rhein SH angekommen, hält Seya Nick, 7, ein Huhn in den Armen. Er streckt es Mami Jasmin, 40, und Papa Emmanuel Nick, 33, zum Streicheln entgegen, dann seinen Schwestern Miya Malou, 5, und der eineinhalbjährigen Lua. «So herzig!»
Vor dem Freilaufstall sind die beiden Kühe angebunden, mit denen die Familie aus Hausen bei Brugg AG gleich ausreiten wird. Sabine Engl, landwirtschaftliche Angestellte am Bolderhof, zeigt ihnen den Betrieb. Die beiden Silohüsli, zwei zu Familienzimmern umgebaute kleine Silos, das Massenlager, die kleine Käserei, das Lager mit den biologischen Gemüse-, Käse- und Fleischspezialitäten sowie den riesigen Stall mit achtzig Wasserbüffeln, vierzig Kühen und einem Muni.
Für die zehn Reitkühe des Biohofs von Heinz und Doris Morgenegg ist Sabine zuständig. Sie nennt die mächtigen Vierbeiner «kleine Maus» oder «Schätzchen». Da Nicks Kinder noch klein sind – in den grösseren Gruppen dürfen normalerweise erst Buben und Mädchen ab zehn Jahren auf einer Kuh reiten –, hat sie die ruhigsten ausgewählt: Irma und Milena. Milena ist gross und kräftig, Irma etwas kleiner, aber mit ihren 16 Jahren die erfahrenste Reitkuh. Sie hatte Sabine einst von sich aus signalisiert, dass sie gern eine Reitkuh wäre: «Als ich ihre ersten Kolleginnen für Ausritte aus dem Stall holte, stellte sie sich immer zuvorderst hin», erzählt Sabine. Kühe mit passendem Temperament führt sie vorerst am Halfter spazieren. «Wenn sich eine gut führen lässt, versuchen wir, auf ihr zu reiten.»
Der erste Reiter ist immer «der halbe Heinz», eine mit Sand gefüllte Hose von Chef Heinz Morgenegg. «Aber erst wenn auch ich ein paarmal auf einer Kuh reiten konnte, ist sie bereit für die Bolderhof-Gäste», sagt Sabine. Sie reicht den Nicks Äpfel, die sie Irma und Milena entgegenstrecken. Mit der langen Zunge stecken sich die beiden die Leckerbissen ins Maul. Sabine zeigt der Familie, worauf sie achten muss: immer vor oder neben der Kuh laufen, die Kühe nicht fressen lassen, sie mit der Gerte leicht antippen, wenn sie auf einen Befehl nicht folgen, das Halfter nicht um die Hand wickeln, damits keine Verletzungen gibt, wenn sie ziehen.
Als Erste dürfen Miya Malou und Seya aufsteigen. Sabine und Mama Jasmin führen die Kühe, Papa Emmanuel fährt die kleine Lua im Buggy nebenher. «Das ist so schön warm hier oben!», sagt Seya strahlend. «Eine Kuh ist eben besser als jede Sitzheizung!», erwidert Sabine lachend.
Auf Feldwegen spazieren sie zum nahe gelegenen Rhein, wo Irma und Milena trinken dürfen. Auf dem Rückweg mag die kleine Lua nicht mehr im Buggy sitzen. Und Papa und Mama würden auch gern mal ein Stück reiten. «Aber nicht auf meiner Milena!», ruft Seya. «Nur kurz, damit ich mal sehe, wie es sich anfühlt», sagt Papa. Er steigt für ein paar Schritte auf, danach Mama Jasmin mit Nesthäkchen Lua. Das ist der Kleinen aber nicht ganz geheuer – dann doch lieber wieder zurück in den Buggy! Seya ists recht. Zurück auf dem Bolderhof, serviert ihnen Chefin Doris Morgenegg ein Zvieriplättli. Auch für die Reitkühe gibts nochmals ein «Leckerli», und Irma legt ihren Kopf in Sabine Engls Arme, um sich streicheln zu lassen. Dann macht sich Familie Nick auf den Heimweg in den Aargau. Nächstes Mal will Seya über Nacht bleiben. Er hat gesehen, dass man im Silohüsli das Dach öffnen kann. Unter freiem Himmel lässt sich bestimmt wunderbar träumen – von zahmen Hühnern und trabenden Kühen.
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