Es ist düster im Raum. Nur die Digitaluhr leuchtet mit hellen Ziffern: 60:00. Eine Stunde. So lange haben Nicole Simmen und ihre beiden Töchter Kim, 13, und Lou, 11, Zeit, sich zu befreien. Noch sind sie mit Handschellen an die Wand gekettet und haben keine Ahnung, wo sich der Schlüssel befindet. Fieberhaft tasten die Mädchen die Umgebung ab. Mama Nicole versucht, mit dem Fuss verschiedene Gegenstände im Raum zu erreichen. Holzkisten liegen hier. Tennisbälle dort. An der Wand hat es eine Schablone, und in der Ecke steht eine Kommode, deren Schubladen mit einem Vorhängeschloss gesichert sind. 58:35 - der Countdown läuft.
Das Szenario macht den drei Frauen sichtlich Spass. Ihr Ausbruchsabenteuer findet in den Adventure Rooms Luzern statt. Es ist ein Live-Escape-Spiel, in dem die Teilnehmer versuchen, unter Zeitdruck einem Raum zu entfliehen. In Bern, Chur, Davos und Zürich gibt es solche Rätselparcours. Oder eben hier in Emmenbrücke, wo Nicole, Kim und Lou es soeben geschafft haben, die Handschellen zu lösen. Aus dem Raum raus sind sie deswegen aber noch lange nicht!
Um den Schlüssel zu finden, brauchte das Trio Fingerspitzengefühl und Geschick, jetzt ist Grips gefragt: Nicole, Kim und Lou stehen vor vier unscheinbaren Holzkisten. Was sollen sie bloss damit? «Darüber kannst du dir jetzt den Kopf zerbrechen», sagt Nicole zu ihrer älteren Tochter. «Du machst schliesslich das Gymi.» Als die Uhr 46:32 Restminuten anzeigt, ist auch dieses Rätsel gelöst. Die Holzabsperrung in der Raummitte lässt sich öffnen.
«Darüber kannst du dir jetzt den Kopf zerbrechen, du machst schliesslich das Gymi.»
Nicole Simmen
In den neu eingerichteten Adventure-Rooms in Emmenbrücke stehen drei Parcours zur Verfügung: «Die schwarze Königin», «Der goldene Dschungel» und «Das geheime Fenster». In letzterem befinden sich Nicole und ihre Töchter. Optik und Aufbau der Parcours erinnern an Computerspiele. Auch die Hintergrundmusik könnte aus der virtuellen Welt stammen. Lou, die bei den Schwiizergoofe ist, beginnt plötzlich, zum Beat zu tanzen. Ihre Mama und Schwester kombinieren unterdessen Farben, Formen und Zahlen mehrerer Puzzlestücke. Als der Countdown bei 38:50 steht, finden sie den vierstelligen Code, um die Ausgangstüre zu öffnen. «Yeah!»
Doch sie haben sich zu früh gefreut: Das Spiel ist noch nicht zu Ende, hinter diesem Raum verstecken sich weitere! Schnell zeigt sich, dass die Frauen nach einem Muster vorgehen: Jeder Raum wird erst mit den Augen gescannt, dann mit den Händen abgetastet und durchwühlt. Adventure-Rooms seien wie IQ-Tests: «Wir haben schon ein paar gemacht. Irgendwann entwickelt man ein Gespür für die Details, die zur Lösung führen könnten.» Es mache Sinn, bei einem einfacheren Parcours zu beginnen, sagt Nicole. Denn obwohl die Familie ihren Einsteiger-Parcours im Nachhinein als leicht bezeichnet, habe Mami damals «ziemlich geflucht», erzählt Kim.
«Irgendwann entwickelt man ein Gespür für die Details, die zur Lösung führen könnten.»
Nicole Simmen
Heute kommt das nicht vor. Die Familie löst alle Aufgaben im Team. Manchmal braucht es die kindliche Herangehensweise von Lou, die noch gar nicht allzu verzweigt überlegt. Manchmal das logische Denken der Gymnasiastin Kim. Und zwischendurch auch das pragmatische Vorgehen der erfahrenen Mutter. Bis zu 60 Personen können in Emmenbrücke gleichzeitig durch die Parcours gehen. «Wir haben Familien hier, die mit drei Generationen kommen. Aber auch Firmen, die ihren Mitarbeiteranlass bei uns planen.»
Als die Uhr nur noch wenige Restminuten anzeigt, hat es die Familie geschafft. Aber schon kommende Woche will Kim zurückkehren. «Ich feiere hier meinen Geburtstag und lade alle meine Freundinnen zur ‹schwarzen Königin› ein.»
Infos zu den aktuellen Öffnungszeiten und den Parcours in Emmenbrücke sowie verschiedenen Schweizer Städten finden Sie unter www.adventurerooms.ch