Für einmal wärs toll, wenn Sven, 12, schon Pickel hätte. Ein fettiger Nasenrücken erleichtert das Überleben in der freien Natur ungemein – jedenfalls, wenn es darum geht, Feuer zu erzeugen. Der Teenager soll nämlich, so der Survival-Experte Markus Vogler, Talg benutzen, um seine Feuerspindel auf der oberen Seite zu fetten. So flutscht sie gut, während der untere Teil auf dem Holzbrett starke Reibung, Wärme, Rauch und dann Glut erzeugt. Soweit die Theorie. Noch sind Sven und sein Papa Peter weit weg vom ersten eigenen Feuer. «Wenn du es alleine hinkriegst, schenke ich dir meinen selbst geschmiedeten Feitel», verspricht Markus Sven.
So ein Feitel taugt in der Wildnis mehr als ein multifunktionales Taschenmesser, das merken Sven und Peter schon, als es darum geht, einen Fichtenstamm zu schlagen, um daraus Holzbrett und Spindel fürs Feuerset zu spalten. Richtig angesetzt und mit einem schweren Ast als Schlaghilfe lässt sich das Messer wie ein Beil einsetzen.
Vater und Sohn verbringen einen Tag im Bushcraft-Workshop. Ziel ist es, eine Mahlzeit auf den Tisch zu kriegen aus dem, was die Natur hergibt. Ein wenig Mehl haben die Abenteurer bereits mit dabei. Auch wenn Nahrung in der Reihenfolge der vier Säulen des Überlebens an letzter Stelle kommt. «Als Erstes baut man sich eine Unterkunft. Dann macht man Feuer. Schliesslich sucht man Wasser, das man abkochen kann. Und zuletzt geht es darum, Nahrung aufzutreiben», sagt Markus.
Der Snowboarder und Musiker ist vor zwölf Jahren zum ersten Mal in den Wald gezogen, um zehn Tage ohne Hilfsmittel für sich allein zu sorgen. «Damals bin ich zum Mann geworden.» Heute bildet er in seiner Organisation Natur-Leben selbst Überlebenstrainer aus und schreckt nicht einmal davor zurück, eine Maus mit Haut und Schädelknochen zu verspeisen. «Knusprig, aber nicht wirklich gut.»
Seinen Schützlingen bietet er Weisstannennadeln zum Knabbern an. «Vorsicht, nie mit giftiger Eibe verwechseln!» In seiner Begleitung erscheint der Wald wie ein Gemischtwarenladen der Geschmäcker. Von den 3600 Blütenpflanzen in der Schweiz sei die Hälfte essbar, sagt Markus. Da gibt es erfrischenden Sauerklee und Bärlauchknospen. «Die Samen lassen sich später trocknen und in der Pfeffermühle verwenden.»
Die Blättchen des Gundermann schmecken nach Geisskäse, Buchensprossen sind nussig, und Teufelskrallenwurzeln bieten karottigen Knabberspass. Und was ist mit dem Fuchsbandwurm? «Das Risiko ist minim. Die grösste Gefahr in Schweizer Wäldern stellen die Zecken dar.»
Schon nach 30 Minuten im Wald hat das Trüppchen einen Zmittag beisammen. Sogar eine Bratpfanne findet sich im Busch. «In der Schweiz ist echtes Survival nicht möglich, irgendwo gibts immer einen Autoreifen oder eine Blechbüchse als Hilfsmittel», sagt Vogler. Was er an Plastikschrott findet, räumt er zusammen, um es später zu entsorgen. «Verlasse einen Platz besser, als du ihn vorgefunden hast.»
Endlich sind die Feuerutensilien zusammen. Als Schnur für den Bogen, der die Spindel antreibt, würde eine Fichtenwurzel dienen, Svens Schuhbändel ist aber die komfortablere Lösung. Nun gehts ans Werk: Sven probiert und probiert, kriegt aber allein keine Glut hin. Erst als Peter die Spindel festhält, während Sven den Bogen bewegt, klappts. Erst langsam anschleifen, dann etwas schneller. Schon steigt Rauch auf. Zack!
Das ging aber schnell! Jetzt nur noch das vorbereitete Zundernestli aus trockenem Gras und Blättern in den Wind halten, bevor die Glut erlischt. Und schon können Vater und Sohn voller Stolz um «öise Föik!» tanzen!