1. Home
  2. Family
  3. Freizeit
  4. Ausflug mit Kindern und Gummiboot: Tipps für Fluss und See
Tipps vom Experten

So macht ihr beim Böötlen mit Kindern alles richtig

Jedes Jahr sterben in der Schweiz rund fünf Personen beim Bootfahren auf Seen oder Flüssen. Im Gespräch mit schweizer-illustrierte.ch erklärt Experte Philipp Binaghi, worauf man beim Familienausflug mit dem Gummiboot unbedingt achten sollte.

Artikel teilen

Bub Schlauchbott Ausflug Familie

Ob See oder Fluss: Einen Ausflug mit dem Gummiboot sollte man im Voraus gut planen.

Getty Images

Der tragische Unfalltod von «Glee»-Star Naya Rivera, †33, rüttelt uns wach. Die Schauspielerin ist am 8. Juli bei einem Bootsausflug mit ihrem vierjährigen Sohn auf dem Lake Piru nordwestlich von Los Angeles ertrunken.

Auch in der Schweiz sterben jedes Jahr durchschnittlich fünf Personen beim Bootfahren auf Flüssen oder Seen wie die Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU festhält.

«In Seen und Flüssen wirken Naturkräfte, die wir nicht unterschätzen sollten», sagt Philipp Binaghi, 43, Sprecher bei der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG. Im Gespräch mit schweizer-illustrierte.ch. verrät er uns die wichtigsten Tipps für einen möglichst sicheren Familienausflug auf dem Wasser.

1. Plant die Bootsfahrt wie eine Reise

Gerade an heissen Tagen zieht es viele Familien spontan aufs Wasser. So ein bisschen Böötlen gehen tönt im ersten Moment nach einer einfachen und schnellen Sache. Ein Gummiboot haben viele Haushalte zur Hand, eine Pumpe ebenso. Also einpacken und los. 

«Bei einem Bootsausflug auf dem Wasser ist es wie bei einer Reise. Die plant man als Familie auch im Voraus, schaut sich die Route an und macht eine Checkliste. Ein gewisses Mass an Sicherheitsvorkehrungen sollte jedesmal unbedingt getroffen werden. Wasser ist und bleibt ein Element, das seine Tücken haben kann», sagt Binaghi.

Philipp Binaghi SRLG Juli 2020

Philipp Binaghi, 43, ist Mediensprecher bei der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG.

ZVG
2. Kauft die richtige Ausrüstung

Die Vorbereitung fängt schon mit der richtigen Ausrüstung an. Das Gummiboot etwa sollte über mehr als eine Luftkammer verfügen, die voneinander getrennt sind. Als Beispiel nennt der Experte den Bootsboden: «Wenn wir hier links und rechts zwei verschiedene Kammern haben, kann die eine Hälfte bei einem Luftverlust die andere Hälfte stützen und das Boot geht nicht gleich ganz unter.»

Beim Paddel sollte man unbedingt auf festes Material wie beispielsweise Alu- und nicht auf billige Plastikstangen setzen. «Mit festem Material lässt es sich stabiler und einfacher manövrieren. Plastikstangen dagegen verbiegen sich, wenn bei Hindernissen wie Brückenpfeilern oder grossen Steinen ein Ausweichmanöver mit hoher Schlagintensität ansteht.»

Gummiboot Mädchen mit Schwimmweste

Kann Leben retten: Die Schwimmweste sollte bei Kindern nicht zu gross sein und nicht zu lose angezogen werden.

Getty Images

Auch wenn es keine Pflicht ist, rät der Experte dringend zum Tragen einer Schwimmweste: «Und zwar sollte man sie von Anfang an anziehen. Wenn das Boot kippt, nützt es schliesslich nichts, wenn die Schwimmweste irgendwo im Boot verstaut liegt.»

Philipp Binaghi: «Ein Ausflug mit Kindern am oder auf dem Wasser ist ein Knochenjob. Das hat nichts mit Erholung zu tun.»

Egal, welches Modell man am Ende kauft, wichtig bei Kindern ist, dass die Schwimmweste nicht zu gross ist und nicht zu lose angezogen wird. «Persönlich bin ich Fan von Schwimmwesten mit festen Auftriebskörpern», so Binaghi.

3. Verantwortung liegt bei den Erwachsenen

Ertrinken kann leider sehr schnell und bei kleinen Kindern geradezu lautlos geschehen. Der Experte findet dafür deutliche Worte: «Ein Ausflug mit Kindern am oder auf dem Wasser ist ein Knochenjob. Das hat nichts mit Erholung zu tun. Die meisten Unfälle passieren, weil Erwachsene ihre Aufsichtspflicht vernachlässigen und beispielsweise am Handy oder am Plaudern sind.»

Die Verantwortung liege dabei ganz klar bei den Erwachsenen. «Das Risikobewusstsein bei Kinder beginnt sich gemäss Entwicklungspsychologen erst zwischen dem 8. und 9. Lebensjahr zu entwickeln. Kurz: Kinder können die Gefahr nicht richtig einschätzen.»

Eltern empfiehlt der Experte Flussfahrten nur dort zu machen, wo man die Verhältnisse wirklich kennt. Auch eine realistische Selbsteinschätzung ist zentral: Was sind meine Fähigkeiten als Erwachsener? Kann ich das Gummiboot steuern? Habe ich die Kinder im Griff und bringe ich alles unter einen Hut? 

Thunersee Spiez Kanton Bern Schweiz Juli 2020

Vorsicht beim Köpfler in den Thunersee: Bereits 50 Zentimeter unter der Wasseroberfläche ist das Wasser eiskalt.

Getty Images
4. Das sind die Tücken bei Fluss und See

Flüsse und Seen bergen unterschiedliche Gefahren. «Die dritte Dimension beim Fluss ist die Strömung. Sie macht alles schneller, unberechenbarer. Hinzu kommen Verwirbelungen, Wasserwalzen und Hindernisse wie grosse Steine oder ein Wehr», erklärt Philipp Binaghi. Der Fachmann rät Eltern, die Ein- und Ausstiegsstelle im Vorfeld gut abzuklären. «Mit Kindern eignen sich flache Einstiegsstellen mit wenig Strömung am besten.»

Philipp Binaghi: «Die Wassertemperatur bei einem See ist wie eine Schwarzwäldertorte. Oben kann es schön warm sein und bereits 50 Zentimeter weiter unten zehn Grad kälter.»

Auch ein See hat seine Tücken. Der Zu- und Abstrom erzeugt ebenfalls eine Strömung. Das Ufer kann flach und zugänglich oder steil und unzugänglich sein. Nicht zu unterschätzen ist die von See zu See unterschiedliche Beschaffenheit der Wassertemperatur.

«Das passiert in Sprungschichten. Man muss sich die Wassertemperatur bei einem See wie eine Schwarzwäldertorte vorstellen. Oben kann es schön warm sein und bereits 50 Zentimeter weiter unten zehn Grad kälter. Der Thunersee ist ein solches Beispiel. Wenn man da vom Boot aus unangenetzt einen Köpfler in den See macht, kann es aufgrund des plötzlichen Temperaturunterschieds einen Schock auslösen.»

5. Checkliste mit den wichtigsten Tipps
  • Flussroute vorher gut abklären, auch wo man gut ein- und aussteigen kann
  • Gummiboot mit mehreren Luftkammern
  • Paddel mit festem nicht allzu biegsamen Material
  • Rettungsweste immer tragen
  • Sonnenschutz für Kopf, Nacken und Haut
  • Boote nicht zusammenbinden
  • Kinder niemals an einem Boot festbinden
  • Auf Alkohol und Drogen verzichten

Die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG hat mit ihren sechs Flussregeln die wichtigsten Punkte zusammengefasst. Alle Infos dazu findet ihr hier.

Was sind eure Erfahrungen mit Gummiboot-Ausflügen auf dem See oder Fluss? Wir freuen uns auf eure Beiträge in der untenstehenden Kommentarspalte.

Von Maria Ryser am 17. Juli 2020 - 17:34 Uhr