Staunend schaut Sofia, 8, um sich, als sie das Holzhaus betritt. Statt einer Glocke kündigt hier ein Gitarrenspiel die Besucherin an. Ihre Augen leuchten vor Aufregung! Heute will die kleine Ukulelenspielerin mit ihrer Freundin Mara, 8, einem echten Gitarren- und Ukulelenbauer über die Schultern schauen.
Claudio Schär, 30, und sein Vater Werner, 60, freuen sich über die neugierigen Blicke in ihrer Werkstatt in Andeer GR. Seit fast 40 Jahren baut Senior Schär nun schon Gitarren. Seit er selber eine winzige spanische Gitarrenwerkstatt besuchte. «Ich war verliebt in den Klang dieses Instruments. Aber als ich da stand, wusste ich: Das will ich auch können!»
Kinder spielen Ukulele
Die Entscheidung führte ihn nicht auf den Holzweg. «Als ich die Gitarre eines Kumpels kaputt machte, versprach ich vollmundig, ihm eine neue zu bauen.» Das Holz dafür besorgte der Autodidakt bei einem Pianobauer. «Hinter dem Ladentisch stand meine spätere Frau Cecilia», erinnert sich Werner Schär.
Instrumenten-Baukurse bietet die Familie seit 2008 an. «Mein Beruf ist eigentlich ein einsamer. Jetzt geniesse ich es, Leute in der Werkstatt zu haben.» Im Familienbetrieb baut Sohn Claudio die Ukulelen. Passen die Südseeklassiker denn ins bündnerische Andeer? «Wir bauen eine eigene Version, nehmen möglichst nur einheimische Hölzer», erklärt Claudio und hobelt vorsichtig an einer Holzlatte.
Kinder bauen eine Ukulele
Auch Mara und Sofia lassen die Späne fliegen. «Oben soll es wie ein Kathedralendach geformt werden», leitet Claudio die Mädchen an. Mit einer Japansäge trennt Mara überschüssiges Holz ab. Die Arbeit mit dem scharfen Stechbeitel übernehmen die Erwachsenen. An einer Ukulele baut ein Laie im Kurs fünf Tage. Da manche Arbeiten komplex sind, empfehlen die Schärs ihre Kurse für Kinder ab 10 Jahren in Begleitung der Eltern. Stolz zeigen die Gitarrenbauer ihr Lager mit unzähligen Holzsorten, lassen die Mädchen an Zedernholz riechen. Auch edles Nussund Obstbaumholz lagert hier.
Jetzt schnappt sich Sofia eine Ukulele. «So geht das, Mara!», ruft sie und legt los. Mit einem anderen Modell im Arm staunt Mara nicht schlecht und schlägt ein paar Saiten an. So schwer kann das doch nicht sein. Werkstattkater Pünktli scheint die Katzenmusik zu mögen und legt sich vor dem Duo auf einen Tisch. In der Werkstatt dampft und zischt es derweil. Werner Schär biegt die Seitenteile einer Gitarre, die Zargen, an einem heissen Eisen zurecht. Damit das Holz bei 300 Grad keine Risse bekommt, besprühen die Mädchen es überenthusiastisch mit Wasser. «Jetzt wirst du geduscht, Papa», lacht Claudio.
Auch die nächsten zwei Stationen treffen bei den Freundinnen voll ins Schwarze. Kunstvoll gestaltet Werner Schär aus winzigen Holzstücken bunte Schalllochverzierungen. «Puzzeln!», ruft Mara begeistert, als sie den Tisch mit den Einlegearbeiten sieht. Stückchen für Stückchen muss das Rund zusammengesetzt werden. Millimeterarbeit. «Man kann die Verzierungen auch kaufen, aber ich mache gern mein eigenes Muster», so der Meister.
Sofia bewundert danach kleine, blutrote Plättchen, die Claudio aus einem grossen Glas im Holzregal holt. «Das ist Schellack. Damit bestreichen wir unsere Gitarren. Der Rohstoff besteht aus Ausscheidungen von Läusen.» Das finden die Mädchen richtig «Igitt!» – aber schön sieht die lackierte Ukulele trotzdem aus. Frisch gestimmt klingt sie süss nach Südsee, und draussen tanzen die Schneeflocken dazu.