Noch ist das Shoppingcenter in Rümlang ZH etwas verwaist, als die Gruppe, bestehend aus zehn Kindern zwischen 10 und 14 Jahren und einer Mama, auf die erste Etage zusteuert. Hier befindet sich das Flip Lab, eine neue Trampolinhalle mit rund 120 Sprungplattformen und Ausblick auf den Flughafen Zürich. Dessen Anflug- und Abflugpisten sind gerade mal gut zwei Kilometer entfernt. Na dann, guten Flug, Kinder!
«Die Verletzungsgefahr ist nicht gerade unerheblich.»
Pasha Antonov, Instruktor
Aber bevor die Kids zu ihren Höhenflügen auf den Trampolinen ansetzen, gilt es, einige Regeln zu befolgen: Ohrschmuck sowie Ringe müssen abgelegt und rutschfeste Socken angezogen werden. Es folgt ein kurzes Aufwärmtraining mit Pasha Antonov, 36. Der Instruktor im Flip Lab, ursprünglich ein ausgebildeter Balletttänzer, überwacht mit scharfem Blick die Kinder, die wie «Gumpibälle» durch die 3000 Quadratmeter grosse Halle spicken. «Wichtig ist, dass die Besucher ihre Körperspannung und ihren Gleichgewichtssinn richtig einschätzen können», so Antonov. «Sonst ist die Verletzungsgefahr nicht gerade unerheblich.»
Nichtsdestotrotz: Trampolinspringen ist derzeit schwer angesagt. Es trifft den Nerv der Zeit. Überall spriessen Hallen aus dem Boden wie Ranunkeln im Frühling. Im letzten August eröffnete das Bounce Lab in Belp BE, im November das Rümlanger Flip Lab, zwei Monate später die Jump Factory in Münchenstein BL. Und diesen Herbst soll der Jumping Dome in Rohrbach BE seine Tore öffnen. «Die Mischung aus Spiel und Sport, Adrenalin und Wettkampf macht es so attraktiv», sagt Pasha. «Ausserdem werden dabei kleinste Muskelpartien beansprucht, und man verbrennt dreimal so viele Kalorien wie beim Joggen.»
Und dann gibt es noch die TV-Event-Shows wie «Ninja Warrior», «Ultimate Beastmaster» oder «Big Bounce», die auch ihr Übriges dazutun. Im Flip Lab gibts darum nicht nur Trampoline, sondern auch einen Base-Ninja-Parcour und eine Big-Bounce-Strecke. Und auf diese rasen die Kids gerade zu.
Die Mission auf der etwa 150 Meter langen Strecke verlangt, über imposante Hindernisse höher, schneller und weiter zu springen als die Gegner. Viertklässler Ilja, 10, drückt am Start den roten Buzzer. Die Zeit läuft. Eine Sekunde, zwei Sekunden, drei Sekunden. Ilja flitzt über die Hindernisse, als gäbs keine Schwerkraft. Er hüpft, hopst, springt und hechtet zurück zum Buzzer. Stopp! 33,4 Sekunden. Nicht schlecht, das Ergebnis!
«Der mobile Medienkonsum bewirkt Haltungsschäden, die sich beim Springen bemerkbar machen.»
Pasha Antonov, Instruktor
Seine Mutter Franziska Langegger, 47, beobachtet derweil im kleinen Bistro auf der Galerie die muntere Szenerie. Bis vor einem Jahr hat sie mit ihrer Familie in Hongkong gelebt. Dort haben ihre drei Kinder Ilja und die Schwestern Allegra, 12, und Vega, 13, solche Hallen kennen- und lieben gelernt. Und freuen sich umso mehr, dass es auch in der Nähe von Zürich eine gibt. Der Eintritt kostet 26 Franken pro Kind und Stunde. Zwei Stunden Spielspass sind dabei die oberste Grenze, denn nach gut 45 Minuten Nonstop-Springen sind die Kids ziemlich ausgepowert. Einigen zwickt es sogar im Rücken. «Daran ist das Handy schuld», sagt Pasha Antonov. «Der mobile Medienkonsum bewirkt Haltungsschäden.»
Doch in dieser Halle ist das Handy für einmal kein Thema. Hier wollen die Kinder der Schwerkraft ein Schnippchen schlagen und einfach mal fliegen. So wie die Flugzeuge auf der andern Strassenseite.