Wenn das beim Zimmeraufräumen nur genauso leicht ginge! Seit bestimmt 20 Minuten schauen Daniel und Karin Marti ihren vier Kindern dabei zu, wie diese den Eselstall herausputzen. Naomi, 4, und Josia, 6, halten die Schaufeln, während Silas, 8, und Eliane, 10, mit Mistgabeln Stroh draufpacken. Das Ganze landet in einer Schubkarre, die Papa schliesslich abtransportiert. Bald wollen die Kleinen ihre Mützen ausziehen, so warm wird ihnen bei der strengen Arbeit. Die Backen sind gerötet vor Elan und Freude. Schon lange haben die Kinder von dieser Erfahrung geträumt: Tierpfleger zu sein für einen Tag!
Im Tierpark Johns kleine Farm im bernischen Kallnach ist das möglich. «Wir sind mehr als ein Zoo.» Auf dem 1,3 Hektar grossen Gelände im Dorfkern ist in den vergangenen über 20 Jahren eine Ausbildungsstätte für Tierliebhaber entstanden, ein «Bindeglied zwischen Menschen und Natur». Das Angebot ist breit: vom einfachen Besuch über die schulische Führung bis hin zum Erlebnistag, den die Martis gebucht haben. Sie dürfen Tierpfleger Mättu unter die Arme greifen. Und der hat schon frühmorgens gewarnt: «Ihr werdet zupacken müssen. Mein Job besteht zu 90 Prozent aus Putzen.» Der Stall der ungarischen Barockesel ist erst der Anfang. Über 360 Tiere aus 74 Arten wollen an diesem Tag versorgt werden. Aber auch schmusen, lernen und sich ein wenig gruseln steht auf dem Programm.
Die zweite Station ist das Vivarium. «Wer traut sich, eine Schlange auf den Arm zu nehmen?», fragt Mättu. Eliane hat keine Berührungsängste. «Die ist ja gar nicht schleimig», sagt sie verwundert, als sie Baghira, eine Königspython, hochhebt. Bei den Vogelspinnen ist sie vorsichtiger, dafür hält Mama dem kleinen Achtbeiner die Hand hin. «Bitte jetzt nicht ruckartig bewegen», sagt Mättu. «Wenn die Spinne zu Boden fällt, platzt ihr Abdomen und sie stirbt.» Im Hintergrund pfeift Graupapagei Albert einen Song aus der Hitparade.
Nach dem Händewaschen («sonst gefährdet ihr die Tiere, weil sie untereinander Krankheiten verbreiten könnten») ist Geniessen dran! Mättu holt die verschmusten Dachse. Einer von ihnen sei als Waisenkind im Zoo angekommen und von den Füchsen aufgezogen worden. Ob er sich jetzt für einen Fuchs halte, wollen die Kinder wissen? «Nein, aber der Fuchs denkt, er sei ein Dachs.» Tashina sucht Körperwärme und freut sich, dass Naomi ihr borstiges Fell streichelt. Dann schlüpft sie schnell in die warme Jacke des Tierpflegers. «So anschmiegsam, wie sie ist, würde man es nicht glauben, aber sie kann mit einem Biss einen Besenstiel zweiteilen.»
Schon gehts weiter. Die Füchse kriegen ihr liebstes Naschzeug: Mandeln. Die Minipigs Rösi und Änni lieben Rüebli und Trauben. Die Waschbären stehen am Zaun schon bereit, um die Familie zu begrüssen, und dann steht ein Spaziergang mit den Eseln und Kamelen in den nahe gelegenen Wald an. Zum Schluss schliesslich kommt das Highlight. Im hintersten Winkel des Geländes erstreckt sich das Luchsgehege. Mättu ist wachsam, nur wenn die beiden Luchse gut gelaunt sind, dürfen die Kinder mit ins Gehege. «Am besten kommen nur die beiden Grossen mit», entscheidet er.
Die eleganten Tiere lassen sich von Eliane und Silas den Bart kraulen. Plötzlich faucht einer. Er will wieder seine Ruhe haben, das gilt es, zu respektieren. «Kindern den Respekt vor Tieren und deren Lebensräume aufzuzeigen und sie zu Umweltschützern zu machen, das ist hier unser Hauptziel.»
Ein Tag mit dem Tierpfleger kostet CHF 120.– pro Person und dauert von 9 bis 16 Uhr. Infos auf www.johnskleinefarm.ch