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Neue CD «Worscht!» von Marius und die Jagdkapelle

«Wir Jäger sind frech mit den Eltern»

Die neuen Songs waren eingeübt, die Jägerkluft angezogen, die Gitarren gestimmt – dann kam die Coronakrise, und die Konzerte von Marius und die Jagdkapelle wurden bis auf weiteres abgesagt. Frontmann Marius Tschirky verrät, wie es den Jägern und ihren Frisuren geht – und welcher berühmte Bär mit ihnen singt.

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Marius und die Jagdkapelle

Würden gern endlich wieder live ins Jagdhorn blasen: Marius und die Jagdkapelle.

ZVG

Marius, du kommst frisch vom Coiffeur, wie fühlt es sich an?
Super! Die Coiffeuse musste aber nur korrigieren, was ich in der Quarantäne mit der Rasiermaschine selber geschnitten habe – oben und an den Seiten ging das gut, aber am Hinterkopf sah es noch etwas ausgefranst aus. Wir hatten aber Glück, meine Familie und die Band waren noch kurz vor dem Lockdown beim Coiffeur.

Noch grösser war wohl die Erleichterung, als eure neue CD «Worscht!» fertig war …
Ja, meine Familie traf das Coronavirus organisatorisch zum schlechtesten Zeitpunkt: Ich wusste, ich würde nur noch zwei Wochen Zeit haben, um die Jagdkapellen-CD zu mischen, das ist der aufwändigste Teil der ganzen Produktion. Ich musste also im improvisierten Studio im Keller unter Quarantäne die CD fertig stellen – und nebenher die Kinder betreuen, Haushalt machen, Konzerte koordinieren, die jetzt ja bis auf weiteres abgesagt sind. Das war anstrengend, auch emotional. Meine Frau hat die Krankheit ja ganz am Anfang erwischt, noch vor dem allgemeinen Lockdown.

«Worscht!» klingt trotzdem frisch und frech wie immer – wie hast du es durch diese Zeit geschafft?
Indem ich auch abends und nachts arbeitete und viel weniger schlief. Ich kenne mich, ich kann zäh sein und mir viel abverlangen, wenn ich will. Aber wenn die CD fertig ist, geht die Arbeit weiter – und zum Zeitpunkt, als wir die Promo hätten machen müssen, hatten alle andere Probleme. Termine und Konzerte wurden abgesagt, wir mussten uns überlegen, wie wir die CD anders unter die Leute bringen und Geld verdienen können.

Und wie macht ihr das?
Zum Beispiel mit Online-Projekten wie den Stubenhocker Mitmach-Shows aus der Jägerhütte. Die Pilotsendung bereitete ich an einem Morgen von vier bis sieben Uhr vor, von neun bis vierzehn Uhr nahm ich sie auf. So sahen meine Tage aus.

Wie hast du währenddessen deine Kinder betreut?
Ich lebe in einer Patchwork-Familie, die älteren Kinder sind schon Teenies oder erwachsen, meine Achtjährige muss Aufgaben machen. Das klappte in all den Wochen mehr oder weniger gut, als Betroffene stecken wir schon länger zu Hause fest. Aber das klingt jetzt alles etwas dramatisch – unter dem Strich habe ich Freude an der neuen CD. Die haben wir zum ersten Mal auch selber aufgenommen.

Wegen des Lockdowns?
Nein, weil man mit CDs heute ja kein Geld mehr verdient. Lässt man sie produzieren, kostet das einige zehntausend Franken. Darum wollte ich es selber machen. Aber eine so grosse Produktion war eine Premiere für mich. Am meisten CDs würden wir an den Konzerten verkaufen.

«Verschoben» steht hinter den Konzertdaten auf eurer Website bis Ende Juni. 
Ja, die Ungewissheit ist anstrengend. Ob Konzerte, Coachings, Referate, Kurse, Events – alles, was ich mache, hat mit vielen Leuten zu tun. Egal ob im Bereich Musik und Entertainment oder in der Pädagogik, viel wird diesen Sommer wohl nicht laufen. Ich habe eine sechsköpfige Familie zu ernähren und lebe direkt von der Arbeit rund um die Band, die anderen Mitglieder haben noch andere Jobs. Es passiert aber auch viel Schönes, ich bekomme viel Hilfe und Ideen. Auch im Musikbusiness muss man neue Wege gehen. Und das ist manchmal sogar besser. So habe ich zum Beispiel gelernt, Filme zu schneiden: Weil jetzt ja alle etwas online bieten wollen, aber aus dem Home Office arbeiten, muss ich mich selber filmen, wenn jemand über die Jagdkapelle berichten möchte.

Aber am liebsten würdet ihr wohl einfach wiedermal auf der Bühne stehen.
Ja genau, um die neue Musik endlich live zu spielen. Auf dieser CD haben wir zum ersten Mal musikalische Gäste mit dabei, etwa den Appenzeller Singer-Songwriter Marius Bear. Wenn ich statt mit der Jagdkapelle als «Marius solo» auftrat, wurde ich schon öfter mit ihm verwechselt, das fand ich lustig. Und zu unserem Bärenlied passt er perfekt, denn er ist wie ein Bär: wegen seiner Stimme, seines Aussehens, seines Typs. Das Cover und sämtliche Illustrationen stammen vom St. Galler Musiker und Comiczeichner Manuel Stahlberger. Er versteht unseren Humor, wir sind diesbezüglich vom gleichen Planeten. So machen Zusammenarbeiten Sinn.

Von den neuen Songs hat es die «Worscht» aufs Cover geschafft. Weil es euer liebster Song oder weil es so ein schönes Dialektwort ist?
In der Jagdkapelle sagen wir oft «Worscht!» im Sinne von «egal – wir machens einfach». Und es geht auch um den St. Galler Dialekt. Wörter und Ausdrücke wie «Brodworscht» oder «Hopp Sanggalle, ine mit em Balle» hören wir oft, wenn wir in anderen Regionen der Schweiz auftreten. Die Brodworscht ist an den Konzerten jeweils das erste St. Galler Dialektwort, das wir mit den Kindern lernen. Für Geübtere folgen dann der «Raasemaier» und der «Daamebart».

Marius und die Jagdkapelle

Auf der neuen CD «Worscht!» ist auch ein Bär zu Gast – und zwar ein berühmter …

ZVG

Flöhe scheinen euch auch am Herzen zu liegen. Ihnen habt ihr erneut einen Song gewidmet.
Bei uns dürfen auch Tiere, die sonst eher eine Nebenrolle spielen, im Mittelpunkt stehen. Wie das Eichhörnli, das zum Seichhörnli wird. Auch andere Figuren kommen auf unseren CDs immer wieder vor, zum Beispiel der Oberjägermeister Brünzli.

Bist du noch als Kindergärtner tätig oder lässt du dich mittlerweile mehr von der eigenen Familie inspirieren?
Die Ideen kommen von überall her. Den Nuggi-Song zum Beispiel habe ich auf Wunsch vieler Eltern gemacht. Sie sagten mir, «Kei Windle meh» habe ihren Kindern geholfen beim Trockenwerden, ob ich nicht auch bei der Nuggi-Entwöhnung helfen könnte. Und als ich im vergangenen Sommer wieder einmal in unserer Waldspielgruppe Sonnwendlig einsprang, fiel mir auf, dass nicht die Kinder Mühe haben, sich von den Müttern zu verabschieden, sondern umgekehrt. So ist «Tschau Mami» entstanden. Kindermusik aus Erwachsenensicht gibts schon genug – mir ist wichtig, aus der Perspektive der Kinder zu singen.

Das hört man zum Beispiel bei «Seisch tanke bitte».
Ja, das fällt mir immer bei den Autogrammstunden nach den Konzerten auf, da verlangen die Eltern auch immer, dass die Kinder schön danke sagen. Als Vater bin ich natürlich genau gleich wie alle Eltern. Aber als Kind muss einen das doch wahnsinnig nerven, dieses ständige Hände schütteln und danke sagen. Darum bin ich bei einer Autogrammstunde einmal aufgestanden und hab die Kinder alle miteinander aufgefordert, danke zu sagen. Und dann zu den Eltern: «Habt ihrs gehört?» Wir Jäger sind frech mit den Eltern, vielleicht werden wir darum «die Punks der Kindermusik» genannt.

Von Christa Hürlimann am 29. April 2020 - 16:24 Uhr