Wenn ein Baby bei der Taufe weint, muss der Götti den ersten Schulthek bezahlen. So wolle es ein österreichischer Brauch, erzählt Maria Arnold, 38, die aus Kärnten stammt. Sarah hat keine Miene verzogen, als das Taufwasser ihre Stirn berührte. So bekam sie die bunte Schultasche, die sie nach den Sommerferien täglich schultern wird, nicht vom Götti, sondern von einer befreundeten Familie. Wobei dies eher Zufall war, er gehörte deren Tochter, die für die Mittelstufe einen neuen Rucksack braucht. «Aber das Etui ist brandneu», erklärt Sarah stolz.
Was auf sie zukommt, weiss die Siebenjährige bereits. Schliesslich geht ihre ältere Schwester Anna Sophia, 9, bereits seit zwei Jahren in die Schule. «Man lernt rechnen und zeichnen und singen», zählt Sarah auf. «Aber am meisten freue ich mich aufs Lesen.» Anna Sophia verdreht die Augen. Lesen sei gar nicht ihr Ding. Ihre Lieblingsfächer: «Turnen, Zeichen, Handsgi und Werken. Und Singen und Mathe sind auch okay.» Daniel Arnold, 49, grinst. «Wie warst denn du in der Schule, Dädi?», fragt Sarah. «Ich war ein Minimalist, habe immer nur das Nötigste gemacht. Aber ich bin damit durchgekommen.» Seine Älteste sei da ähnlich. «Man muss immer wieder nachfragen, ob die Hausaufgaben gemacht sind.» Sarah sei ehrgeiziger und ruhiger. «Ich habe die Hoffnung, dass sie nicht ganz so viel mit ihrer Banknachbarin schwatzt wie Anna», meint der Papa lachend. Dabei habe er seine eigene Schulzeit grundsätzlich als «unspektakulär» in Erinnerung.
Familie Arnold wohnt in Daniels Elternhaus in Schattdorf UR, der Sänger hat früher dasselbe Schulhaus besucht wie seine Töchter. «Aber die Lehrerinnen und Lehrer haben seither gewechselt.» Sarah kennt ihren künftigen Lehrer bereits. Der Hof der Arnolds liegt etwas ausserhalb des Dorfes, zu Fuss dauert der Schulweg eine knappe halbe Stunde. «Wenn ich trödle, brauch ich auch mal eine Stunde», flachst Anna Sophia.
Nesthäkchen Elena wird sich daran gewöhnen müssen, künftig öfter ohne ihre Schwestern daheim zu sein. «Sie kann sehr gut allein spielen», sagt Maria Arnold. Trotzdem sei es schöner, wenn die Schwestern da sind, sagt die Dreijährige. Was sie denn machen, wenn alle zu Hause sind? «Streiten», sagt Sarah, wie aus der Pistole geschossen. «Manchmal wäre ein bisschen weniger Ehrlichkeit angebracht», meint ihr Vater scherzend.
Ein Herz und eine Seele sind die Mädchen allerdings, wenns um ihr grosses Hobby geht, das Geräteturnen. Im Wohnzimmer der Arnolds wird Spagat und Handstand geübt. Sogar die kleine Elena kriegt schon einen ordentlichen Kopfstand hin. Die Äpfel fallen hier nicht weit vom Stamm – Daniel Arnold war in jungen Jahren Kunstturner.
Heute gilt seine Liebe neben der Familie der Musik. Hauptberuflich ist er Disponent bei der Kantonspolizei Uri. Dort arbeitet er öfter auch mal Nachtschicht, vor allem, wenn am folgenden Abend Konzerte anstehen. «Dann gehe ich morgens schlafen und bin am Abend wieder fit.» Beim Männerchor Heimweh singt der Tenor, der früher im Gospelchor Uri sang, seit der Gründung 2016. Bereits die erste Platte brachte dem mittlerweile berühmtesten Männerchor der Schweiz Doppelplatin – und hielt sich sagenhafte 119 Wochen in der Schweizer Hitparade. Die folgenden Alben schafften es alle an die Spitze der Charts. Auch das aktuelle Album «Freiheit» ist ein Erfolg. Ganz zu schweigen von den Auftritten, die nicht selten so schnell ausverkauft sind, dass Zusatzshows angesetzt werden.
Gemeinsam gesungen wird bei den Arnolds allerdings nur im Auto. Etwa wenn man nach Italien in die Ferien fährt oder auf Familien- besuch nach Österreich. Anna Sophia und Sarah standen auch schon mit ihrem Dädi auf der Bühne. Das fanden sie lässig – ansonsten sind sie von der musikalischen Karriere ihres Vaters wenig beeindruckt. Zumal es auf dem Hof, den Daniel von seinen Eltern übernahm –, seine Mutter wohnt nach wie vor im oberen Stock des Hauses – so viel Spannenderes gibt. Die Pferde, auf denen man reiten darf. Die neugeborenen Kälber. Das Trampolin, auf dem gerade mit grossem Einsatz Saltos geübt werden. Oder die Himbeersträucher, von denen man den Zvieri direkt pflücken und essen kann. Wie spannend sie dereinst die Schule findet, kann Sarah noch nicht sagen. «Aber ich freue mich darauf, Schülerin zu sein. Das tönt ja schon viel besser als Kindergärtlerin.»