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Romina weiss Rat

Hilfreiche Tipps gegen die Kinderangst vor dem Tod

Ängste gehören zur kindlichen Entwicklung. Doch was, wenn die Furcht ein Ausmass einnimmt, dass gar den Eltern Sorgen bereitet? Unsere Familienexpertin Romina Brunner weiss, wie Eltern auf die Panik ihrer Kinder eingehen können.

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Romina Brunner, SI Online Familien Bloggerin, bei sich zu Hause in Birchwil ZH, am 09.11.2018, Foto Lucian Hunziker
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Romina Brunner, SI Online Familien Bloggerin, bei sich zu Hause in Birchwil ZH, am 09.11.2018, Foto Lucian Hunziker
Romina Brunner

Meine neunjährige Tochter hat zurzeit ständig Angst, dass sie plötzlich sterben könnte. Sie bekommt dann Panikattacken und weint. Wie kann ich ihr helfen? — Steffi

Liebe Steffi

Ängste gehören zur natürlichen Entwicklung von Kindern. Insbesondere im Alter von vier bis sieben Jahren, haben Kinder eine blühende Fantasie, die ihnen nicht selten grosse Furcht einjagt.

In der sogenannt magischen Phase ist die kindliche Vorstellung grenzenlos und nicht selten höchst bedrohlich. Leblose Gegenstände können urplötzlich zu wirklichen und überaus beängstigenden Erscheinungen mutieren. Decken verwandeln sich in Gespenster und Schläuche werden zu Drachen und Monstern. Mit diesen Ängsten umgehen zu lernen und sie zu bewältigen, gehört zu den bedeutendsten Entwicklungsaufgaben in den ersten zehn Lebensjahren – und ist nicht zuletzt der Schlüssel zu einem gesunden Selbstvertrauen.

Fehlender Halt kann Kinderängste auslösen

Die Ängste deiner Tochter dürften allerdings eine andere Dimension haben. Laut Sozialpädagogin Carmen Lahusen treten solche Panikattacken häufig dann auf, wenn sich ein Kind einsam und verlassen fühlt und keinen inneren und äusseren Halt findet. «Besonders beim Einschlafen kann die Vorstellung von Situationen, in denen sich das Kind komplett alleine, isoliert oder ohne Zugang zu anderen fühlt, Angstattacken auslösen», so Lahusen.

Da solche extremen Gefühle selbst von engen Bezugspersonen meist nicht wahrgenommen werden, ist es schwierig, die Ursache zu ergründen. «Die Vorstellung, zu sterben und dann alleine zu sein, ist exemplarisch». Auslöser kann ein Entwicklungsschritt sein oder eine bevorstehende Veränderung in der Schule. Zum Beispiel ein Klassenwechsel, von der Unterstufe zur Mittelstufe. «Es kann durchaus sein, dass sich das Kind im Elternhaus glücklich und geborgen fühlt, aber in der Schule fühlt es sich zu wenig verbunden und vertraut mit den anderen Kindern. Vielleicht ist eine gute Freundin weggezogen oder es fühlt sich in den neuen Klassenkonstellationen noch nicht eingebettet.»

Fragt Romina!

Habt ihr auch ein Thema, das euch beschäftigt? Dann schreibt ein Mail an romina@schweizer-illustrierte.ch

Diese Übungen helfen Kinder gegen Angst

Wichtig ist, liebe Steffi, dass du während einer akuten Attacke möglichst ruhig bleibst, deine Tochter in die Arme nimmst und mit ihr aus dem Zimmer gehst. «Sich zu bewegen, ist wichtig. Vielleicht geht man mit dem Kind auch auf den Balkon, um frische Luft zu schnappen. Hilfreich sind auch Atemübungen, bei denen die Mutter mit dem Kind gemeinsam ruhig ein- und ausatmet. Vielleicht kann ein Glas Wasser helfen», so Lahusen.

Auf Fragen sollte man möglichst verzichten, da diese im Moment der Attacke überfordern würden. «Das Kind versteht nicht, warum es so fühlt, warum es solche Gedanken hat und was mit ihm da geschieht. Deshalb sollte man in diesem Moment mit Fragen sehr sparsam und behutsam umgehen.»

Folgende Sätze können ängstlichen Kindern helfen

Du könntest deiner Tochter helfen, ihre Gefühle in Worte zu fassen. «Das gibt dem Kind das Gefühl, dass es verstanden wird. Dass man zu 100 Prozent da ist und Zeit hat», so Lahusen. Die Sozialpädagogin empfiehlt Sätze wie: «Ich verstehe, dass für dich die Vorstellung, dass du sterben könntest, ganz, ganz schlimm ist und dir das Angst macht.» - «Sicher klopft dir das Herz, ganz, ganz fest. Und du schwitzt und zitterst vielleicht. Und vielleicht bekommst du auch fast keine Luft mehr. Oder du hast sogar Bauchweh.» Ebenfalls eine Möglichkeit wäre: «Ich verstehe dich. Ich bin für dich da, du bist nicht alleine!» 

Laut Lahusen ist es hilfreich, wenn Eltern mit ruhiger Stimme sprechen und möglichste den Blickkontakt zum Kind halten.

Ein Gespräch mit der Klassenlehrperson kann helfen

Liebe Steffi, hast du eine Idee, welche Ursachen die Ängste deiner Tochter haben könnten? Vielleicht kannst du in einem ruhigen Moment mit ihr reden. Falls sie ihre Sorgen nicht benennen kann, würde ich mich an deiner Stelle an die Klassenlehrperson wenden. Vielleicht hat sie eine Erklärung. Lehrpersonen sind oft sehr gut im Bild.

Das Gute: Laut Lahusen enden die Panikattacken meistens rasch, sobald die Ursache fassbar wird. Zentral ist, dass du die Beziehung zu deiner Tochter in dieser Phase stärkst, dich um sie kümmerst, mit ihr Dinge unternimmst und sie nicht zu oft alleine lässt - gerade abends! Sie braucht dich, Steffi. Falls sich die Situation nicht bessert, finde ich es ratsam, wenn du eine Fachperson beiziehst.

Diesen Tipp hat unsere Familienexpertin auf Lager

Liebe Steffi, an deiner Stelle würde ich deiner Tochter etwas in die Hand geben, an dem sie sich festhalten kann. Das kann ein Glücksstein sein, eine Kette oder ein Kuscheltier.

Vielleicht hilft es, wenn ihr vor dem Einschlafen gemeinsam betet oder meditiert. Ihr könnt euch mit der Bitte nach einer ruhigen Nacht und Schutz an einen Gott wenden oder an die Natur. An eine nahe Bezugsperson, den Schutzengel oder das Universum. Oder was immer für euch passt.

Ich wünsche euch alles Gute und viel Kraft!

Herzlichst,
Romina

Unsere Expertin für Familienfragen

Nie waren Eltern so gut informiert wie heute. Und nie war es schwieriger, im Dschungel aus Ratgebern und Internetforen den besten Weg für den eigenen Nachwuchs zu finden. Unsere Familien-Expertin Romina Brunner hilft, Ordnung zu schaffen. Regelmässig berät die zweifache Mutter und Journalistin die SI-Family-Community zu Themen und Fragen aus dem Familienalltag.

Von Romina Brunner am 9. Februar 2021 - 07:09 Uhr