Wer sich «Walküre» (18.6. und 23.6.) aus Richard Wagners «Ring der Nibelungen» anschauen möchte, muss ungewöhnlich früh im Theater Basel sein: Die Vorstellungen beginnen bereits um 17 Uhr. Der Grund: Die zehnjährigen Zwillinge, welche den kleinen Siegfried spielen, dürfen nicht länger als bis um 22 Uhr auf der Bühne stehen. Und: Die Stücke dauern jeweils über vier Stunden. Da dies für ein Kind allein viel zu anstrengend wäre, hat man eineiige Zwillinge gesucht, welche sich die Kinderrolle teilen, und sich während der Aufführung jeweils abwechseln können.
Dass man auf Charley und Ben Herrmann kam, verwundert kaum, schliesslich steht deren Vater Roland Herrmann (56) seit Jahrzehnten auf der Theaterbühne.. Einem breiten Publikum ist er aus den TV-Serien «Café Bâle» und «Lüthi und Blanc» bekannt. Doch der Papa hatte nichts mit dem Engagement seiner Söhne zu tun. «Mein Gotti hat den Aufruf zum Casting gesehen», erzählt Ben.
Kinder sollten in erster Linie einfach Kinder sein
Roland Herrmann war anfangs skeptisch. Er hält wenig davon, die eigenen Kinder à la Beyoncé oder Kim Kardashian möglichst bald ins Rampenlicht zu zerren: «All die Proben neben der Schule, und dann haben sie ja auch noch Hobbys. Dabei finde ich, sie sollten in ihrem Alter in erster Linie einfach Kinder sein.» Doch die Buben hätten das unbedingt ausprobieren wollen – schliesslich haben sie ihren Vater bereits unzählige Male auf der Bühne gesehen. «Selbstverständlich wollte ich ihnen da nicht im Weg stehen.» Und ja, der Papa ist beeindruckt von der Leistung seiner Söhne.
Auch wenn die Zwillinge die Handlung des Epos nicht genau verstehen – doch wer tut das schon? –, ihre Rolle haben sie im Griff. «Wir müsen herumschleichen und Leute belauschen. Und ganz oft Angst haben», erzählt Charley. Ob das schwierig sei? «Nein, ganz einfach.» Tipps vom Papa hätten sie da keine gebraucht. «Für sie ist das ein Spiel, das ihnen Freude macht, und genau so solls sein», so Roland Herrmann. Dabei werde er seine Söhne, sollten sie sich dereinst wirklich einmal für den Schauspieler-Beruf entscheiden, jederzeit unterstützen. «Und sollten sie etwas anderes machen wollen, dann ebenfalls!»
«Es kommt schon vor, dass der eine, der etwas schneller ist, in der Schule mal die Französisch-Aufgaben des anderen fertigmacht.»
Vorerst steht für die beiden Viertklässler allerdings ein Wohnortwechsel an: Die Familie – zu der noch Mama Nicole und der jüngere Bruder Lenny gehören – zieht von Basel an den Thunersee. Da wirds dann in der neuen Klasse wohl wieder vermehrt zu Verwechslungen kommen. Das hat auch Vorteile. «Es kommt schon vor, dass der eine, der etwas schneller ist, in der Schule mal die Französisch-Aufgaben des anderen fertigmacht», erzählt Charley grinsend. Nach den Sommerferien wird es die Buben sicherlich wieder das eine oder andere Mal ins Theater ziehen. Allerdings als Zuschauer: Ab November steht Papa Roland Herrmann wieder als «Miisli» in «HD Läppli» auf der Bühne des Basler Fauteuil Theaters.