Meine Tochter ist in der zweiten Sekundarschule und eigentlich sehr pflichtbewusst. Doch nun habe ich einen Joint in ihrem Zimmer gefunden. Was soll ich tun? Ich habe Angst, dass sie abhängig wird. — Nadine
Liebe Nadine
Dass Jugendliche in der Pubertät Grenzen testen, experimentieren und dabei vielleicht auch einmal verbotene Dinge ausprobieren, ist total normal und gehört zur natürlichen Entwicklung eines Teenagers.
Aber klar ist es nicht toll, wenn Eltern ausgerechnet bei den eigenen Kindern einen Joint finden. Doch selbst wenn deine Tochter mal zwei, drei Züge Hasch raucht, heisst das noch lange nicht, dass sie gleich langfristig abhängig wird.
Meist sind es familiäre, psychische oder gesellschaftliche Herausforderungen, die zu einem problematischen Konsum führen. So viel vorerst zu deiner Beruhigung. Trotzdem möchte ich die Situation nicht verharmlosen! Denn auch wenn der jugendliche «Probierkonsum» nicht zwangsläufig in die Abhängigkeit führt, ist das Rauchen mit einem gewissen Risiko verbunden. Gerade im frühen Alter.
Doch liebe Nadine, wir beide können nur mutmassen, warum du einen Joint im Zimmer deiner Tochter gefunden hast. Ich denke, dass du nicht darum herumkommen wirst, mit deiner Tochter zu reden. Vielleicht bewahrt sie den Joint ja nur für ihre Freundin auf, weil diese sich vor den elterlichen Repressalien fürchtet.
Ich empfehle dir von Herzen ein klärendes Gespräch. Warum geht ihr nicht einmal zu zweit Essen oder spazieren und du sprichst das Thema an? An deiner Stelle würde ich meine Bedenken ehrlich äussern, das Mädchen aber auch nach ihren Erfahrungen fragen und sie über die Wirkung und Risiken eines Joints aufklären.
Unsere Expertin für Familienfragen
Nie waren Eltern so gut informiert wie heute. Und nie war es schwieriger, im Dschungel aus Ratgebern und Internetforen den besten Weg für den eigenen Nachwuchs zu finden. Unsere Familien-Expertin Romina Brunner hilft, Ordnung zu schaffen. Regelmässig berät die zweifache Mutter und Journalistin die SI-Family-Community zu Themen und Fragen aus dem Familienalltag.
Laut Familientherapeutin Martina Rissi sollte das Gespräch so «süferli» wie möglich ablaufen, denn jegliche Art von Vorwürfen, Beleidigungen, Drohungen oder Beschimpfungen bringen nicht selten das Gegenteil des erwünschten Effekts. «Genauso wie Verbote, die machen, dass etwas nur interessanter wird.»
Laut Rissi könntest du sagen: «Ich habe diesen Joint gefunden, als du die Jacke aufhängen wolltest. Ist das deiner?» Oder du könntest deine Ängste formulieren: «Ich war auch einmal jung und habe Dinge ausprobiert. Heute als Mutter sehe ich das natürlich mit anderen Augen. Können wir mal reden?» Ein weiterer Vorschlag wäre: «Schau, mir ist es fast wohler, wenn du das daheim machst. Ich verbiete dir das nicht, doch Kiffen ist nicht ohne. Lass und doch mal über die Gefahren sprechen. Ich möchte dir das Probieren nicht verbieten, allerdings möchte ich, dass du weisst, welche Gefahren Cannabis-Rauchen mit sich bringt.»
Laut Rissi sollten Eltern aber nie grundlos ihren Kindern hinterherspionieren, ihre Zimmer durchwühlen oder Jacken durchsuchen. «Auch Teenager haben ein Recht auf ihre Privatsphäre. Es ist daher ein No-Go seine Kinder zu durchleuchten, nur weil sie zum Beispiel nach Rauch stinken», so Rissi. «Das ist ein Vertrauensmissbrauch, der mehr Schaden als Nutzen bringt!»
Liebe Nadine, beim Konsum von Tabakwaren oder auch Alkohol stellt sich immer die Frage, wann und warum ein Jugendlicher die Ware konsumiert. Raucht deine Tochter täglich und heimlich einen Joint auf dem Schulweg und versucht sie zu vergessen? Oder raucht sie mal mit an einem Samstagabend in Gesellschaft, was nicht gleich in die Abhängigkeit führen muss. Sobald sie aber Verhaltensauffälligkeiten zeigt, ihre Persönlichkeit verändert ist, die Freunde wechselt oder sie nicht mehr regelmässig zur Schule geht, solltest du dir unbedingt Hilfe holen und allenfalls einen Suchtexperten kontaktieren.
Ich finde es wichtig, dass deine Tochter die Wirkung und Risiken von Hasch oder anderen psychoaktiver Substanzen kennt und über die Gefahren ihres Konsumverhaltens informiert ist. Auch dass ihr bewusst ist, dass viele Dealer die Drogen strecken, was für den Konsumenten unter Umständen sehr gefährlich sein kann. In grösseren Städten gibt es hierfür Anlaufstellen, bei denen man den Stoff auch überprüft lassen kann.
Beratung bieten etwa die Suchthilfe der Stadt Zürich, die Suchtfachstelle St. Gallen, die Suchthilfe in Basel, die Stiftung Berner Gesundheit.
Herzlich,
Romina
Unsere Expertin für Familienfragen
Nie waren Eltern so gut informiert wie heute. Und nie war es schwieriger, im Dschungel aus Ratgebern und Internetforen den besten Weg für den eigenen Nachwuchs zu finden. Unsere Familien-Expertin Romina Brunner hilft, Ordnung zu schaffen. Regelmässig berät die zweifache Mutter und Journalistin die SI-Family-Community zu Themen und Fragen aus dem Familienalltag.