1. Home
  2. Parentale Hilflosigkeit: Wenn Eltern an ihrer Kompetenz zweifeln
Parentale Hilflosigkeit

Wenn Eltern an ihrer Kompetenz zweifeln

Erziehung ist nicht einfach. Es kann vorkommen, dass Eltern an ihre Grenzen stossen. Passiert das immer und immer wieder, kann sich eine sogenannte parentale Hilflosigkeit entwickeln, ein Phänomen aus der systemischen Psychologie.

Artikel teilen

<p>Scheitern Eltern immer wieder an ihren Erziehungszielen, gibt das ihnen das Gefühl, keinen Einfluss mehr auf das Verhalten des Kindes zu haben.</p>

Scheitern Eltern immer wieder an ihren Erziehungszielen, gibt das ihnen das Gefühl, keinen Einfluss mehr auf das Verhalten des Kindes zu haben.

Photothek via Getty Images

Jede Mutter und jeder Vater kennt Momente der Unsicherheit in der Erziehung. Doch wenn dieses Gefühl zur ständigen Begleitung wird und Eltern immer mehr an ihren eigenen Fähigkeiten zweifeln, spricht man in der systemischen Psychologie von parentaler Hilflosigkeit.

Karl Heinz Pleyer ist ein bekannter deutscher Psychologe, der sich intensiv mit dem Konzept der parentalen Hilflosigkeit beschäftigt hat. Er beschreibt die parentale Hilflosigkeit als einen Zustand, in dem Eltern sich überfordert, verunsichert oder sogar machtlos fühlen. 

Diese Hilflosigkeit entsteht häufig als Folge wiederholter Misserfolge in der Erziehung – Eltern setzen sich bestimmte Ziele, schaffen es jedoch nicht, diese zu erreichen. Die wiederkehrende Erfahrung des Scheiterns kann das Gefühl verstärken, keinen Einfluss mehr auf das Verhalten des Kindes zu haben.

Nicht einfach ratlos

Parentale Hilflosigkeit geht über gewöhnliche Ratlosigkeit in herausfordernden Momenten hinaus. Sie kann dazu führen, dass Eltern dauerhaft an ihren eigenen Fähigkeiten zweifeln. Laut Pleyer verändert die anhaltende Hilflosigkeit die Kommunikation innerhalb der Familie grundlegend. 

Eltern vermeiden Konflikte, geben Verantwortung ab und ziehen sich immer mehr zurück, wodurch die Verbindung zu ihrem Kind schwächer wird. Die Verunsicherung, die Eltern empfinden, überträgt sich auch auf das Kind. Es spürt die fehlende Orientierung und kann darauf mit verstärktem Trotzverhalten oder Aggression reagieren, was den Kreislauf aus Hilflosigkeit und Konflikten weiter verstärkt.

Aber was hilft?

Die Familienberaterin Maya Risch empfiehlt, die eigene Hilflosigkeit offen zu kommunizieren, um Konflikte zu vermeiden. Sie betont, dass das Eingestehen der Hilflosigkeit befreiend wirken kann und den Weg für einen offenen Dialog mit dem Kind frei macht. Sich bewusst zu machen, dass Unsicherheit in der Erziehung normal ist und jeder Mensch an seine Grenzen stösst, kann bereits entlastend wirken. 

Es ist entscheidend, dass Eltern sich nicht als Versager betrachten, sondern erkennen, dass sie Unterstützung brauchen. Wenn sie aktiv nach Lösungen suchen und sich selbst mit mehr Nachsicht begegnen, können sie auch wieder Vertrauen in ihre eigene Kompetenz gewinnen. Der Austausch mit anderen Eltern oder professionellen Beratungsstellen kann helfen, neue Perspektiven zu gewinnen.

Braucht ihr Hilfe?

  • Die Elternberatung von Pro Juventute ist rund um die Uhr für euch da für Erziehungsfragen und Beratung in akuten Problemsituationen.
  • Der Elternnotruf von Pro Familia bietet ein 24 Stunden Hilfe und Beratungsangebot für Familien, Eltern und Bezugspersonen an. Den 24h-Elternnotruf erreicht ihr unter der Nummer 0848 35 45 55 oder dem Kontaktformular.
  • Die sozialen Diensten in den einzelnen Städten bieten Familien ebenfalls Anlaufstellen, um bei erzieherischen Problemen zu helfen. Genauere Informationen zum Angebot findet ihr auf den Websites der jeweiligen Gemeinden und Städte.
Von Olivia Ruffiner am 24. März 2025 - 07:00 Uhr