Die Seide für Carrie Bradshaws Vivienne-Westwood-Hochzeitskleid in «Sex and the City»? Fabric Frontline. Das Marienkäfer-Gilet von Sir Elton John? Fabric Frontline. Die bunten Krawatten des Künstlerpaars Gilbert & George? Ebenfalls vom Zürcher Seidenlabel. 1980 hatte Andi Stutz die Marke mit seinen zwei Schwestern Elsa und Maya gegründet. 2012 verkaufte die Familie die Firma, die nun vom Luxusgüterkonzern Lalique des Schweizers Silvio Denz übernommen wurde. Der Designer Michael Muntinga soll Fabric Frontline jetzt zu einem zweiten Frühling verhelfen.
Wie kamen Sie zu Fabric Frontline?
Michael Muntinga: In meiner Jugend waren die Foulards und Krawatten von Fabric Frontline ein echter Hype! Mir wurde zudem ein textiles Flair
in die Wiege gelegt – von meinem holländischen Urgrossvater, einem Textiler aus Tilburg. Aber von einer gradlinigen Karriere kann ich nicht sprechen: Ich war Möbeldesigner
in den USA, Bankengrafiker in der Schweiz, Marktforscher in England. Mit nur Power-Point in den Händen fehlte mir nach neun Jahren aber
das Physische. Zurück in der Schweiz entwickelte ich zehn Jahre lang für die Firma meines Mannes und sein Label Mourjjan Stoffe und Prints. Als ich wieder Abwechslung brauchte, wurde Fabric Frontline verkauft. Beim dritten Mal Anklopfen war klar: Ich bin die richtige Person, um die Firma zu übernehmen und weiterzutreiben. Es ist mein erstes Start-up mit einer 40-jährigen Geschichte! Und ich darf es mit einem kleinen Team führen, das zum Teil schon 25 Jahre dabei ist, andere kommen von Vetements und Akris.
Was dürfen wir erwarten?
Geplant sind verschiedene punktuelle Kollaborationen mit Schweizer Marken, klein und fein. Im Sommer lokal mit Collectif mon Amour. Nun starten wir mit der Textilaccessoire-Kapselkollektion «First Kiss». Als Gefühlsmensch bin ich der Meinung, dass zum Design auch Gefühle gehören und nicht nur Ästhetik. Der erste Kuss ist ein Moment, der bei den meisten Menschen starke Emotionen auslöst mit verschiedenen Aspekten: Explosivität, Kribbeln, wenn man nicht mehr weiss, was oben und was unten ist. Es ist eine Hommage auf die Magie der Natur und der Liebe. Nacht küsst Tag, Land küsst Wasser.
Welche Werte und Traditionen der Marke möchten Sie bewahren, und was wird neu sein?
Modernere Designs, die die analoge Welt mit der digitalen verbinden. Fabric Frontline bewahrt den Schweizer Qualitätsanspruch, verbindet ihn jedoch mit zeitgemässen Design- und Produktionsmethoden. Statt klassischem Siebdruck ermöglicht moderne Technik kleinere, vielfältigere Kollektionen – immer aus edlen Naturfasern. Wir spielen mit unserem Archiv, doch wollen wir die Marke in die Gegenwart führen. Zu finden sind die Kreationen seit Ende November in einem Pop-up in der Lalique-Boutique an der Zürcher Bahnhofstrasse und auf fabricfrontline.ch. Es gibt sogar eine exklusive Variante für das On-Board-Shopping bei Swiss und Edelweiss sowie zwei limitierte Foulards zur Neueröffnung von Bongénie.
Welcher Rat hat Sie auf Ihrem Weg inspiriert?
«Wenn etwas nicht so passiert, wie ich es geplant habe, dann ist dies aus einem triftigen Grund.» Dieses Urvertrauen ins Leben hat mir meine Mutter mitgegeben.