Als die neuen Bundesrätinnen vereidigt werden, hält Elisabeth Kopp inne und sieht zum Fernseher. «Ich schwöre es!», sagen Viola Amherd und Karin Keller-Sutter wie aus einem Mund und lachen sich danach herzlich an. Bei Elisabeth Kopp ist dieser Schwur 34 Jahre her. «Wie sehr habe ich mir damals eine Kollegin im Bundesrat gewünscht – egal von welcher Partei.»
Wir sind in ihrer hellen Wohnung in Zumikon ZH. Die Bilder der Bundesratswahl, die im Fernsehen gezeigt werden, erinnern Kopp an ihre eigene. «Ich wachte um vier Uhr auf, war nervös und überlegte, was ich anziehen sollte», erzählt sie mit weichem Berner Dialekt.
«Weil ich kein richtiges Deuxpièces besass, entschied ich mich für eine blaue Bluse und einen karierten Jupe.» Als erste Bundesrätin stand die Zürcher Freisinnige unter besonderer Beobachtung. «Auch selber machte ich mir viel Druck. Ich musste ein für alle Mal beweisen, dass eine Frau diesem Amt physisch und psychisch gewachsen ist.»
«Höchste Zeit» für zwei neue Bundesrätinnen
Nun haben zwei Frauen gleichzeitig den Sprung in die Landesregierung geschafft. «Es war höchste Zeit!», findet Kopp. Und betont, dass Frauen nicht grundsätzlich besser seien als Männer. «Aber sie setzen aufgrund ihrer Erfahrungen andere Prioritäten – und das braucht es.»
Elisabeth Kopp hält grosse Stücke auf ihre Nachfolgerin Karin Keller-Sutter und freut sich über deren «Bombenresultat». Keller-Sutter ist die erste FDP-Frau, die es seit Elisabeth Kopp in den Bundesrat geschafft hat. In ihrer ersten Rede sagte die St. Gallerin: «Mit meiner Wahl beenden Sie ein dornenvolles Kapitel der freisinnigen Frauen.» Elisabeth Kopp bekam von ihren Parteikolleginnen Petra Gössi und Doris Fiala einen riesigen Strauss mit 34 Rosen geschenkt, als Zeichen der grossen Wertschätzung. Die Anzahl der Blumen steht für die 34 Jahre, die es dauerte, bis es mit Karin Keller-Sutter wieder eine Freisinnige in den Bundesrat schaffte. «Über diese schöne Geste freue ich mich riesig», sagt Kopp.
Während der Übertragung der Bundesratswahl fällt Elisabeth Kopp etwas auf: «Bei der Rede zur Annahme der Wahl hatten beide Frauen Notizen dabei, das finde ich ein wenig schade.» Sie selber habe sich damals am Morgen vor dem Kleiderschrank vorgenommen, frei zu sprechen. «Es ist wichtig, den Leuten in die Augen zu sehen.»
Christoph Blocher an den Karren gefahren
Nach ihrem Amtsantritt setzt sich Kopp als Erstes vehement für ein neues Eherecht ein. «Als Christoph Blocher verkündete, die SVP werde auf das Geschäft gar nicht eintreten, ging ich ans Rednerpult und dachte: ‹Soll ich ihm jetzt an den Karren fahren?›» Sie entscheidet sich dafür.
«Herr Blocher hat aus dem hohlen Bauch heraus entschieden», sagt sie vor dem versammelten Parlament, «obwohl man bei ihm ja nicht von einem hohlen Bauch sprechen kann.» Bei dieser Erinnerung lacht sie herzlich. «Christoph Blocher hat einem so was aber nie übel genommen.»
Sie wollte keine Quotenfrau sein
Geärgert hat sie sich ab und zu nicht nur über ihn, sondern auch über ihre männlichen Kollegen im Bundesrat, die in den Pausen am liebsten über Fussball diskutierten. «Beim Thema Eiskunstlauf hätte ich wenigstens mitreden können … Ich fühlte mich ausgeschlossen und war froh, wenn die Pausen rum waren.»
Den jetzigen Bundesrätinnen geht es anders. Braucht es eine Frauenquote, damit dies auch in Zukunft so bleibt? «Man sollte aufgrund seiner Leistung gewählt werden», sagt Kopp bestimmt, «ich selbst hätte sicher keine Quotenfrau sein wollen.» Was für sie aber ganz klar feststeht: «Nur eine oder zwei Frauen darf es im Bundesrat nie wieder geben.»