Koala – dieses Wort der australischen Ureinwohner bedeutet «trinkt nicht». Und es passt: Koalas trinken kaum etwas. Sie nehmen Wasser über ihre Nahrung auf, die Eukalyptusblätter. Und auch sonst tun die süssen Beuteltiere fast nichts.
Trotz Faulenzer-Mentalität sind die zweijährigen Koala-Brüder Milo und Mikey die neuen Stars im Zürcher Zoo. Kein Wunder: Mit ihren Knopfaugen und den flauschigen Ohren erinnern sie an Teddybären. «Mami, lueg mol wie herzig!», ruft ein kleines Mädchen, als Milo erwacht. Bis jetzt hat er eingeklemmt in einer Astgabel geschlummert. Koalas schlafen 20 Stunden am Tag. Kaum bewegen sie sich, zücken die zahlreichen Zoobesucher ihre Smartphones, um jede noch so kleine Bewegung der Knuffel zu filmen.
Zu viel Eukalyptus ist gefährlich
Wenn Milo und Mikey ihre pelzigen Hinterteile bewegen, dann meistens, weil sie frische Eukalyptusäste bekommen. Mikey schnuppert lange an den Blättern, bevor er eins pflückt und es sich ins Maul stopft. Eukalyptus enthält Giftstoffe; zu viel davon könnte für die Koalas gefährlich werden. «Der Grossteil des Eukalyptus wird im Raum Zürich angebaut – unter anderem auf der Vorderseite des Üetlibergs», sagt Zoo-Kurator Robert Zingg, 62.
Dass Koalas durch das Grünzeug in einen Rausch verfallen, ist ein Mythos. Die Blätter haben dicke Fasern, die schwer verdaulich sind, was der Grund für die behäbige Art der Koalas ist.
Die beiden «Jungs» sind ganz unterschiedlich
Für die wesentlichen Dinge – also das Futter – ist Philipp Lederle, 37, zuständig. Der Tierpfleger mit dem Nasenring und den langen Haaren darf die Koalas ab und zu tragen, wenn sie medizinisch gecheckt werden. «Sie fühlen sich an wie ein frisch geschorenes Schaf», sagt er. Auch die scharfen Krallen bekam Lederle schon zu spüren: «Passt es ihnen nicht, wie ich sie anfasse, hinterlassen sie deutliche Spuren.»
Lederle kennt die zwei «Jungs», wie er sie nennt, am besten. Milo sei der ruhigere und lasse sich gerne tragen: «Er geniesst es, wenn ich ihn ‹chräbele›». Mikey sei nicht so entspannt: «Wenn das Futter nicht sofort kommt, wird er nervös.»
Bevor die Koalas hierherkamen, reiste Lederle in ihre Heimat, um alles über die artgerechte Haltung zu lernen. In gewissen Zoos in Australien dürfen die Besucher die Koalas berühren und knuddeln. Im Zürcher Zoo ist das ein No-Go. Lederle freuts: «Wir wollen die Tiere zeigen, wie sie wirklich leben – und das ist sicher nicht auf den Armen von Touristen.»
Die ersten Koalas in der Schweiz
Milo hoppelt von einem Ast herunter. Keine sportliche Topleistung, aber süss siehts aus! Er klettert mit Armen und Beinen gleichzeitig und immer mit dem Kopf nach oben. Auch abwärts gehts mit dem Hinterteil voran. «Gsesch, wie de Koala chlätteret?», fragt ein Papa seinen Sprössling, der ihn mit grossen Augen anstarrt.
Aufgewachsen sind die Halbbrüder – gleicher Vater, zwei verschiedene Mütter – im Australian Reptile Park bei Sydney. Mikey und Milo sind die ersten Koalas in der Schweiz. Dass sie jetzt hier sind, war fast schon ein kleiner Staatsakt. «Koalas sind Botschafter-Tiere Australiens, und die Regierung will sicher sein, dass es ihnen im Ausland gut geht», sagt Robert Zingg. Um die Koalas zu halten, braucht man eine offizielle Erlaubnis vom Staat Australien. Bezahlen musste der Zoo nichts für die Tiere. Aber er hat sich für ein Umweltschutzprojekt in Australien verpflichtet und leistet dort jedes Jahr einen finanziellen Beitrag – im ersten Jahr 100 000 Franken.
In ein oder zwei Jahren sollen noch zwei Weibchen zu Milo und Mikey ziehen. Spätestens, wenn es Nachwuchs geben soll, müssen die zwei Weltmeister im Nichtstun ein bisschen aktiver werden.