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Stoffwechsel-Erkrankung

«Vom Diabetes hat man nie Ferien!»

In der Schweiz leben 3000 Kinder mit Diabetes Typ 1. Auch Tim Maurer muss – seit er zwei Jahre alt war – jeden Tag mehrmals seinen Blutzucker messen und Insulin spritzen. Der Diabetesfordert ihn und seine Familie immer wieder heraus.

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Check-up Diaebetes

Anhand der Blutzuckermessung weiss Tim, wie viel Insulin er braucht.

ZVG

Wo messt ihr euren Blutzucker? Nur am Finger oder auch am Handballen? Wischt ihr den ersten Blutstropfen ab? Welche Insulinpumpe ist die beste? Alles Fragen, die im Forum auf der Internetsite des Vereins Swiss Diabetes Kids gestellt werden.

Der 13-jährige Tim Maurer könnte sie problemlos beantworten. Seit seinem zweiten Lebensjahr leidet er unterDiabetes Typ 1. Er ist es gewohnt, sich mehrmals am Tag in den Finger zu piksen und dann schwarz auf weiss zu sehen, ob er alles richtig gemacht hat. Ob er die Kohlenhydratmenge der paar Guetsli am Nachmittag richtig geschätzt und genug Insulin abgedrückt hat. «Für mich ist das ganz normal», sagt Tim. Er kann weder sich noch andere belügen.

Er erläutert, wie er alle drei Tage seine an der Haut klebende Pumpe wechselt und mit Insulin füllt. Dann tupft er auf eine kleine Stelle an der Bauchseite eine betäubende Creme und löst die Nadel aus, die einen kurzen Katheter durch die Bauchdecke führt. Die Nadel wird wieder zurückgezogen. Nur eine Teflonkanüle und das kleine Kästchen, das aussieht wie ein extradickes Pflaster, ist noch zu sehen. Wenn Tim das T-Shirt darüberzieht, ist es verschwunden.

Und trotzdem ist Diabetes sein ständiger Begleiter. Und auch derjenige seiner Familie. «Am Anfang ist für uns eine Welt zusammengebrochen», sagt Mutter Claudia. Alles dreht sich um den richtigen Blutzuckerwert, ums Abwägen der Lebensmittel, das Ausrechnen der Kohlenhydrate. «Ich habe alle Kochbücher verbannt, denn das hätte es für mich noch viel komplizierter gemacht», erzählt sie. Zu Beginn der Krankheit bekommt Tim zwei Insulinspritzen am Tag – eine am Morgen, eine am Abend. Das bedeutet, dass er immer zur gleichen Zeit die gleiche Menge essen muss. DerDiabetes diktiert den Alltag.

Im zweiten Kindergarten bekommt Tim eine Insulinpumpe, muss nicht mehr jeden Tag die Spritzen über sich ergehen lassen. «Das war für uns eine Riesenerleichterung», erinnert sich der Vater. Jetzt war Tim viel freier, konnte beim Dessertbuffet in den Ferien richtig zulangen. Denn mit der Pumpe entfällt das Spritzen. Wenn er etwas isst, reicht es, dreimal auf den Knopf zu drücken, und das Insulin wird freigeschaltet. «Ich bekomme heute noch Hühnerhaut, wenn ich mich daran erinnere, wie Tim mich ungläubig fragte, ob er jetzt wirklich das ganze Glace essen dürfe», sagt Mutter Claudia.

«Wenn uns andere sagen, dass Tim halt weniger Süssigkeiten essen und mehr Sport machen soll, werde ich richtig wütend», sagt Thomas Maurer. Viele verwechseln Diabetes Typ 1 mit Diabetes Typ 2. Dabei sind das zwei unterschiedliche Krankheiten.

Beim Typ 1 handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit, bei der das Abwehrsystem die Insulin produzierenden Zellen zerstört. Folge: Insulinmangel. Beim Typ 2 kommt es zu einer Insulinresistenz. Die schlechte Insulinwirkung versucht der Körper mit mehr Insulin zu kompensieren und erschöpft sich dabei. Im Gegensatz zum Typ 1 kann mandem Typ-2-Diabetes mit Sport und richtiger Ernährung entgegenwirken.

Um aufzuklären und einen Austausch zwischen betroffenen Familien zu ermöglichen, gründeten Tims Eltern vor eineinhalb Jahren den Verein Swiss Diabetes Kids. «An unseren Anlässen ist es egal, wenn ein Kind sich den Blutzucker messen muss», sagt Claudia Maurer. «Für einmal sind alle gleich!» Tim ist beim letzten Vereinswochenende lieber mit seinem Bruder zu Hause geblieben. «Wir haben uns Pizza bestellt und Filme geschaut.» Manchmal möchte Tim nur ein Teenager sein.



Das müssen Sie wissen
Diabetes Typ 1 und 2 sind zwei unterschiedliche Krankheiten. Wird der Typ 1 nicht mit Insulin behandelt, stirbt man.
Diabetes Typ 2 wurde früher als Altersdiabetes bezeichnet, es erkranken aber auch Kinder daran.
Insulin schleust den Zucker in die Körperzellen, diese brauchen ihn als Brennstoff.
Mehr zum Verein Swiss Diabetes Kids unter www.swissdiabeteskids.ch

Von Lisa Merz am 9. November 2013 - 15:16 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 18:08 Uhr