Es kling fast zu schön: Diabetiker sollen in Zukunft ohne einen Fingerpiks ihren Blutzuckerspiegel messen können. So verspricht es das neue Gerät FreeStyle Libre der Firma Abbott. Es besteht aus einem kleinen, runden Sensor, den man an den Oberarm klebt. Am Sensor ist eine fünf Millimeter lange Sonde angebracht, die ständig den Glukosegehalt im Zwischenzellgewebe misst. Zum System gehört ein Lesegerät, mit dem man jederzeit den aktuellen Blutzucker kontrollieren kann. Das geht ganz einfach, indem man das Gerät über den Sensor am Arm streift.
«Viele meiner Patienten fragen nach dem neuen Gerät», sagt Dr. Karl Scheidegger, Endokrinologe am Swiss Medical & Surgical Center in St. Gallen. «Die Lebensqualität nimmt durch die unblutige Glukosemessung bei vielen Betroffenen zu.» Mit dem FreeStyle Libre kann man ganz schnell und unkompliziert (sogar durch die Kleidung) seinen aktuellen Glukosewert kontrollieren. Zudem wird gleichzeitig der Blutzuckerverlauf der letzten acht Stunden angezeigt, ebenso Tendenzen, in welche Richtung sich der Glukosewert bewegt. «Diese Trendpfeile machen vieles einfacher», sagt Dr. Scheidegger. So sieht man etwa vor dem Schlafengehen, ob es angebracht ist, noch Insulin zu spritzen, oder ob man noch eine Kleinigkeit essen sollte.
«Trotzdem, das neue Gerät ist nicht für alle geeignet», sagt Dr. Scheidegger. «Für Typ-2-Diabetiker zum Beispiel, die mittels Tabletten stabil eingestellt sind und nur sehr selten eine Blutkontrolle brauchen, lohnt sich das Gerät weder vom Aufwand her noch finanziell.» Hinzu kommt, dass manche Personen allergisch auf den Klebstoff reagieren.
Für alle ganz wichtig: die richtige Beratung. «Häufig verfallen Patienten bei so vielen detaillierten Informationen in einen Aktivismus.» Das heisst, sie kontrollieren ständig den Blutzucker und versuchen ihn mit zusätzlichem Insulin zu korrigieren. «Das kann zu gehäuften Unterzuckerungen führen», sagt Dr. Scheidegger. «Ein solches Gerät braucht genaue Instruktionen und eine ärztliche Begleitung.»
Das FreeStyle-Libre-System ist noch keine Pflichtleistung der Krankenkassen. Einige Versicherungen übernehmen aber die Kosten in gewissen Fällen freiwillig.