HILFE! Wer hat mir einen guten Rat, wie ich meine Trigeminus-Schmerzen lindern kann? Ich bin bald am Verzweifeln!»
Bei der Trigeminus-Neuralgie treten mehrmals täglich einschiessende Schmerzen im Gesicht und Kiefer von höchster Intensität, aber nur kurzer Dauer auf. Sie gehören zu den stärksten für den Menschen vorstellbaren Schmerzen überhaupt. «Wie Blitze schiessen diese Dutzende Male am Tag in das neuronale Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus ein. Entsprechend können die Schmerzen im Kiefer, in der Stirn, auf der Zunge oder in den Zähnen empfunden werden», erklärt Dr. Lutz Frank, Facharzt für Anästhesiologie und interventionelle Schmerztherapie am Schmerz Zentrum Zofingen. «Die Attacken werden durch äussere Reize wie Reden, Essen, Zähneputzen oder Rasieren ausgelöst – manchmal reicht sogar schon eine sanfte Berührung der Haut oder ein Windhauch aus.»
Die Diagnose wird oft erst spät gestellt – nach folgenschweren Fehlbehandlungen. Dr. Frank: «Es kommt immer wieder vor, dass fälschlicherweise und ohne jeden Erfolg bereits umfangreiche Zahnbehandlungen vorgenommen oder sogar sämtliche Zähne gezogen worden sind.» Dabei ist die Neuralgie des Gesichtsnervs eine häufige Erkrankung – pro Jahr erkranken in der Schweiz etwa 400 Personen daran. «Nicht selten dauert die Leidensgeschichte länger als zehn Jahre, bevor der Patient, wenn überhaupt, einer geeigneten Behandlung zugewiesen wird.» Am Beginn steht die Ursachenforschung. «Bedrängt eine Hirnarterie oder ein Hirntumor den Trigeminus-Nerv, haben chirurgische Methoden den Vorrang. So wird bei der klassischen mikrovaskulären Dekompression des Trigeminus nach Janetta der Nerv durch Einbringen eines Polsters von der Druckschädigung durch ein Blutgefäss entlastet», erklärt Dr. Frank. «Diagnostisch geprüft werden muss auch, inwieweit die Trigeminus-Neuralgie Ausdruck einer neurologischen Systemerkrankung wie multipler Sklerose oder eines Hirninfarktes ist. In vielen Fällen findet man jedoch keine Ursache, oder man kann die Ursache nicht neurochirurgisch beseitigen.»
Als erste Massnahme werden Medikamente gegen Nervenschmerzen verschrieben. Opioide und entzündungshemmende Schmerzmittel haben sich nicht bewährt. Antiepileptika dämpfen die Nervenschmerzen. Dr. Frank: «Meist sind jedoch hohe Mengen erforderlich, um die Symptome zu kontrollieren. Leider hängt die Verträglichkeit dieser Medikamente vom Alter und der Tagesdosis ab. Es hat sich gezeigt, dass ältere Patienten fast ausnahmslos durch starke Nebenwirkungen beeinträchtigt sind: Schwindel, Sehstörungen und Müdigkeit lassen eine Steigerung der Dosis häufig nicht zu, sodass die Schmerzen nur ungenügend behandelt werden können. In vielen Fällen ist die Lebensqualität durch die Medikamente stärker eingeschränkt als durch die Erkrankung selbst.»
Als Alternativen zur problematischen medikamentösen Behandlung und den invasiven neurochirurgischen Operationen stehen auch minimalinvasive, hocheffiziente Behandlungen zur Verfügung. «Von allen Therapien ist die perkutane temperaturkontrollierte Thermoläsion des Ganglion Gasseri nach Sweet die komplikationsärmste», sagt Dr. Frank. «Bei diesem Verfahren wird eine Nadel unter Röntgenkontrolle präzise am betroffenen Nervenast platziert, wo dieser die Schädelbasis durch die ovale Öffnung verlässt. Dort wird mit der Nadelspitze durch Hitzeeinwirkung eine kleine Narbe über den relevanten Nervenanteil gesetzt und so die Nervenleitung geschwächt. Auf diese Weise wird die Schmerzleitung unterbrochen.»
Das Verfahren wurde 1974 durch den Neurochirurgen William H. Sweet eingeführt und ist seither perfektioniert worden. Mit modernen Radiofrequenzgeräten kann die Temperatur sehr exakt und individuell gesteuert werden, sodass die Schädigung des Nervs auf das notwendige Minimum reduziert wird. Im Gegensatz zu den anderen minimalinvasiven Behandlungsverfahren mit chemischen Substanzen oder Druckläsion kann der betroffene Nervenast beim Verfahren nach Sweet selektiver und kontrollierter behandelt und so das Risiko von Komplikationen wesentlich reduziert werden. Mit diesem ambulanten Eingriff in Kurznarkose werden mehr als 90 Prozent der Patienten für mehrere Jahre beschwerdefrei. Dr. Frank: «Sogar die nebenwirkungsreichen Antiepileptika können meistens abgesetzt oder auf eine kleine Erhaltungsdosis reduziert werden. Sollten die Beschwerden nach Jahren wieder auftreten, kann die Behandlung wiederholt werden – ein grosser Vorteil gegenüber der Janetta-Operation. Als Nebenwirkung können Taubheit im Versorgungsgebiet des behandelten Nervenastes, eine gewisse Schwächung der Kaumuskulatur auf der Behandlungsseite oder in extrem seltenen Fällen eine Hirnhautentzündung auftreten, der jedoch mit Antibiotika vorgebeugt wird.»
Fazit: Die Trigeminus-Neuralgie wird immer noch zu spät diagnostiziert und meistens nur medikamentös und damit oft unzureichend behandelt. Die Betroffenen sind verzweifelt, der Leidensdruck ist hoch und die Lebensqualität schlecht. Nach sorgfältiger Diagnostik und gezielter Behandlung sollte heute bei nahezu allen Patienten eine zufriedenstellende Schmerzreduktion erreicht werden. Die Erfahrungen und die wissenschaftliche Datenlage weisen die perkutane Thermoläsion nach Sweet bezüglich Erfolgsaussichten und Nebenwirkungen als die Methode der Wahl zur Behandlung der Trigeminus-Neuralgie aus.
Mehr Infos finden Sie unter www.schmerzzentrum.ch