Georges Wenger, 64, zieht die letzte Schachtel Pastellkreiden aus dem Swissair-Caddy: ein perfektes Aufbewahrungssystem für die über 220 Farben. Es ist angerichtet. «Schauen Sie sich diese Materialschlacht an», sagt der Winterthurer. Verteilt im Raum stehen verschiedene Werkplätze, auf denen sich der Künstler auslebt. Bei Vollmond arbeitet er oft wie ein Besessener. Seine Werke reflektieren seinen Perfektionismus. Die vergangene Freinacht hat keine Spuren hinterlassen, geistig wie körperlich wirkt Wenger voller Kraft. Seine Energie sicherte ihm 2010 auch das Überleben als «artist in residence» im chaotischen Varanasi. Der sechsmonatige Indien-Aufenthalt in der heiligen Stadt am Ganges war für ihn eine einzige Herausforderung. Menschlich, klimatisch, künstlerisch. «Indien ist ein Land der Widersprüche. Aber auch eine Quelle der Faszination.» Den Kopf voller Bilder kehrte er zurück. Sein wichtigstes Mitbringsel: silbrig glänzende Metallkisten, randvoll mit Samenkapseln des Java-Olive-Almond-Baumes. Ihre Form inspirierte Wenger zu einer Holzschnitt-Serie. Die kommende Ausstellung widerspiegelt die eindrückliche Bandbreite seines Schaffens. Fotografierend, malend, zeichnend und in Druckgrafiken hat er Varanasis Alltag und Landschaften festgehalten. Die dunkle Seite der «City of Light», die Frauen in ihren bunten Saris, den Ganges als Schnittstelle von Leben und Tod. Herzstück der Schau ist eine dreiteilige, digital bearbeitete Fotografie einer stimmungsvollen Bootsszene.
Und wie kommt der Künstler zur Ruhe? In der Stille der Berge. In seinem alten Käserhaus auf einer Alp oberhalb Grüsch GR. Hier lebt er seine Partnerschaft mit einer Musikerin. Und hier, in der Abgeschiedenheit, entsteht wieder Neues.
GALERIE AQUATINTA Lenzburg AG,
12. 3. bis 9. 4., Do–So 15–18.30 Uhr, Tel. 062 - 891 46 86,
www.aquatinta.ch, www.georgeswenger.ch