Wenn Andrea Muheim, 45, von ihrer Wohnung am Röntgenplatz ins geräumige Atelier im Altbau an der Dienerstrasse im Zürcher Kreis 4 radelt, fährt sie sozusagen durch ihre Bilder. Denn seit einigen Jahren liefern besagte Quartiere der Künstlerin ihre Malmotive: die berüchtigte Langstrasse, der Röntgenplatz, die Josefstrasse.
Andrea Muheim malt nächtliche Strassenzüge. Fast immer menschenleer. Manchmal mit einer weissen Schneedecke überzogen. «Der Schnee löst die Konturen auf. Ich kann die Stimmung besser transportieren, und das ist mir sehr wichtig.» Mit der Digitalkamera oder dem Handy fängt die Zürcherin Impressionen ein, die sie später im Atelier verarbeitet. Der Wiedererkennungseffekt der Stadtbilder ist gross, obwohl Andrea Muheim sie nicht eins zu eins malt. Im Gegenteil. Manches Gemälde driftet leicht ins Abstrakte. Da sind nur noch Strassenlampen, Leuchtreklamen oder Autolichter zu erkennen. Zuweilen besteht das Bild bloss aus einem Cocktail von farbigen Punkten.
Andrea Muheim, Mutter eines 15-jährigen Sohnes, malt seit 25 Jahren. Und gibt in ihrem Atelier Malkurse. Bei ihrer Berufswahl kamen einst Mathematik und musische Fächer infrage. Sie entschied sich für Letzteres. «Ich bin ein Arbeitstier und habe Durchhaltevermögen», sagt sie lächelnd. Mit ihrer jetzigen Ausstellung «My Zurich» beweist die Künstlerin die Richtigkeit ihrer Wahl.
Menschen gehören – neben den Stadtbildern – zu den bevorzugten Motiven der Malerin. Bis 2005 standen sie im Mittelpunkt ihres Schaffens: Porträts von Kindern und Erwachsenen, Selbstbildnisse, erotische Szenen. Als dann die Beziehung mit ihrem Mann zu Ende ging, begann Andrea Muheim, ihre Gefühle und ihre Verletzlichkeit besser zu schützen. Heute entstehen wieder vermehrt Bildnisse von Menschen. Die feinfühligen Arbeiten berühren, ohne das Innenleben der Künstlerin preiszugeben.KATI MOSER
Python Gallery, Erlenbach ZH:
Di–Fr 10–18, Sa 10–14 Uhr, Tel. 044 400 91 41, www.pythongallery.ch,
19. 6., 19 Uhr: Mark van Huisseling liest aus «Zürich», danach Gespräch mit Andrea Muheim