Gabriella Gerosa überlässt nichts dem Zufall. Fantasie und Intuition fliessen bei der Vorbereitung ihrer Arbeit mit ein. Bei der Realisierung des Werkes wird jedoch exakt nach Plan vorgegangen. Von der Idee bis zum letzten Schliff können bis zu zwei Jahre vergehen. «Meine Projekte sind immer langfristig», sagt die zierliche Baslerin, 49. In den Notizbüchern, die sie stets bei sich trägt, skizziert sie akribisch alles, was ihr auffällt: ein Mensch, eine Landschaft, eine Geste. Der Lichteinfall in einem bestimmten Monat an einem bestimmten Ort. «Man könnte fast sagen, sie sind meine geheimen Kochbücher.» Nicht zu Unrecht enthalten sie doch den «Rohstoff», aus dem Werke wie «Buffetcrash» (2003), «Julchen» (2004), «Totenkopf I» (2009) oder «Zitrusfrüchte» (2010) entstanden sind.
Schnappschüsse liegen Gabriella Gerosa nicht. Wenn sie die Kamera aufstellt, gilt es Ernst: kein Schwenk, kein Schnitt, nichts. Präzision und Konzentration. Doch wirklich alles lässt sich nicht kontrollieren. Beim «Buffetcrash» etwa musste sie hoffen, dass die Berechnungen für den auf die Tafel fallenden Lüster richtig waren. «Ich hatte grosses Glück, denn die Aufnahme hätte ich nicht wiederholen können.»
Seit 2000 kreisen Gerosas Videowerke um die Themen Porträt und Stillleben. Es sind zyklische Arbeiten mit sich wiederholenden Filmsequenzen, oft ohne Anfang und ohne Ende. «Die ganzen Möglichkeiten des Mediums sind so verlockend.» In dieser Welt der Bilderflut hat die Künstlerin den Weg der Reduktion und der Beschränkung gewählt. Und den der Schönheit – aber mit Tiefgang.
Anlässlich der Zürcher Ausstellungseröffnung erhält Gabriella Gerosa den in diesem Jahr zum ersten Mal vergebenen Kunstpreis der Keller-Wedekind-Stiftung. Dieser Preis wird künftig alle zwei Jahre für die Förderung des gegenständlichen zeitgenössischen Kunstschaffens in der Schweiz vergeben.
Fabian & Claude Walter Galerie Zürich
8. bis 30. 11. Mi–Fr 14–18.30, Sa 12–16 Uhr
Tel. 044 440 40 18
www.fabian-claude-walter.com
Publikation CHF 40.–
Gabriella Gerosa im Arbeitszimmer ihres Hauses in Basel.
HOVon Kati Moser am 13. November 2013 - 14:45 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 18:12 Uhr